Das Oberlandesgericht Köln setzte sich in einem 92-seitigen Urteil mit der Störerhaftung eines Zugangsproviders im Falle von Urheberrechtsverletzungen auseinander (OLG Köln, Urteil vom 18.07.2014, Az.: 6 U 192/11).
Die Klägerinnen zählen zu den führenden Tonträgerherstellern. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen, das seinen Kunden als Provider Zugang zum Internet vermittelt. Über eine Website können urheberrechtlich geschützte Werke, deren Rechte von den Klägerinnen wahrgenommen werden, abgerufen werden, zu denen auch die Beklagte den Zugang gewährt. Die Klägerinnen forderten die Beklagte 2010 auf, die Verletzung von Rechten der Klägerinnen durch Dritte und durch Kunden zu unterlassen, indem sie den Zugang zu einem Internetdienst sperrt, der Anlaufstelle für Nutzer einer Filesharing-Website ist. Die Beklagte wies die Aufforderung von sich und hielt entgegen, dass unter der Domain keine eigenen Daten zum Herunterladen vorgehalten würde, sondern sich darauf lediglich eine Linkliste befinde. Die Einrichtung von Sperren seien für sie wirtschaftlich unverhältnismäßig aufwändig. Sie lehnte die Sperrung der fraglichen Domain ab. Die Klägerinnen gingen nun gerichtlich gegen die Beklagte vor. Das Landgericht Köln wies die Klage der Klägerinnen ab (Urteil vom 31.08.2011, Az.: 28 O 362/10), so dass sie Berufung zum Oberlandesgericht Köln einlegten.
Das OLG Köln wies die Berufung zurück, da die Beklagte letzten Endes nicht als Störer haftbar gemacht werden könne (Urteil vom 18.07.2014, Az.: 6 U 192/11). Dass die Rechte der Klägerinnen verletzt wurden, stand für das Gericht außer Frage; genauso wie, dass das Webangebot auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen Werke abzielt. Einen unmittelbaren Anspruch aus Art. 8 Abs. 3 (RL 2001/29/EG), der Rechteinhaber unter anderem vor Urheberrechtsverletzungen schützt, scheiterte daran, dass der deutsche Gesetzgeber die EU-Norm bewusst nicht in deutsches Recht übernahm, da er mit dem Rechtsinstitut der Störerhaftung bereits eine aus der Rechtsprechung hervorgegangene Regelung hat. Der Unterlassungsanspruch aus dem Urheberrecht (§ 97 Abs. 1 UrhG) griff ebenfalls nicht, da die Beklagte nicht als Störer haftet. Die Beklagte ist lediglich Zugangsvermittler, dem eine absolut wirksame Sperre des Zugangs zu dem Angebot nicht möglich ist. Aber auch Zugangsvermittler können dazu bestimmt werden, den Zugang zu Internetseiten zu sperren, wie zuletzt eine Entscheidung des EuGH gezeigt habe. Nichtsdestotrotz ist diese Frage in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Das OLG Köln untersuchte hier die Frage der Störerhaftung im Lichte der europäischen Bestimmungen unter Einbeziehung der europäischen wie nationalen Grundrechte und wog die entgegenstehenden Interessen der Parteien ausführlich ab. Im Ergebnis gelangte das OLG Köln zu der Ansicht, dass die Beklagte zwar nach Störerhaftung haften würde, sie aber ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt habe, indem sie vortrug, sie halte keine spezifische technische Infrastruktur für Sperrmaßnahmen vor. Die Klägerinnen hingegen hätten nicht ausreichend vorgetragen, dass der Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stehen, um den Zugang zu den die Rechte der Klägerinnen verletzenden Inhalte zu verhindern.
Unsere wenigen Zeilen, die den Sachverhalt und die Entscheidungsgründe zusammenfassen, werden dem 92 Seiten umfassenden Urteil keinesfalls gerecht. Deren Entscheidungsgründe hätte man sicher übersichtlicher gestalten können. Alles in allem macht das Urteil deutlich, dass die kürzlich ergangene EuGH-Entscheidung zu kino.to, mit der sich jetzt österreichische Internetprovider auseinandersetzen müssen, nicht ohne weiteres auf den deutschen Rechtsraum übertragbar ist und die Haftung eines Zugangsproviders nicht ohne weiteres besteht. Wie sich die Angelegenheit weiter entwickelt, wird man sehen, soweit die Klägerinnen in die Revision gehen, die das OLG Köln zugelassen hat.
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