Forenhaftung

Urteil lässt Betreiber aufatmen

Die Rechtsprechung zur Forenhaftung ist um ein aktuelles Kapitel reicher: nach Ansicht des LG Düsseldorf (Urteil vom 27.06. 2007, Az.: 12 O 343/06) haftet ein Forenbetreiber für fremde, rechtswidrige Einträge erst dann, wenn er von ihnen erfährt.

Geklagt hatte die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ gegen den Heise Zeitschriften Verlag. Die Klägerin, die sich der Förderung von Reformen sowie der Steigerung des Wachstums und der Schaffung neuer Arbeitsplätze in der BRD verschrieben hat, begehrte von der Beklagten, die das Online-Magazin „Telepolis“ betreibt, die Unterlassung einer Äußerung. Im Diskussionforum von Telepolis hatte ein anonymer Nutzer die INSM unter anderem als „asoziale Desinformanten“ und Brunnenvergifter“ bezeichnet, um sodann andere Leser dazu aufzurufen, durch eine gegenseitige Verlinkung Suchergebnisse bei Google zu beeinflussen. Nachdem die Klägerin den Verlag schriftlich auf die Äußerung hingewiesen hatte, forderte sie ihn auf, den Beitrag zu löschen und ihr die Identität des Autors mitzuteilen. Die Beklagte kam dem jedoch nur teilweise nach; zwar löschte sie unverzüglich den Beitrag, gab die Identität des Nutzers aber nicht preis; ein Abmahnschreiben der Klägerin blieb ebenfalls erfolglos. Sie erhob daraufhin Klage und begehrte die Untersagung der im streitigen Kommentar genannten Äußerungen.

Das Gericht lehnte einen Anspruch nach § 823 Abs. I BGB i.V.m. § 1004 BGB analog auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen ab und wies die Klage als unbegründet zurück. Dabei konnte das Gericht die Frage, ob die Äußerungen vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG gedeckt sind, offen lassen, da es bereits eine Haftung der Beklagten als Störerin für ausgeschlossen betrachtete. Zwar haftet die Beklagte als Host-Provider gemäß § 7 Abs. II Satz 2 TMG nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung auch für fremde Inhalte, die zum Abruf bereitgehalten werden; die Haftung als Störer setzt jedoch die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Dabei ist zu beachten, dass dem Diensteanbieter gemäß § 7 Abs. II Satz 1 TMG keine allgemeinen Überwachungs- oder Forschungspflichten dahingehend obliegen, ob rechtswidrige Inhalte überhaupt vorhanden sind. Auch eine allgemeine Pflicht, die zahlreichen Diskussionsforen der Beklagten mit tausenden von Beiträgen auf etwaige rechtswidrige Inhalte hin zu überwachen, lehnt das Gericht als unzumutbar ab. Erfährt der Diensteanbieter von rechtswidrigen Beiträgen, muss er sie unverzüglich löschen; da die Beklagte dies im Streitfall getan hat, ist sie der ihr obliegenden Pflicht nachgekommen. Vor Kenntniserlangung von dem streitgegenständlichen Beitrag oblagen ihr solche Pflichten ohnehin nicht.

Forenbetreiber können damit weiter aufatmen: mit der Entscheidung folgt das LG Düsseldorf einer Rechtsprechung, wie sie zuvor vom LG Berlin und dem OLG München geprägt worden war. Lediglich das LG Hamburg sieht den Forenbetreiber grundsätzlich, auch ohne Kenntnis und somit uneingeschränkt in der Verantwortung.

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