Webspace-Provider haften nur für Inhalte, von denen sie Kenntnis haben. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 23. September 2003 VI ZR 335/02) als Dritte Instanz in einem Rechtsstreit zwischen einem Betroffenen gegen einen Provider. Der Betroffene konnte vor den Gerichten nicht den Nachweis führen, dass der Provider von bestimmten Inhalten auf bei ihm gehosteten Webseiten wusste. Die Entscheidung bestätigt die alte Regel: Recht haben und Recht bekommen sind zwei paar Schuh. Im Zivilprozess muss man die eigenen Behauptungen nicht nur darlegen, sondern auch beweisen.
Der betroffene Kläger sah sich Schmähungen auf vom beklagten Provider zur Verfügung gestellten Webspace ausgesetzt. Auf den Internetseiten seien rassistisch-neonazistische Beschimpfungen in volksverhetzender Art sowie Morddrohungen und Anstiftung zu Straftaten gegn ihn veröffentlicht worden. Davon habe er die Beklagte durch Telefonate, e-mails und Faxnachrichten mehrfach hingewiesen. Der Kläger verlangte wegen der Schmähungen und Drohungen von dem beklagten Domain- und Webspaceprovider immateriellen Schadensersatz.
Mit dieser Klage hatte der Betroffene keinen Erfolg. Das Amts- und das Landgericht wiesen die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er die Beklagte von den Inhalten in Kenntnis gesetzt hat. Die Revision des Klägers beim BGH blieb aus denselben Gründen erfolglos.
Der Anspruch ergibt sich in diesem fall aus § 823 BGB in Verbindung mit § 5 Teledienstegesetz (TDG), und zwar in der Fassung vom 22.07.1997. Mittlerweile gilt die Fassung vom 14.12.2001, die am 01.01.2002 wirksam geworden ist. Nach der älteren Fassung des TDG, die hier noch einschlägig war, muss, als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch, der Provider die Inhalte gekannt haben. Der Anspruchsteller muss eine solche Kenntnis des Anbieters von Telediensten (hier der beklagte Provider) darlegen und beweisen. Diese Anforderung entspricht einem prozessualen Grundsatz.
Die in § 5 TDG alter Fassung geforderte Kenntnis des Anspruchstellers ist als eine zusätzliche anspruchsbegründende Voraussetzung für die Haftung der Diensteanbieter anzusehen. Der Gesetzgeber zeigte sich dabei prakmatisch: er wollte so die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter für fremde Inhalte einschränken, weil sie den fremden Inhalt nicht veranlasst haben und es ihnen angesichts der Vielzahl fremder Inhalte zunehmend unmöglich ist, diese zu kontrollieren.
In der Presseerklärung des BGH heißt es:
»Für den hiernach erforderlichen Beweis einer Information durch den Anspruchsteller dürfte in der Regel der Nachweis ausreichen, daß er den Diensteanbieter auf den beanstandeten Inhalt und die betreffende Internetseite hingewiesen hat. Dabei muß die Internetseite allerdings so präzise bezeichnet sein, daß es dem Anbieter ohne unzumutbaren Aufwand möglich ist, den Inhalt aufzufinden. Den Beweis derartiger Hinweise hat der Kläger im hier zu entscheidenden Fall nicht geführt.«Die Entscheidungsgründe des BGH-Urteils liegen noch nicht vor. Klar ist jedoch eines: Die Entscheidung betrifft eine Regelung, die nicht mehr wirksam ist. Seit 01.01.2002 gilt – wie erwähnt – das neue Teledienstegesetz. Der BGH weisst ausdrücklich darauf hin, dass dessen entsprechende Regelung nicht Gegenstand des Urteils ist.