OLG Saarbrücken

Der Registrar haftet in bestimmten Fällen für Urheberrechtsverletzungen

Das Oberlandesgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem es einen Registrar zur Sperrung einer Domain verurteilt hat, weil unter der Domain urheberrechtswidrige Inhalte zugänglich gemacht wurden.

Die Domain h33t.com, deren Inhaber laut WHOIS seinen Sitz auf den Seychellen hat, ist über einen so genannten Reseller mit Sitz in den Niederlanden gehostet. Der hat die Domain für den Inhaber über einen ICANN-akkreditierten Registrar mit Sitz in Deutschland registriert. Die Verfügungsklägerin ist ein deutscher Tonträgerhersteller und hat, nach eigenen Angaben, die Verwertungsrechte an einem im August 2013 erschienenen Musikalbum. Noch vor Veröffentlichung des Albums war es über BitTorrent unter der Domain h33t.com abrufbar. Die Verfügungsklägerin wies über ihren Rechtsvertreter den deutschen Registrar, die Verfügungsbeklagte, auf die Urheberrechtsverletzung hin. Diese reichte das Schreiben ihrem Kunden, dem Reseller mit Sitz in den Niederlanden, weiter, mit der Bitte um Weitergabe an den Kunden. Zugleich gab sie die Daten beider an die Verfügungsklägerin. Da der BitTorrent-Link innerhalb der von der Verfügungsklägerin gesetzten Frist nicht entfernt wurde und auf eine Fristverlängerung ebenfalls nicht reagiert wurde, mahnte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Diese lehnte die Abgabe der Erklärung ab.

Die Verfügungsklägerin erwirkte vor dem Landgericht in Saarbrücken am 30. August 2013 eine einstweilige Verfügung. Gegen diese legte die Verfügungsbeklagte Widerspruch ein. Das Landgericht Saarbrücken überprüfte aufgrund des Widerspruchs die einstweilige Verfügung und bestätigte sie (Urteil vom 15.01.2014, Az.: 7 O 82/13). Die Verfügungsgegnerin ist nach Ansicht des Gerichts Störerin, da sie ihrer Prüfpflicht nicht nachgekommen ist. Sie wurde als Registrar auf eine offenkundige und ohne weiteres feststellbare Rechtsverletzung hingewiesen und hätte daraufhin das konkrete Angebot unverzüglich prüfen und gegebenenfalls sperren müssen. Da von Seiten des von der Verfügungsbeklagten informierten Resellers und des Domain-Inhabers keine Reaktion erfolgte, hätte sie von der Berechtigung der Beanstandung ausgehen und die Domain h33t.com suspendieren müssen. Da die Domain zur Begehung einer Urheberrechtsverletzung genutzt wurde, was gegen die vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich der Registrierung verstieß, war der Verfügungsbeklagten die Dekonnektierung auch rechtlich möglich. Dem kam sie nicht nach, weshalb sie als Störerin hafte, auch wenn die Daten weiterhin direkt über die IP-Adresse abrufbar seien.

Die Verfügungsbeklagte ging gegen dieses Urteil in Berufung zum Saarländischen Oberlandesgericht (OLG Saarbrücken). Sie ist unter anderem der Ansicht, der Verfügungsantrag sei nicht bestimmt genug und die Aktivlegitimation der Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Das OLG Saarbrücken bestätigte das Urteil des Landgerichts und sieht wie dieses einen berechtigten Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin aus dem Urheberrecht (§§ 97 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz in Verbindung mit §§ 16, 17, 19a, 85 UrhG) nach den Grundsätzen der Störerhaftung (Urteil vom 22.10.2014, Az.: 1 U 25/14). Der Tenor des Urteils des Landgerichts sei zudem hinreichend bestimmt. Dort wird die Unterlassung ausgesprochen gegen eine Verletzungshandlung »wie unter den URLs […] geschehen«. Dass dieses Verbot sich nicht über die dort genannten drei URLs hinaus erstreckt, wie man dem Begriff »wie«, dessen Bedeutung vergleichbar einem »zum Beispiel« ist, entnehmen könnte, sei bereits in der seinerzeitigen mündlichen Verhandlung, aber spätestens den Entscheidungsgründen geklärt worden. Auch hatte das Landgericht geklärt, dass die Überprüfung weiterer bei ihr registrierter Domains auf eine mögliche Urheberrechtsverletztung nicht verlangt werden könne. Auch hinsichtlich der Aktivlegitimation erwies sich für das OLG Saarbrücken die Entscheidung der Vorinstanz als rechtsfehlerfrei, die Glaubhaftmachung in der eidesstattlichen Versicherung sei ausreichend und lege die Lizenzkette zum Urheberrechtsinhaber dar.

Damit liegt nun definitiv eine rechtskräftige Entscheidung vor, dernach Domain-Registrare auch für Urheberrechtsverletzungen durch Resellerkunden haften, wen sie in Kenntnis gesetzt sind, es sich um massive Rechtsverletzungen handelt, die zugleich offenkundig sind. Es ändert sich freilich nichts daran, was wir schon zum Urteil des Landgerichts geäußert haben; wir haben es mit einer kosmetischen Retusche zu tun: »Mit der Dekonnektierung der Domain wird die Urheberrechtsverletzung nicht beseitigt, da, wie das [Land]Gericht sich im klaren ist, die Daten weiterhin abrufbar sind.«

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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