KG Berlin

Noch ein Fall von Registrar-Haftung

Das Kammergericht Berlin hatte bereits im Juli 2014 über die Haftung eines Domain-Registrars für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Dritte entschieden. Der Inhaber einer bei dem Registrar registrierten Domain hatte einem unbekannten Dritten erlaubt, eine Third Level Domain einzurichten. Auf dieser kam es zur Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Wir hatten vergangene Woche bereits eine Entscheidung zur Registrar-Haftung: die des Saarländisches Oberlandesgericht. In seiner Analyse dieser Entscheidung auf telemedicus.info erwähnt Dr. Reto Mantz (offenenetze.de) eine ähnliche Entscheidung des Kammergerichts Berlin, die sich nicht mit einer Urheberrechtsverletzung, sondern einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auseinandersetzt. Wir haben uns diese Entscheidung angesehen.

Der Antragsteller mahnte mit Schreiben vom 09. April 2013 die Antragsgegnerin, einen Domain-Registrar, ab. Diese hat für ihren Kunden die Domain »u«.net registriert. Der Domain-Inhaber hatte einem unbekannten Dritten gestattet, eine Third Level Domain unter seiner Domain einzurichten und zu betreiben. Auf dieser Third Level Domain veröffentlichte der Unbekannte die Wohnanschrift des Antragstellers. Mit der Abmahnung verlangte der Antragsteller von der Antragsgegnerin, die Unterlassung der Veröffentlichung der Wohnanschrift. Die Antragsgegnerin versuchte erfolglos auf ihren Kunden, den Domain-Inhaber, einzuwirken, damit dieser auf den Unbekannten einwirke und die Persönlichkeitsrechtsverletzung beende. Schließlich erwirkte der Antragsteller beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung. Im Verfahren vor dem LG Berlin hielt die Antragsgegnerin entgegen, sie habe keinen Einfluss auf die Inhalte unter der Domain. Die Domain zu deaktivieren sei ihr aus vertraglichen Gründen nicht möglich, zumal es neben der streitbefangenen Third Level Domain 21 weitere Webseiten gebe, die von der Deaktivierung der Domain betroffen wären. Die Inhalte hingegen würden davon nicht beseitigt. Nachdem die Parteien die Hauptsache einverständlich für erledigt erklärt haben, streiten sie nur noch über die Kosten. Das Landgericht Berlin belastete die Antragsgegnerin mit den Kosten, da mit Veröffentlichung der Wohnadresse eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorlag (§ 823 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und 2 GG), für die die Antragsgegnerin als Störerin hafte. Diese legte Beschwerde zum Kammergericht Berlin ein.

Das Kammergericht Berlin (KG) bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Berlin (KG, Beschluss vom 10.07.2014, Az.: 10 W 142/13). Die Antragsgegnerin sei Störerin und hafte für die Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Antragsgegnerin hatte mit Zugang der Abmahnung Kenntnis von der Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Veröffentlichung der Wohnanschrift stellte in diesem Fall eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, da auf das Wohnhaus des Antragstellers bereits ein Brandanschlag verübt worden war. Die Antragsgegnerin ist auch Störerin. Sie stand in einer vertraglichen Beziehung zu dem Domain-Inhaber der fraglichen Domain. Es kommt nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin Einfluss auf die Inhalte der Veröffentlichungen auf der Domain u.net hatte; mit Kenntnisnahme von der Rechtsverletzung hätte sie Schritte unternehmen müssen, um die Persönlichkeitsrechtsverletzung zu unterbinden. Da der Versuch, über den Domain-Inhaber die Rechtsverletzung zu unterbinden, erfolglos blieb, musste sie, so das KG in Bezug auf die Ausführungen des Landgerichts, »die gesamte Domain löschen, um eine weitere Verletzung zu verhindern«. Das hat sie zunächst nicht getan. Dass sie vertraglich gebunden sei und es neben der streitbefangenen Third Level Domain 21 weitere Webseiten gebe, die nicht alle mit der Rechtsverletzung zu tun haben, aber von der Deaktivierung der Domain betroffen wären, während die Inhalte tatsächlich nicht beseitigt würden, verfängt nach Ansicht des KG Berlin nicht. Der Domain-Inhaber begehe eine schwerwiegende Vertragsverletzung, wenn er die Rechtsverletzung nicht verhindert. Das müsse die Antragsgegnerin nicht hinnehmen. Auch dass die Inhalte nach einer Deaktivierung der Domain noch erreichbar seien, ändere nichts, da nach der Deaktivierung der Domain die Antragsgegnerin jedenfalls nicht mehr Mitstörerin sei. Mithin legte das Kammergericht Berlin dem Domain-Registrar die Kosten des Verfahrens auf.

Auch bei dieser Entscheidung bleibt das Problem, dass die Rechtsverletzung mit Löschen der Domain nicht beseitigt ist. Sie steht weiter im Internet, nur ist sie nicht mehr so einfach zu erreichen. Das weitere, was an dieser Entscheidung auffällt, ist, dass das Landgericht die Löschung der Domain für angemessen hält. Jedenfalls wird der Begriff „Löschung“ in der Entscheidung benutzt. Die Löschung einer Domain ist sicher nicht das mildeste Mittel und keinesfalls notwendig. Es gibt einfachere Wege, unliebsame Webinhalte schlechter erreichbar zu machen, wie etwa die Dekonnektierung der Domain, von der das Kammergericht dann letztlich spricht.

Die Entscheidung des Kammergerichts ist öffentlich noch nicht greifbar. Wir fanden sie bei Beck-Online.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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