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hOLG Hamburg mildert Betreiberhaftung

Hatten wir im Newsletter #308 noch gegen die Entscheidung des LG Hamburg (Urteil vom 02.12.2005, Az. 324 O 721/05) wegen der Haftung von Forenbetreibern gewettert, so zeigt die jetzt vorliegenden Entscheidung des hOLG Hamburg (Urteil vom 22.08.2006, Az. 7 U 50/06) im Berufungsverfahren zwar kein anderes Ergebnis, aber mehr Einfühlungsvermögen in die Problematik. Eine generelle Überwachung des Forums ist eher nicht geboten.

In einem Artikel im IT-News-Portal heise.de hatte sich der Verlag kritisch bezüglich einer Software geäußert, die, ohne Kenntnis des Nutzers, dessen Rechner für eigene Zwecke des Herstellers nutzt. Ein Leser nahm dies zum Anlass, im Kommentar zu dem Artikel zu einer Aktion aufzurufen und die Server des Softwareherstellers in die Knie zu zwingen, indem man die Software in Massen herunterlädt. Der Softwarehersteller wandte sich an heise.de und forderte, die Einträge zu entfernen. Dem kam heise.de zunächst nach. Als wieder solche Aufrufe im Forum zum Artikel autraten, mahnte der Softwarehersteller heise.de ab und erwirkte, da heise.de nicht reagierte, eine einstweilige Verfügung, die in Hamburg auf dem gerichtlichen Prüfstand kam.

Das Landgericht Hamburg bestätigte die einstweilige Verfügung: Es sah den Forenbetreiber als Störer, dessen Störereigenschaft nicht entfällt, weil es ihm unmöglich wäre, auf den Inhalt des von ihm eingerichteten Forums Einfluss zu nehmen. Im Grunde verlangte das LG Hamburg eine generelle Vorprüfung aller Forenbeiträge vom Forenbetreiber.

Das hOLG Hamburg bestätigt die Entscheidung des LG Hamburg im Grundsatz. Doch sieht es die Sache weit differenzierter: Soweit nicht der Forenbetreiber durch sein eigenes Verhalten Rechtsverletzungen durch die Nutzer provoziert, sind ihm die Rechtsverletzungen nicht zuzurechnen. Eine generelle Verpflichtung zu einer vorherigen „Eingangskontrolle“ würde die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs in grundrechtswidriger Weise einschränken und gegen § 6 Abs. 2 MDStV verstoßen.

Das hOLG Hamburg rechnet dem Forenbetreiber an, dass er seine in § 9 Satz 1 Nr. 2 MDStV (Mediendienste-Staatsvertrag) geregelte Pflicht, die bedenklichen Forenbeiträge zu entfernen, nachgekommen ist. Damit scheidet die Störerhaftung zunächst aus. Jedoch traf die Betreiberin darüber hinaus die Pflicht, die Beiträge des konkreten Forums von da an laufend zu prüfen. Dem ist der Forenbetreiber jedoch nicht nachgekommen, weshalb er haftet. Ob die Betreiberin darüber hinaus auch verpflichtet ist, generell alle Forenbeiträge zu überprüfen, lässt das hOLG Hamburg an dieser Stelle offen. Doch neigt das Gericht dazu, diese Pflicht zu verneinen, soweit kein konkreter Anlass besteht.

Forenbetreiber stehen demnach also erst dann in der Pflicht, eine „Eingangskontrolle“ der Leserbeiträge durchzuführen, wenn eine Rechtsverletzung vorlag. Die Überprüfung neuer Beiträge vor deren Veröffentlichung ist auf den problematischen Forumsbereich beschränkt; bei heise.de also artikelbezogen.

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