Während die technischen Aufräumarbeiten im Zuge der Einführung von Kurz- und Ziffern-Domains noch am Anfang stehen, fiel der Startschuss für juristische Scharmützel bereits vor dem Start der Registrierung. Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Am 22. Oktober 2009, einen Tag vor dem Registrierungsbeginn, gab die Kanzlei esb bekannt, für ihren Mandanten, Inhaber von sechs Einbuchstabenmarken, am 21. Oktober 2009 eine einstweilige Verfügung gegen die DENIC eG erwirkt zu haben; diese untersagt DENIC, die sechs einstelligen Domains e.de, f.de, g.de, x.de, y.de und z.de zu vergeben, solange ein derzeit vor dem OLG Frankfurt/Main anhängiges Verfahren (Az. 11 U 36/09) nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Jedenfalls im Verfahren um die Domain x.de waren, wie in Sachen vw.de, kartellrechtliche Fragen maßgeblich, wobei das Landgericht Frankfurt/Main noch einen Anspruch auf Zuteilung der Domain verneinte und damit der DENIC Recht gegeben hatte (Urteil vom 20.05.2009, Az. 2-6 O 671/08). Zur Begründung hatte das Gericht angeführt, dass die Nichtvergabe einstelliger Second Level Domains sachlich gerechtfertigt ist, weil sich die DENIC unter anderem die Option offenhalten wolle, den Namensraum unter „.de“ regional aufzuteilen oder mit den Kurz-Domains den von ihr betriebenen Nameserver adressieren wolle; beide Argumente scheinen nunmehr hinfällig.
Ebenfalls aufgrund einstweiliger Verfügung von der Registrierung vorerst ausgenommen wurden die Domain-Namen br.de, dw.de, hr.de und sr.de; es steht zu vermuten, dass hier der Bayerische Rundfunk, die Deutsche Welle, der Hessische Rundfunk und der Saarländische Rundfunk gegen DENIC vorgegangen sind. Schließlich hat DENIC am 23. Oktober 2009 noch vor Beginn der Registrierung aufgrund von laufenden und nun beendeten Hauptsacheverfahren die beiden Domains vw.de und o2.de vergeben.
Doch damit nicht genug, dürfte doch die Zuteilung so manchen Inhaber von Kennzeichenrechten auf den Plan rufen. Als gesichert gilt, dass noch am vergangenen Freitag erste Dispute-Anträge für die neuen Domains bei DENIC eingegangen sind; sie sollen einstweilen verhindern, dass die frisch registrierten Domains übertragen werden. Und Streit scheint vorprogrammiert. So berichtet etwa das Weblog abgemahnt.com, dass eine Gruppe aus den Unternehmen TEC-MEDIA-SERVICE, Bionic Reservation Service Ltd. und Domainvermarkter Ltd. & Co. KG insgesamt 193 zweistellige Domains auf sich registriert habe; inzwischen seien jedenfalls ein Teil der Domains aber für jeweils zu den Buchstaben passende Firmennamen registriert, die sämtlich ihren Sitz in Clearwater (US-Bundesstaat Florida) haben. Soviel Zufall stellt abgemahnt.com in Frage.
Eine Überprüfung des gesamten Vergabeprozesses durch das Kartellamt scheint dagegen derzeit vom Tisch. Obwohl der Deutschlandfunk das Vergabeverfahren als „ungeordnet und chaotisch“ beschrieb, habe eine Anfrage bei der Behörde ergeben, dass zwar Beschwerden eingegangen seien; Indizien für getroffene Absprachen sieht man bei den Wettbewerbswächtern jedoch nicht.