AG Frankfurt

Domain als Firma irreführend?

Ist die Verwendung einer generischen Domain in der Firma einer Gesellschaft unzulässig, weil sie nicht unterscheidungskräftig ist und in die Irre führt? Mit diesem Problem musste sich das Amtsgericht Frankfurt in einer domainrechtlichen Entscheidung auseinandersetzen (Az.: 72 AR 74/09).

Christoph Schmitt aus Dreieich ist seit neun Jahren Inhaber der Domain tagesgeldkonto.de. Er nutzt sie als unabhängiges Finanzportal für Tagesgeld. Im Zuge der Reform des GmbH-Rechts entschloss er sich Anfang des Jahres 2009, eine so genannte Unternehmergesellschaft (UG) zu gründen, einer Unterform der klassischen GmbH. Als er die Gesellschaft unter der handelsrechtlichen Firma tagesgeldkonto.de UG (haftungsbeschränkt) beim Amtsgericht Frankfurt am Main eintragen lassen wollte, meldete die Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main Bedenken an; ihrer Ansicht nach fehle es der Firma tagesgeldkonto.de an Unterscheidungskraft, der Zusatz „.de“ stelle keinen individualisierenden Zusatz dar. Wie uns die IHK auf Nachfrage mitteilte, seien etwa die Entscheidung des LG Köln zu brillenshop.de GmbH sowie parallel gelagerte markenrechtliche Entscheidungen vom OLG Dresden zu kettenzuege.de und dem LG Erfurt zu deutscheanwaltshotline.de aus den Jahren 2006 und 2005 zu berücksichtigen. Obwohl Schmitt daraufhin Gegenbeispiele wie die Hotel.de AG ins Feld führte, hielt die IHK an ihrer Ansicht fest, und führte zudem den Aspekt der „Irreführung“ nach § 18 Abs. II HGB ins Feld. Wie Schmitt in einer Presseerklärung mitteilt, habe die IHK ausgeführt, dass viele angesprochene Verkehrskreise davon ausgehen würden, dass es sich bei einem solchen Unternehmen um eines mit besonderen Möglichkeiten im Bereich der Geldanlage als Tageskonten handelt; der Name erwecke den Eindruck, dass Bankgeschäfte getätigt werden. Sobald man die Internetseite aufruft, bemerkt man als Kunden den Irrtum.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main vermochte dem nicht zu folgen. Nach Ansicht des Gerichts ist die Firma unterscheidungskräftig und nicht irreführend im Sinne von § 18 Abs. I und II HGB. Zwar fehlt bei reinen Gattungsbezeichnungen die Unterscheidungskraft; durch individualisierende Zusätze könne sie jedoch wieder hergestellt werden, was vorliegend durch die Top Level Domain „.de“ geschehe. Der Verweis auf eine Internetseite individualisiere die Gesellschaft nach Einschätzung des Amtsgerichts sogar sehr gut, weil die betroffenen Rechtskreise durch bloßes Lesen der Firma erfahren, was die Gesellschaft genau tut, und wo und wie sie leicht zusätzliche Informationen über das Unternehmen bekommen können. Die Firma sei auch nicht irreführend; dass Unternehmen, nur weil die Webseite sich mit Tagesgeld befasst, selbst Finanzdienstleistungen anbieten, wird nach Auffassung des Gerichts von den betroffenen Verkehrskreise nicht angenommen. Der Begriff „Konto“ ist bankenaufsichtsrechtlich nicht geschützt, womit der Gesetzgeber erkennen lässt, dass er die Verwendung dieses Begriffs nicht als Hinweis auf Tätigkeiten im Sinne des Kreditwesengesetzes versteht. Auf diesen Standpunkt hat sich auf telefonische Nachfrage des Gerichts auch die Bundesbank gestellt.

Die IHK erhielt sodann Gelegenheit, zu diesen Ausführungen bis 15. Juli 2009 Stellung zu nehmen und Widerspruch gegen die beabsichtigte Eintragung einzulegen. Wie Schmitt mitteilt und die IHK auf unsere Nachfrage unbestritten ließ, machte sie hiervon keinen Gebrauch, so dass die Gesellschaft mittlerweile unter der Firma tagesgeldkonto.de UG (haftungsbeschränkt) und der HRB 85976 zur Eintragung gelangt ist.

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