Störerhaftung

Gesetzesentwurf der Digitalen Gesellschaft e. V.

Der in Berlin ansässige Verein Digitale Gesellschaft wagt in Sachen Störerhaftung im Internet den Vorstoß: vergangene Woche veröffentlichte man einen Gesetzentwurf für die haftungsrechtliche Gleichstellung von normalen Bürgern sowie Gewerbetreibenden, die einen Internet-Zugang via WLAN anbieten, mit kommerziellen Internetprovidern.

Das Institut der Störerhaftung hat seinen Ursprung im Sachenrecht, regelt inzwischen jedoch maßgeblich die Haftung im Internet. Im Mittelpunkt steht die Frage, wann und unter welchen Umständen eine Person für fremdes Handeln zur Verantwortung gezogen werden kann. Der Bundesgerichtshof wiederholt in ständiger Rechtsprechung, dass als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers aber die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (so zum Beispiel im Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens). Diese Rechtsprechung hat dazu geführt, dass Privatpersonen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird.

Diese Rechtslage will der Verein nicht länger hinnehmen. Nach seiner Ansicht ist das Teilen von Internetzugängen keine reine rechts-, sondern auch eine netz- und sozialpolitische Notwendigkeit: »Wer sein WLAN anderen zur Mitnutzung zur Verfügung stellt, tut etwas Gutes und sollte dafür nicht potenziell bestraft werden«, erläuterte der Vereinsvorsitzende Markus Beckedahl. »Für Datenreisende ist diese digitale Nachbarschaftshilfe einem gereichten Glas Wasser vergleichbar. Auch kann man auf diese Art sozial Benachteiligten ermöglichen, im solidarischen Huckepackverfahren einen Internetzugang zu erhalten«. Für den ›kleinen Mann‹ soll künftig keine wesentliche härtere Haftung gelten als für Provider wie T-Online, die dank einer Regelung im Telemediengesetz (TMG) eine Haftungsprivilegierung geniessen, indem in Folge einer Gesetzesänderung auch Betreiber von öffentlichen WLANs als Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG anzusehen sind, sodass die dort geregelten Haftungsfreistellungen auch für sie gelten. Lokale Internet-Zugangsanbieter, die als eine Art ›Mini-Provider‹ ein WLAN nichtkommerziell oder nur als begleitende Dienstleistung etwa in einem Café, Restaurant oder einer Buchhandlung anbieten, sollen also allenfalls unter Einschränkungen haften.

Mit dem Gesetzesentwurf will der Verein die öffentliche Diskussion anstossen; ein eigenes Recht, den Entwurf im Bundestag einzubringen, hat er nicht. Vor allem über Abgeordnete im Bundestag und in den Landesparlamenten soll der Entwurf Unterstützung finden. Bis zur Umsetzung ist es also noch ein langer, weiter und steiniger Weg.

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