Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat sich eingehend mit Fragen der Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen auseinandergesetzt. In der zu entscheidenden Konstellation hatte der verstorbene Ehemann der Beklagten ein Computerspiel via Peer-to-Peer Netz öffentlich zugänglich gemacht, doch nach Ansicht des OLG Köln haftet die Anschlussinhaberin nicht (OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az.: 6 U 239/11).
Die Klägerin ist Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an einem Computerspiel. Über IP-Adressen, die dem früheren Internetanschluss der Beklagten zugerechnet wurden, wurde innerhalb eines kurzen Zeitraums zwei Mal das Computerspiel in einem Peer-to-Peer Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht. Die Klägerin sieht ihre Urheberrechte verletzt und mahnte die Beklagte erfolglos ab, so dass sie schließlich klagte. Vor dem Landgericht Köln war sie erfolgreich. Gegen das Urteil ging die Beklagte in Berufung zum Oberlandesgericht Köln.
Das OLG in Köln bestätigte die Berufung und wies die Klage zurück (OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az.: 6 U 239/11). Das OLG geht dabei davon aus, dass das Spiel tatsächlich zwei Mal über den Anschluss der Beklagten zugänglich gemacht worden war. Über eine Zuordnung der IP-Adresse zu einem Internetanschluss mag man zwar streiten, aber wenn innerhalb einer Woche gleich zwei Mal die dynamischen IP-Adressen einem einzigen Anschluss zugeordnet werden, dann wird nach Ansicht des Gerichts kein Fehler bei der Zuordnung vorliegen. Gleichwohl haftet die Beklagte nicht, da nicht feststünde, dass sie für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei. Die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen. Das OLG Köln beschäftigt sich an dieser Stelle ausführlich mit Fragen der Erklärungs- und Beweislast und deren Umkehr sowie der sekundären Darlegungslast und resümiert, der Anschlussinhaber müsse sich jedenfalls nicht von jedem Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren. Die Beklagte machte hingegen deutlich, dass ihr verstorbener Mann Computer und Internetanschluss besorgt hatte und er beides überwiegend genutzt habe. Ihr selbst seien das Spiel und Peer-to-Peer Netze erst mit der Abmahnung bekannt geworden, vorher wusste sie gar nicht, das es so etwas gibt. Mit dieser Darlegung werde aufgezeigt, dass die Urheberrechtsverletzungen ohne Wissen und ohne Einfluss der Beklagten von ihrem Ehemann im Rahmen seiner eigenständigen Internetnutzung begangen wurden. Damit ließ sich das OLG Köln davon überzeugen, dass die Beklagte nicht Täterin der Urheberrechtsverletzung war. Eine Haftung als Teilnehmerin schloss das Gericht ebenfalls aus, da nicht einmal ein bedingter Vorsatz auf die Haupttat angenommen werden könne. Weiter schloss das Gericht auch eine Haftung der Beklagten als Störerin aus, da keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, aufgrund derer die Beklagte wusste oder annehmen musste, ihr Ehemann werde über ihren Internetanschluss Rechtsverletzungen begehen, die sie durch zumutbare Maßnahmen verhindern konnte. Auch bestand keine anlasslose zumutbare Prüf- und Kontrollpflicht gegenüber ihrem Ehemann, da
im Verhältnis einer Ehefrau als Internetanschlussinhaberin zu ihrem Ehemann als überwiegendem Nutzer eines solchen Anschlusses keine vergleichbaren Kontrollpflichten wie im Verhältnis der Eltern zu ihren – insbesondere minderjährigen – Kindern oder anderen Hausgenossen.«
bestehen. Im Übrigen differenzierte das Gericht die Sachlage in dem Fall klar von der höchstrichterlichen Entscheidung, bei der ein Ehegatte das eBay-Mitgliedskonto des anderen nutzte (BGH, Urteil vom 11.03.2009, Az.: I ZR 114/06): Über ein eBay-Mitgliedskonto werden Rechtsgeschäfte abgewickelt, es gelten besondere Regeln und es gehen erhöhte Gefahren mit dessen Nutzung einher, während ein auf den Namen eines Ehegatten laufender Internetanschluss regelmäßig von beiden gleichermaßen genutzt wird; der Anschlussinhaber kann dann nicht ohne besonderen Anlass für alle Kommunikation über den Anschluss verantwortlich gemacht werden.
Mit diesem Urteil setzt das OLG Köln ein erfreuliches Zeichen. Die Erwägungen sind aus unserer Sicht sehr gut nachvollziehbar, durchdacht und bestens vertretbar. Ob das Urteil Bestand hat, wird man abwarten müssen, denn das OLG hat die Entscheidung zur Revision freigegeben.
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