In einem aktuellen Urteil des Landgerichts Hamburg im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vertritt dieses die Ansicht, dass ein Sharehoster bereits dann als Störer für eine Urheberrechtsverletzung haftet, wenn er von einem Hinweis auf diese Urheberrechtsverletzung per eMail noch keine Kenntnis genommen hat.
Antragstellerin ist eine Tonträgerherstellerin, die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für die 13 Tonaufnahmen eines Musikalbums ist, die über die Antragsgegnerin, einem Filehoster mit Sitz in der Schweiz, angeboten wurden. Die Antragstellerin schrieb der Gegnerin am 24. November 2013 eine eMail, in der eine Liste mit den Titeln des Albums und den von ihr beanstandeten Links in einer Exceldatei hätte enthalten sein sollen; tatsächlich war die Exceltabelle leer. Eine Minute später versandte die Antragstellerin aber eine weitere eMail, diesmal mit der richtigen Exceltabelle, an die AbuseeMail-Adresse der Antragstellerin. Da die Titel am 26. November 2013 immer noch bei der Gegnerin abrufbar waren, mahnte die Antragstellerin diese zur Unterlassung und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung ab. Diese entfernte die Daten, gab aber die Unterlassungserklärung nicht ab. Daraufhin beantragte die Antragstellerin erfolgreich eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Hamburg. Die Antragsgegnerin legte Widerspruch ein und hielt entgegen, sie sei nicht ordentlich in Kenntnis gesetzt worden; die Antragstellerin hätte die Liste per eMail als einfachen Text reichen müssen, oder unter Benutzung eines „Takedown Notice“-Formulars über eine dafür zur Verfügung gestellten Schnittstelle. Im Übrigen habe man die erste, inhaltsleere eMail zur Kenntnis genommen, allerdings nicht die zweite, die automatisiert vom eMail-Server geblockt worden sei, da zwei eMails vom selben Absender innerhalb so kurzer Zeit für gewöhnlich nicht von ordnungsgemäßen Meldern kämen.
Das Landgericht Hamburg bestätigte die einstweilige Verfügung und den Anspruch auf Unterlassung wegen einer Urheberrechtsverletzung (Urteil vom 02.10.2014, Az.: 310 O 464/13). Die Dateien waren auf den Servern der Antragsgegnerin und deren Links auf Linksammlungen im Internet bekannt und somit öffentlich zugänglich gemacht worden (§§ 85, 19a UrhG). Die Antragsgegnerin sei als Störerin für die Urheberrechtsverletzungen verantwortlich, da sie auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Werke hingewiesen wurde. Dabei musste sie nicht konkrete Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt haben; es reiche vielmehr aus, dass ihr die Information per eMail zugegangen war und sie davon hätte Kenntnis nehmen können. Sollte die eMail im Filter des eMail-Servers geblockt worden sein, so sei dies nicht erheblich, meinte das Landgericht Hamburg. Die Antragsgegnerin hätte damit rechnen müssen, dass über das Abuse-eMail-Postfach mehrere eMails in kurzen Abständen von einem Absender, der Rechte an mehreren unterschiedlichen Werken geltend macht, eingehen. In jedem Falle hätten jedoch die herausgefilterten »Abuse-Mitteilungen« kontrolliert werden müssen, unter anderem auch, weil sie im konkreten Fall mit einer Nachbesserung der unvollständigen ersten eMail hätte rechnen müssen. Da die Antragsgegnerin die Unterlassungserklärung nicht abgegeben hatte, besteht nach wie vor die Wiederholungsgefahr, weshalb die einstweilige Verfügung berechtigt ist.
Das Landgericht sieht sich in seiner Meinung dadurch gestützt, dass, wenn es auf die Kenntnisnahme einer Hinweis-eMail ankomme, Filehoster einfach ein eingerichtetes Abuse-Postfach nicht zur Kenntnis nehmen könnten und so der Haftung erfolgreich ausweichen würden. »Kenntnis« im Sinne von § 10 TMG sei der Kenntnis beim Zugang von Willenserklärungen vergleichbar, befindet sich der Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung im Herrschaftsbereich des Empfängers und hat dieser die Möglichkeit, zur Kenntnisnahme, so hat er Kenntnis, auch wenn er davon konkret nichts weiß.
Das Landgericht Hamburg bezog sich in seinen Urteilsgründen mehrmals auf eine BGH-Entscheidung, diese finden Sie hier.
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