Das Oberlandesgericht Zweibrücken durfte sich mit der Forenhaftung im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen auseinandersetzen und stellt beim Gericht der Vorinstanz erhebliche Verständnisdefizite von BGH-Entscheidungen fest (Urteil vom 14.05.2009, Az.: 4 U 139/08).
Die Klägerin betreibt unter anderem eine Escort-Agentur, für die sie Ende 2007 eine Frau durch eine Fotografin fotografieren ließ. Die Rechte an der Fotografie ließ sich die Klägerin von der Fotografin übertragen. Der abgebildeten Frau wurde mitgeteilt, dass sie ohne eine ihr erteilte Lizenz durch die Klägerin die Bilder der Fotografin nicht nutzen dürfe. Die Beklagte unterhält ein Internetforum für Fotografierinteressierte. Dieses Forum hat 500.000 Mitglieder, und es werden täglich ca. 7.000 Fotografien in das Forum eingestellt. Laut der Nutzungsbedingungen der Beklagten dürfen Nutzer durch das Hochladen keine Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen; die Beklagte lässt sich das Recht auf Vervielfältigung der Bilder im Rahmen des Betriebs des Forums einräumen. Im April 2008 entdeckte die Klägerin das Ende 2007 in Auftrag gegebene Foto im Forum der Beklagten, das von jedermann eingesehen werden konnte. Auf Abmahnung der Klägerin hin wurde das Foto auf der Webseite der Beklagten gelöscht. Gleichwohl beantragte die Klägerin erfolgreich eine einstweilige Verfügung, gegen die die Beklagte Widerspruch einlegte.
Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) prüfte die Sache nochmals und bestätigte die erlassene einstweilige Verfügung. Es erwog eine Haftung der Beklagten als Täter (§ 7 TMG), begründete die Entscheidung dann aber im Rahmen einer Störerhaftung (§§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. den §§ 72 Abs. 1, 19a UrhG), wobei es – unter Berufung auf die Internetversteigerung-Entscheidungen des Bundesgerichtshofs – die Ansicht vertritt, bei der Störerhaftung komme es in diesem Fall nicht auf eine Erstverletzung an: „Die Beklagte betreibe die Internetplattform entgeltlich, sie lasse sich umfangreich Urheberrechte von den Mitgliedern einräumen und unterliege somit erhöhten Sorgfaltsanforderungen bei der Kontrolle der in das Internet gestellten Lichtbilder.“
Die Beklagte legte gegen die Entscheidung Berufung ein. Das nun zuständige OLG Zweibrücken gab der Berufung statt (Urteil vom 14.05.2009, Az.: 4 U 139/08). Nach dieser Ansicht haftet die Beklagte weder als Täter noch als Störer. Mit der Entgeltlichkeit der Dienstleistung mache sich die Beklagte die Inhalte im Forum nicht zu Eigen. Auch die eingeräumten Nutzungsrechte führen nach Ansicht des OLG Zweibrücken nicht dazu, dass die Beklagte sich die Inhalte zu Eigen macht. Die Beklagte muss sich die Vervielfältigungsrecht einräumen lassen, um technisch gebotene Sicherungskopien erstellen zu dürfen. Die Rechteeinräumungen sind somit auf den Betrieb des Angebots beschränkt. Bei alledem bezieht sich das OLG Zweibrücken ebenfalls auf die BGH-Entscheidungen zur Internetversteigerung und macht deutlich, dass die Vorinstanz diese Entscheidungen missverstanden hat. Entgegen der Ansicht des Landgerichts dürfe die Pflicht des Betreibers zur Überprüfung der eigenen Internetplattform nicht so weit gehen, dass der Diensteanbieter „pro-aktiv“, also anlassunabhängig, nach Rechtsverletzungen jedweder Art zu suchen hat.
Das Urteil des OLG Zweibrücken macht vor allem einmal mehr deutlich, dass Richter höchstrichterliche Entscheidungen ganz und gar missverstehen können. Solche Missinterpretationen fußen unter Umständen auf einem Unverständnis des Internets und bestehender Ängste vor dem vermeintlich rechtsfreien Raum. Ergebnisorientiertes Denken schafft da falsche Urteile. Wie absurd das Ergebnis ist, zeigt eine Kontrollüberlegung: der Forumsbetreiber soll nach Ansicht des LG Frankenthal (Pfalz) im Vorhinein wissen, wann mit einem im Forum eingestellten Bild eine Urheberrechtsverletzung begangen wird. Es mag eindeutige Ikonenbilder geben, bei denen es tatsächlich möglich wäre, das zu erkennen; was man als Forumsbetreiber dann aber noch immer nicht weiss, ist, ob nicht der Nutzer Lizenzrechte besitzt.
Ein Skript zum Thema Forenbetreiberhaftung von Dr. Stephan Ott findet man bei linksandlaw.de.