Vor wenigen Wochen berichteten wir von dem Urteil des LG Köln (Urteil vom 21.03.2007, Az.: 28 O 15/07) im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Betreiberin von rapidshare.com. Das Gericht bestätigte die Haftung des Webdienstleisters. Doch dieser schoss nun vor dem LG Düsseldorf (Urteil vom 23.01.2008, Az.: 12 O 246/07) zurück und traf sich doch ins eigenen Knie: Das LG Düsseldorf zog noch engere Grenzen als Köln.
Diesmal klagte die Betreiberin von rapidshare.com, eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft, welche unter der Domain Speicherplatz im Internet (Webspace) zur Verfügung stellt. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass die Beklagte ihr gegenüber keinen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch bezüglich der Veröffentlichung von 143 Musikstücken hat. Beklagte ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, die hier durch die Bereitstellung des Downloaddienstes im Hinblick auf die 143 Musiktitel Urheberrechtsverletzungen und die Betreiberin von rapidshare.com als Störer sieht.
Die Klägerin, nachdem sie als Beklagte bereits vor dem LG Köln das Nachsehen hatte, sah auch vor dem LG Düsseldorf kein Land. Nach Ansicht des LG Düsseldorfs haftet die Klägerin als Störer, da sie eine öffentliche Zugänglichmachung der Musikstücke im Sinne des § 19a UrhG unterstützt: Die Klägerin hat durch die Bereitstellung ihres Angebots die Möglichkeit eröffnet, die Musikstücke als digitale Musikdatei der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. „Sie hat also die Infrastruktur zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe die eigentlichen Täter der Urheberrechtsverletzung ihre Tat vollendet haben.“ Kern der Prüfung war wiederum die Frage nach Verletzung von Prüfpflichten. Dabei war zu berücksichtigen, inwieweit es der Klägerin technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren von Rechtsgutverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile sie aus ihren Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der betroffene Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche Rechtsgutverletzungen drohen.
Das Landgericht Düsseldorf zeigte sich erbarmungslos: Die Maßnahmen, die die Klägerin ergriffen hatte, erklärte das Gericht kurzerhand als nicht geeignet, ihren bestehenden Prüfpflichten nachzukommen. Ob sie sie tatsächlich angewandt hat, war egal, sie reichten definitiv nicht aus, da sie den Urheberrechtsverstoß von vornherein nicht verhindern konnten. Klar ist, die Klägerin wusste um die Verletzung von Urheberrechten, sie war entsprechend abgemahnt worden; und sie wusste um die Linkseiten, über die man die urheberrechtsverletzenden Daten hat abrufen können, sie beobachtete selber einige dieser Seiten. Weiter war zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen Dienst eingerichtet hat, der für eine urheberrechtsverletzende Nutzung besonders gut geeignet ist. Das forderte besonders hohe Prüfpflichten, etwa eine Registrierungspflicht für sämtliche Nutzer des Dienstes, womit keine Anonymität mehr gewährleistet wäre und was rechtswidriges Handeln zumindest deutlich verringert hätte. Auch dabei entstehende mögliche Falschangaben lassen sich überprüfen. Davon hat die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht. Diese besonders hohen Prüfpflichten mögen durchaus das Geschäftsmodell der Klägerin gefährden; doch sind sie zumutbar, gerade weil das Geschäftsmodell besonders gut geeignet ist, um urheberrechtlich geschützte Inhalte zu verbreiten und ein finanzieller Vorteil der Klägerin in nicht unerheblicher Weise gerade auf diesen Aktivitäten beruht.
Hier gilt wohl der alte Spruch: wer sich in Gefahr begibt, mag darin auch umkommen. Wer also eine Internetdienstleistung einrichtet, die Rechtsverletzungen begünstigt, steht, um Rechtsverletzungen zu verhindern, in der Pflicht, sein eigenes Geschäft zu ruinieren.