Das Landgericht Frankfurt/M zeigt in einer aktuellen Entscheidung, dass Domain-Registrare nicht wie Host-Provider zu behandeln sind, wenn es um rechtswidrige Domain-Inhalte geht.
Die Antragstellerin sieht sich durch Inhalte unter einer .com-Domain, die über die Antragsgegnerin registriert ist, in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Sie mahnte die Gegnerin mit Schreiben vom 22. Juli 2015, 21:04 Uhr unter Fristsetzung auf 23. Juli 2015, 16:00 Uhr ab und verlangte die Löschung des Beitrags unter der Domain. Die Antragsgegnerin ist ein italienischer Domain-Registrar. Als Inhaber und Admin-C der Domain, auf der aus der Sicht der Antragstellerin ihre Persönlichkeitsrechte verletzende Inhalte zu finden sind, findet sich ein Privacy-Service unter derselben Adresse der Antragsgegnerin. Da die Antragsgegnerin nicht binnen der gesetzten Frist reagierte, reichte die Antragstellerin noch am 23. Juli 2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Frankfurt/M ein.
Das LG Frankfurt/M wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unbegründet zurück (Beschluss vom 05. August 2015, Az.: 2-03 O 306/15). Das Landgericht geht davon aus, dass die Antragsgegnerin nicht als Host-Provider haftet. Die Grundsätze der Störerhaftung für Host-Provider finden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da einerseits die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass die Antragsgegnerin ein Host-Provider ist. Andererseits haftete die Gegnerin, angenommen sie sei Host-Provider, nicht, da ihm die Antragstellerin nicht ausreichend Zeit gewährt hat, die an sie herangetragenen Vorwürfe an ihren Kunden weiterzuleiten, diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und die Antwort ihres Kunden anschließend prüfen zu können – so wie es die BGH-Rechtsprechung vorsieht.
Aber auch als Registrar haftet die Antragsgegnerin nicht, da ihr keine Verletzung von Prüfungs- und Überwachungspflichten vorzuwerfen ist. Ein Registrar hat nicht dieselben Pflichten wie ein Host-Provider, da er für den Nutzer nicht Informationen speichert, sondern lediglich einen Domain-Namen zur Verfügung stellt. Sofern der Registrar nicht zugleich Host-Provider ist, hat er keine Kontrolle über die unter der Domain erreichbaren Informationen. Darüber hinaus würden bei Löschung oder Dekonnektierung der Domain, die einzigen dem Registrar zur Verfügung stehenden Mittel, etwas am gegebenen Zustand zu ändern, die fraglichen Inhalte nicht gelöscht: Über die IP-Adresse wären diese nach wie vor abrufbar. Weiter könnte der Registrar sich möglicherweise auf die Haftungsprivilegien nach § 8 TMG berufen, da er allenfalls Daten durchleitet, bzw. den Zugang zu den Daten vermittelt. Wägt man schließlich die Interessen der beteiligten Parteien miteinander ab, so stehen sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin, die geschützte Unternehmensfreiheit des Registrars und die Äußerungsfreiheit des Domain-Inhabers gegenüber. Durch Löschung oder Dekonnektierung der Domain wären gegebenenfalls nicht nur die rechtswidrigen, sondern darüber hinaus andere Inhalte betroffen, die gegebenenfalls von anderen Personen stammen. Dann sähe sich der Registrar Schadensersatzforderungen Dritter ausgesetzt, was ein weitergehender Eingriff in seine Unternehmensfreiheit bedeuten würde. Registrare bieten einen im Grunde neutralen Dienst an und üben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Inhalte unter einer Domain aus. Sie können nicht gezielt einzelne rechtsverletzende Inhalte löschen oder entfernen. Demnach kann von Registraren jedenfalls nur weniger verlangt werden als von Host-Providern. Die Löschung oder Dekonnektierung einer Domain kommt, ähnlich wie bei DENIC, nur in Betracht, wenn ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, oder wenn sich eine Rechtsverletzung aufgrund ihrer Offenkundigkeit geradezu aufdrängt. Die üblicherweise vorliegende Komplexität einer Persönlichkeitsrechtsverletzung steht einer offenkundigen Rechtsverletzung entgegen, die nur bei eindeutig beleidigenden Inhalten angenommen werden kann. Die Antragsgegnerin musste hier keine Maßnahmen ergreifen und die Domain nicht löschen, allein aus dem Grund, dass es sich um ein italienisches Unternehmen handelt und die angegriffenen Äußerungen auf Deutsch abgefasst waren. Aber selbst wenn man die Haftungsregeln für Host-Provider anwenden würde, scheidet die Haftung des Antragsgegnerin aus, da die Antragstellerin ihr zu wenig Zeit gelassen hatte, die Sache im Sinne der BGH-Rechtsprechung zu prüfen.
Die Entscheidung aus Frankfurt/M macht den Eindruck, endlich mal klar auszusprechen, was bei anderen Gerichten auf taube Ohren schlägt: Die Löschung oder Dekonnektierung einer Domain ändert nichts am Problem, da die vermeintlich rechtswidrigen Daten nach wie vor abrufbar bleiben. Bis das aber allgemeine Meinung bei den Gerichten erlangt, wird es noch einige Urteile brauchen. Die Entscheidung des LG Frankfurt/M ist ein wichtiger Baustein, die Rechtsprechung der Realität anzupassen.
sAuf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.