LG Frankfurt/M

Störer-Werbung auf Tauschbörsen

Das Landgericht Frankfurt/Main durfte sich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit einer besonderen Variante der Störerhaftung auseinandersetzen: Inwieweit haftet der Werbeanbieter für wettbewerbswidrig betriebene Internetseiten, die seine Werbung schalten?

Antragssteller des Verfahrens ist ein Interessenverband des Video- und Medienfachhandels, dem mehr als 1.400 Videothekare angeschlossen sind. Die Antragsgegnerin schaltete auf der Website eine illegale Tauschbörse, auf der nahezu ausschließlich Raubkopien sowie jugendgefährdende Medien zum Herunterladen angeboten wurden, Werbung für die von ihr vertriebene DSL-Flatrate mittels eines Werbebanners. Der Antragsteller mahnte die Gegnerin dahingehend ab, sämtliche ihr Unternehmen betreffende Werbung auf dieser und anderen Webseiten einzustellen und sicherzustellen, dass solche Werbung nicht mehr erscheint und es künftig zu unterlassen, auf solchen Webseiten Werbung für sich zu schalten. Die Gegnerin reagierte prompt und teilte unter anderem mit: „Darüber hinaus ist das System unserer Internetwerbung in der vertraglichen Ausgestaltung und Umsetzung darauf ausgelegt, dass Werbung auf einer Seite wie (?) nicht erscheint.“

Der Antragsteller stellte kurze Zeit später fest, dass die Antragsgegnerin auf einer anderen illegalen Tauschbörse über einen Werbebanner Reklame für sich und ihre Produkte veröffentlichte und mahnte sie abermals ab und verlangte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Wieder regierte die Gegnerin prompt, doch dergestalt, dass der Antragsteller daraufhin eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Frankfurt/M erwirkte. Gegen diese legte die Antragsgegnerin Widerspruch ein. Das LG Frankfurt/M prüfte die Sache nochmals, und bestätigte die am 05. Oktober 2007 erlassene einstweilige Verfügung (Urteil vom 02.01.2008, Az.: 3-08 O 143/07).

Das LG Frankfurt ist der Ansicht, der Antrag des Antragstellers sei begründet (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 24 Abs. 3, 27 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG und § 1004 BGB). Die Antragsgegnerin sei Störerin und komme ihren Prüfpflichten nicht nach. Das Angebot des Webseitenbetreibers verstoße gegen das Jugendschutzgesetz und sei strafbar, zugleich verhalte er sich wettbewerbswidrig, soweit er kein Altersverifikationssystem nutze. Diesen Wettbewerbsverstoß mache sich die Antragsgegnerin zunutze, indem sie auf der Website Werbung für ihre Angebote schalte. Gerade wegen des fehlenden Altersverifikationssystems kämen viele Nutzer auf die Seite und würden dort mit der Werbung der Antragsgegnerin konfrontiert. Die Ausnutzung der wettbewerbswidrigen Handlung reicht für die Störerhaftung völlig aus. Die Störerhaftung verlange freilich auch die Vernachlässigung von bestehenden Prüfpflichten.

Nach Zugang der ersten Abmahnung hätte die Antragsgegnerin prüfen müssen, ob sie auf Internetseiten wirbt, von denen jugendgefährdende Filme kostenlos ohne Altersverifikationssystem herunter geladen werden können. Diese Prüfpflicht räumte die Antragsgegnerin selbst in ihrem ersten Schreiben ein, in dem es heißt, ihr System der Internetwerbung sei in der vertraglichen Ausgestaltung und Umsetzung darauf angelegt, dass Werbung auf solchen Internetseiten nicht erscheine. Im übrigen treffe sie die sekundäre Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen sei: Die Antragstellerin hat keinen Einblick in die Prüfverfahren der Gegnerin, diese unterliegen ihrem Verantwortungsbereich. Sie hatte darzulegen, welche Maßnahmen nach Zugang der ersten Abmahnung ergriffen wurden, um weitere Werbung auf solchen Tauschbörsen zu verhindern. Dem war sie nicht nachgekommen.

So richtig gefällt die Entscheidung nicht. Es wird nicht näher dargelegt, inwieweit gesichert war, dass über die Tauschbörse tatsächlich jugendgefährdende und rechtsverletzende Daten geladen werden konnten. Hier wäre vielleicht zunächst einmal der Antragsteller gefordert, entsprechende Tatsachen glaubhaft zu machen, indem er Heruntergeladenes vorlegt. Dass dem so gewesen sei, ist nicht ersichtlich. Unklar bleibt in der Entscheidung zudem, ob zwischen Werbendem und Webseitenbetreiber ein Afiliate zwischengeschaltet war, und wie im einzelnen die Werbeschaltung erfolgte. Dazu hatte die Gegnerin nichts vorgetragen, womit sie nach Ansicht des Gerichts ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen war. Alles in allem bleibt damit die Frage der Haftung und der Überwachungspflichten bodenlos. Denn welche Anforderungen tatsächlich für eine Prüfpflicht besteht, weiß somit niemand. Was aber an Prüfpflichten an anderer Stelle und bei anderer Konstellation gefordert werden kann, zeigte das LG Düsseldorf in seiner Rapidshare-Entscheidung.

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