Streit um flights.eu

Vorlage an den EuGH

Panel, also Richter, für das alternative Streitbeilegungsverfahren der europäischen Domain höchster Ordnung „.eu“ zu sein, fordert manchmal Denken und Blicken über den Tellerrand hinaus. Rechtsanwalt Dr. Lambert Grosskopf, Bremen, ist Panel für .eu-Streitigkeiten nach der ADR. Er befindet über den Streit hinsichtlich der Domain flights.eu, und kommt in der Sache auch zu einer praktikablen Lösung. Doch rügt der Beschwerdegegner, die Beschwerdeführerin nutze das ADR-Verfahren missbräuchlich, und begehrt eine entsprechende Feststellungsentscheidung des Gerichts. Nun liegt die Sache beim Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Im Streit um die Domain flights.eu stehen einerseits eine deutsche Reiseagentur, die vom Inhaber der Domain, dem Beschwerdegegner, die Übertragung des Domain-Namens flights.eu verlangt. Ihre Beschwerde stützt die Beschwerdeführerin unter anderem auf zwei deutsche Wort-/Bild-Marken „flights.com“ und „flights.de“, deren Inhaber zwei verschiedenen, in den USA ansässige Unternehmen sind. Dem Gegner hält sie vor, die Anmeldung seiner Marke „flights“ diene lediglich dazu, die .eu-Domain zu erlangen. Die Marke habe der Gegner nicht genutzt, weshalb er kein berechtigtes Interesse im Sinne von Artikel 21 der VOEG Nr. 874/2004 habe; vielmehr habe er die Domain lediglich registriert, um sie zu verkaufen, was missbräuchlich im Sinne dieser Norm sei.

Der Inhaber der Domain flights.eu, der zugleich Inhaber der deutschen Marke „flights“ ist, mit der ausgestopfte Reptilien und Futtertröge geschützt werden, ist daneben auch Inhaber zahlreicher Marken, die er genutzt hat, um in der .eu-Sunrise Period entsprechende Domain-Namen anzumelden. Er dreht den Spieß einfach um und meint, die Beschwerdeführerin sei nicht Inhaberin von Rechten an dem Begriff „flights“ oder damit ähnlichen Begriffen, und nutze auch die Marke „flights.com“ nicht, sondern biete nur Reisebürodienstleistungen unter der Bezeichnung „Reisebüro Bühler“ an. Er beantragte die Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführerin, und stellte darüber hinaus einen Feststellungsantrag, wonach zu prüfen ist, ob die Beschwerde bösgläubig geführt wird und ein Missbrauch des Verfahrens vorliegt.

Die Beschwerdeführerin vermochte während des Verfahrens nicht, irgendwelche Rechte an den Marken zweifelsfrei nachzuweisen. Die eingetragenen Marken, auf die sich die Beschwerdeführerin bezieht, sind nicht mit der in Streit befindlichen Domain identisch und aufgrund der Endungen „.de“ und „.com“, die mit Inhalt der Marken sind, auch nicht verwirrend ähnlich. Deshalb war der Antrag der Beschwerdeführerin auch ohne Schwierigkeiten vom Panel zurückzuweisen.

Probleme bietet indes der Feststellungsantrag des Beschwerdegegners. Für diesen Antrag gibt es keine Regelung in der Verordnung. Nach Ansicht des Panels ist der Antrag auf Feststellung berechtigt, denn im Rahmen eines solchen Verfahrens können Schadensersatzansprüche entstehen, die nicht im ADR-Verfahren, aber vor ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden können. Damit liegt eine Lücke des Regelungssystems vor, das sich auf die Verordnung Nr. 874/2004 EG stützt. Um die notwendige Feststellung über den Missbrauch der ADR durch die Beschwerdestellerin treffen zu können, müsste das ADR-Panel auf sonstiges Gemeinschaftsrecht zurückgreifen und so das Recht fortbilden. Ob die Kompetenzen des Gerichts so weit gehen, ist allerdings die Frage, die sich dem Panel RA Grosskopf stellt. Das kann nur der EUGH feststellen, im Wege des Vorabbescheids nach Art. 234 EG. Dabei fragt sich auch, ob das in Prag ansässigen „Schiedsgericht für Streitigkeiten über .eu-Domain-Namen bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Landwirtschaftskammer der Tschechischen Republik“ (Tschechisches Schiedsgericht) überhaupt ein Gericht im Sinne des Art. 234 EG ist und damit befugt, die Sache dem EuGH überhaupt vorzulegen. Ist das geklärt, kann der EuGH auch sagen, ob das Schiedsgericht das Recht fortbilden darf, sei es durch Überarbeitung der ADR-Regeln, oder durch die Rechtsfortbildung durch den einzelnen Richter.

Das Schiedsverfahren ist bereits seit einigen Wochen ausgesetzt. Bis sich das Tschechische Schiedsgericht dazu entschlossen hat, die Sache an den EUGH weiterzureichen, nachdem RA Grosskopf die Entscheidung vorgelegt hatte, dauerte seine Zeit. Nun also ging die Schiedssache zum EUGH und trägt das Aktenzeichen 126/07. Dass die Mühlen dort langsam mahlen, dürfte bekannt sein. Zum Schaden der Parteien sollte das nicht sein: Der Antrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen und der Domain-Inhaber kann seine Domain weiter nutzen. Für alle bedeutet aber eine Entscheidung des EUGH darüber, ob das Tschechische Schiedsgericht auch über den Missbrauch des ADR-Verfahrens entscheiden kann, einen ganz erheblichen Fortschritt.

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