Das OLG in Dresden hat in einer viel diskutierten Entscheidung nur das Unvermeidliche entschieden: Auch für Betreiber von Mikrobloggingdiensten gilt die Störerhaftung für Rechtsverletzungen durch Nutzer der Dienste.
Die Kläger, ein Unternehmen, das Dienstleistungen im Internet anbietet, und dessen Gesellschafter, sahen sich durch Äußerungen in einem Mikrobloggingdienst in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte ist Hostprovider des Mikrobloggingdienstes, bei dem ein unbekannter Nutzer mehrere Einträge veröffentlichte, in denen die Geschäftspraktiken der Klägerin scharf kritisiert wurden. Dagegen wandten sich die Kläger und gingen, wie auch die Beklagte, durch mehrere Instanzen.
Die aktuelle Entscheidung traf das OLG Dresden (Urteil vom 01.04.2015, Az.: 4 U 1296/14), welches der Klage stattgab. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, doch hat das Gericht eine Presseerklärung abgegeben. Laut dieser geht das OLG Dresden von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. des Unternehmenspersönlichkeitsrechts durch die anonymen Veröffentlichungen in dem Mikrobloggingdienst aus. Der Anbieter dieses Dienstes hafte aufgrund der Prinzipien der Störerhaftung. Das OLG Dresden nimmt dabei Bezug auf die gängige BGH-Rechtsprechung zu Informationsportalen. Demnach müsse auch der Anbieter eines Mikrobloggingdienstes, soweit er von einem Betroffenen über eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurde, handeln. Voraussetzung dafür ist allerdings, der Hinweis auf eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ist so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung unschwer, also ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung, bejaht werden kann. Konkret muss der Provider prüfen, ob möglicherweise fremde Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Dabei soll er Für und Wider der beiderseitig betroffenen Rechtsgüter, das Persönlichkeitsrecht einerseits und das Meinungsäußerungsrecht andererseits, abwägen, indem er dem anonymen Nutzer Gelegenheit zur Stellungnahme gibt und dessen Angabe miteinbezieht. Da in diesem Fall sich der anonyme Nutzer nicht äußerte, war von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und die beanstandeten Einträge zu löschen. Das OLG Dresden hat in der Sache die Revision zum BGH zugelassen.
Diese Entscheidung kommt nicht überraschend, denn ein Mikrobloggingdienst entspricht den üblichen Strukturen eines Providerdienstes, für die der BGH unter anderem die Störerhaftung entwickelt hat. Was aber weiter bleibt, sind die hohen Anforderungen an die Rechtsprüfung, die der betroffene Provider vornehmen muss, auch wenn die Gerichte versuchen, diese kleinzureden. Es ist schon nicht einfach, zu beurteilen, wann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß unschwer bejaht werden kann. Dann aber noch eine Abwägung der widersprechenden Rechtsgüter vorzunehmen und zu entscheiden, wem nun der Vorzug zu geben ist, dass ist alles in allem Aufgabe der Zivilgerichtsbarkeit. Und diese wird von Menschen gemacht, die – glücklicherweise – nicht immer derselben Meinung und ihrerseits fehlbar sind.
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