LG Berlin

Gericht entlastet Domain-Börse Sedo

Das Landgericht in Berlin legte zwei Entscheidungen zur Frage der Haftung von Domain-Börsen für Rechtsverletzungen vor, die von geparkten Domains ausgehen. Die Entscheidungen setzen sich mit der Störerhaftung auseinander und stärken die Ansicht, dass eine Haftung des Störers erst nach Kenntnisnahme von der rechtswidrigen Handlung eintritt. Dem Parkinganbieter ist nicht zumutbar, die geparkten Domains auf Rechtsverletzungen hin zu überprüfen.

In beiden Verfahren war die Sedo GmbH Beklagte. In der etwas später ergangenen Entscheidung (Urteil vom 03.06.2008, Az.: 103 O 15/08) machte die Klägerin, eines der größten Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland, Kosten einer Abmahnung aufgrund einer Markenrechtsverletzung durch eine Vertipperdomain geltend. Auf die Abmahnung hin hatte die Beklagte, die eine Domain-Börse betreibt, die Domain „gelöscht“ – so das Gericht im Tatbestand – und eine Unterlassungserklärung abgegeben, aber es abgelehnt, die Kosten der Anwälte der Klägerin zu tragen.

Aus Sicht der Klägerin haftet die Beklagte als Täterin, die für die Keywords verantwortlich ist, über die die Markenrechtsverletzung zu Stande gekommen war. Die Beklagte verweist darauf, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung kein Unterlassungsanspruch gegen sie bestanden habe, denn sie habe davor von der Rechtsverletzung keine Kenntnis gehabt: allein der Domain-Inhaber stellte die Domain auf dem Parkingangebot ein, gestaltete die Seite und wählte die Keywords aus. Als Störer hafte sie nicht, weil es ihr unzumutbar sei, die geparkten Domains auf ihrem Angebot zu überprüfen.

Das Landgericht wies die Klage ab, da für die tatsächlich bestehende Markenrechtsverletzung allein der Domain-Inhaber als Täter verantwortlich sei. Die Beklagte hafte nicht als Täter, da sie lediglich die Plattform zur Verfügung stelle und keinen Einfluss darauf habe, welche Domains dort geparkt werden. Sie sei auch nicht quasi Pächterin der Domains, obwohl sie für jeden Klick auf eine Anzeige eine Vergütung erhalte. Die Beklagte sei dem Herausgeber einer Zeitung oder eines Anzeigenblattes vergleichbar, der gegen Vergütung Platz für Anzeigen zur Verfügung stelle. Für die Keywords ist die Beklagte keinesfalls verantwortlich, sei es, dass sie sie, sei es, dass der Domain-Inhaber diese aussucht: So oder so habe die Beklagte auf die daraufhin von einem Dritten eingeblendeten Werbe-Links keinen Einfluss. Als Teilnehmer haftet die Beklagte ebenfalls nicht, denn sie wusste vor der Abmahnung nichts von der Domain; sie kann aber erst ab Kenntnis von der zeichenverletzenden Domain an Vorsatz entwickeln. Die Kenntnis erlangte sie aber erst durch die kostenauslösende Abmahnung. Schließlich hafte die Beklagte auch nicht als Störerin, da sie keine Prüfungspflichten verletzt habe. Bei einem Domain-Parking-Angebot wie dem der Beklagten, bei der neun Millionen Domains geparkt sind, ist es unzumutbar, jede einzelne Domain zu überprüfen. Die Beklagte müsste für jede Domain eine Markenrechtsrecherche durchführen. Diese Arbeit lasse sich nicht mit einer entsprechenden Filtersoftware bewerkstelligen, der es kaum möglich sein dürfte, die unterschiedlichen Kriterien für eine Rechtsprüfung ordentlich abzuarbeiten. Das Gericht breitet an dieser Stelle die von einer entsprechenden Software und der Mitarbeiter der Beklagten zu erbringenden Leistungen aus und resümiert: Eine Prüfung konnte nicht ohne rechtliche Kenntnis automatisiert durchgeführt werden; es bedürfte einer Einzelfallprüfung seitens der Mitarbeiter der Beklagten. Dieser Aufwand würde jedoch das Geschäftsmodell der Beklagten in Frage stellen und ist ihr nicht zumutbar.

Interessant dabei ist, dass das Gericht zu den Internetversteigerungsentscheidungen des Bundesgerichthofes (BGH) Differenzen findet: Der BGH erwartet von Versteigerungsplattformen, dass, nach einer bekannt gewordenen Rechtsverletzung, Vorsorge dafür getroffen wird, zukünftige Verstöße zu verhindern. Dieses Modell passt nach Ansicht des Landgerichts Berlin nicht auf die Domain-Börse:

„Der Auktionsplattform ist es regelmäßig anhand einiger weniger Verdachtsmomente (niedriger Preis, Hinweis auf Nachbildung, Plagiate von bestimmten Designer-Marken, die besonders oft verkauft werden) möglich, automatisiert eine Überprüfung durchführen zu lassen.“

Doch im Falle der Domain-Börse hätte die Kontrollpflicht trotz eines vorangegangenen Hinweises denselben Umfang wie vom Landgericht bereits ausführlich beschrieben.

Im anderen Verfahren (Urteil vom 28.05.2008, Az.: 96 O 16/08) war der Fall ähnlich gelagert; die Klägerin begehrte den Ersatz des ihr durch eine markenrechtliche Abmahnung entstandenen Schadens. Sie ist als Zeitarbeitsunternehmen Inhaberin von Domains und Marken. Bei Sedo war eine Tippfehlerdomain geparkt. Die Klägerin liess die Beklagte abmahnen und forderte dann die Kosten der Abmahnung. Die Beklagte teilte mit, erst mit Abmahnung von der Domain erfahren zu haben und verpflichtete sich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Unterlassung.

Das Gericht sah hier zwar eine Verwechslungsgefahr zwischen Marke und Domain, aber verwarf den Klägeranspruch gleichwohl, da die Domain nicht über eine Suchmaschine erreichbar war, sondern alleine durch Eingabe der Tippfehlerdomain. Mithin gelangen nur Nutzer, die die Klägerin gezielt suchen und dabei vertippen, auf diese Domain. Doch für dieses Publikum bestand keine Verwechslungsgefahr, denn es war erkennbar, dass es sich gerade nicht um das Angebot der Klägerin handelte, sondern um eine Seite mit Links zu allgemeinen Angeboten, was eine Verwechslung mit der Klägerin aber ausschließe. Die Nutzer mussten so erkennen, dass ihnen ein Eingabefehler unterlaufen ist.

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