Hatten wir vergangene Woche eine abwegige Entscheidung des LG Hamburg besprochen, so bieten wir diesmal eine vernünftige und angemessene Entscheidung zur Frage der Haftung eines Internetanschluss-Inhabers des Landgericht Frankfurt/M (Urteil vom 18.08.2010, Az.: 2-6 S 19/09). Danach haftet der Betreiber eines Hotels, der seinen Gästen freien Internetanschluss anbietet, nicht für rechtswidriges Nutzerverhalten.
Der Kläger, ein Hotelbesitzer, macht gegen die Beklagte den Ersatz von Anwaltskosten geltend. Die Beklagte, Inhaberin von Urheberrechten, mahnte den Kläger im August 2008 ab, weil über den von ihm betriebenen Internetanschluss ein Werk der Beklagten auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer einer Tauschbörse bereit gestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Der Abmahnung hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 27. August 2008 widersprochen und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 04. September 2008 zum Ersatz der damit verbundenen Kosten aufgefordert. Darauf ging die Beklagte nicht ein, so dass der Kläger Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt/M erhob. Das AG Frankfurt/M wies die Klage ab (Urteil vom 25.09.2009, Az.: 31 C 2667/08-16). Es stellte fest, dass der Kläger seinen Gästen einen Internet-Zugang über ein drahtloses, unstreitig sicherheitsaktiviertes und zudem verschlüsseltes Netzwerk anbietet und diese zuvor auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinweist. Zudem war unstreitig, dass der Upload des Werkes weder durch den Kläger selbst noch durch dessen eigene Angestellte erfolgte. Gleichwohl meinte das Gericht, dass der Kläger hafte. Gegen die Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.
Das nun zuständige Landgericht Frankfurt/M kam in der zweiten Instanz zu dem Ergebnis, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB zusteht, da die Beklagte durch die Abmahnung des Klägers schuldhaft in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingriff. Die Haftung des Klägers kam schon deshalb nicht in Betracht, da weder der Kläger noch dessen Angestellte ein Werk der Beklagten auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer einer Tauschbörse bereitstellten und damit der Öffentlichkeit zugänglich machten noch solches unterstützten. Auch eine Haftung als Störer kam nicht in Betracht, da der Kläger seine Gäste auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinwies. Eine weitere Prüfungspflicht vor einer ersten Rechtsverletzung bestand aufgrund der Verschlüsselung des Funknetzwerks nicht. Die Beklagte mahnte den Kläger ab, ohne zuvor die Sach- und Rechtslage zu prüfen, womit sie jedenfalls fahrlässig und damit schuldhaft handelte.
Im Detail begründet das LG Frankfurt/M seine Entscheidung – unter Verweis auf den BGH – damit, dass eine IP-Adresse keinem konkreten Nutzer, sondern lediglich einem Anschlussinhaber zuzuordnen sei, der grundsätzlich berechtigt ist, beliebigen Dritten Zugriff auf seinen Internetanschluss zu gestatten. Deshalb gäbe die IP-Adresse bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt, womit die Grundlage dafür fehle, den Anschlussinhaber im Wege einer unwiderleglichen Vermutung so zu behandeln, als habe er selbst gehandelt. Der Kläger, hier als Betreiber eines Hotels, das als Service sein WLAN den Gästen zur Verfügung stellt, hafte per se auch nicht für seine Gäste oder sonstige Dritte. Die Beklagte, die von dem Hotelbetrieb wusste, hätte sich deshalb zunächst sichere Kenntnis verschaffen müssen, beispielsweise indem sie den Kläger zunächst auf den vermeintlichen Veröffentlichungstatbestand hinweist und zur Stellungnahme auffordert. So hätte die Beklagte den Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und die sich daraus ergebende Haftung vermeiden können.
Die Entscheidung steht in deutlichem Gegensatz zum letzte Woche besprochenen Beschluss des LG Hamburg. Aufgrund des Umgangs mit der Sachlage, der Position des Klägers als Anbieter einer Dienstleistung gegenüber seinen Kunden, wird die Haftungsfrage nach hinten verlagert und für den Fall der Kenntnis von der Rechtsverletzung relevant. Im Grunde hat der Kläger alles richtig gemacht. Leider ist das Gericht nicht dezidiert auf das Argument des Klägers, das Hotel sei gemäß § 8 TMG haftungsprivilegiert, eingegangen. Jedoch spricht vieles dafür, dass auch in diesem Bereich die Rechtsprechung sich jetzt bewegt, hin zu einer der Sachlage angemesseneren Lösung.