ayolabs.eu

Reverse Domain Name Hijacking im ADR-Verfahren ist möglich

In einer aktuellen ADR-Entscheidung scheiterte ein Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln gegen einen vermeintlichen Konkurrenten ähnlichen Namens. Die rumänische Entscheiderin Marilena Comanescu zeigte zugleich, dass unter den Regeln des ADR auch ein Reverse Domain Name Hijacking nach der UDRP geprüft werden kann.

Der 2010 gegründete französische Anbieter von Nahrungsmittelergänzung für Athleten Eiyolab sah seine im gleichen Jahr registrierte EU-Wort-/Bild-Marke »EIYOLAB« durch die .eu-Domain ayolabs.eu gefährdet und startete ein ADR-Verfahren vor der WIPO. Eiyolab selbst tritt seit Februar 2010 unter der Domain eiyolab.com auf, über die sie an Endkunden ihre Nahrungsmittelergänzungsprodukte für Athleten anbietet. Sie erklärte unter anderem, die Ähnlichkeit zwischen Marke und Domain ergäbe sich vornehmlich aufgrund des Wortklanges. Die Domain ayolabs.eu habe die Gegnerin, die ihrerseits Nahrungsmittelergänzungsprodukte anbiete, registriert, um Kunden von Eiyolab auf ihre Seite zu locken. Sie verlangte die Übertragung der Domain ayolabs.eu. Gegnerin ist die 2018 gegründete spanische Ayolabs, S.L.; die erklärte unter anderem, ihre Geschäftsbezeichnung spiegele sich in ihrem Domain-Namen wieder. Der Name »Ayolabs« sei ein Akronym bestehend aus den Anfangsbuchstaben der Gründer des Unternehmens: A (Adrien), Y (Yave) und O (Oliver), während das Kürzel »labs« dem Begriff »laboratories« entnommen sei und so die Aktivitäten des Unternehmens beschreibe. Ihre Domain und die Marke der Beschwerdeführerin seien nicht zum Verwechseln ähnlich, denn bei der Marke handele es sich um eine sehr spezifische, bildliche und farbige Darstellung. Der Wortbestandteil weiche deutlich von der Domain ayolabs.eu ab. Weiter biete man Whitelabel-Produkte für professionelle Markenanbieter an, und verkaufe nicht an Endkunden wie die Beschwerdeführerin. Schließlich erhob sie den Vorwurf des Reverse Domain Name Hijacking seitens der Beschwerdeführerin: der von der Beschwerdeführerin verlangte Domain-Transfer würde dazu führen, dass Kunden-eMails an @ayolabs.eu nicht mehr beantwortet werden könnten. Die rumänische Rechtsanwältin Marilena Comanescu wurde als Entscheiderin berufen.

Comanescu wies die Beschwerde letztlich ab, da die Beschwerdeführerin einen Missbrauch nicht nachweisen konnte (WIPO Case No. DEU2020-0015). Die Domain ayolabs.eu, so Comanescu, enthalte schon einen Teil der Marke »EIYOLAB«, nämlich die Sequenz »yolab«, was für die Ähnlichkeit beider ausreiche. Dabei berücksichtigte sie, dass die graphischen Element einer Marke beim Vergleich mit einem Domain-Namen weitestgehend irrelevant seien. Der Beschwerdeführerin gestand sie auch zu, dass ein Anscheinsbeweis für ein fehlendes Recht oder berechtigtes Interesse der Gegnerin an der Domain bestehe. Doch die Gegnerin vermochte Comanescu zu überzeugen, dass sie 2018 mit dem Namen Ayolabs, S.L. einen eigenständigen Begriff geschaffen habe und die Domain ayolabs.eu für die eigenen Geschäfte nutze. Tatsächlich bestehe eine Ähnlichkeit zwischen den Produkten der Parteien, doch gäbe es viele Unternehmen, die auf diesem Markt tätig sind. Comanescu fand, unter den gegebenen ADR-Regeln habe die Gegnerin die Domain nicht genutzt, um unrechtmäßige Vorteile aus der Marke der Beschwerdeführerin zu ziehen, weshalb letztere das 2. Element der ADR nicht erfüllt habe. Hinsichtlich einer etwaigen Bösgläubigkeit der Gegnerin machte Comanescu zunächst klar, dass die Beschwerdeführerin keine Nachweise für die Nutzung und Bekanntheit ihrer Marke geliefert habe: in Foren fände man nichts dazu. Auch für die Behauptung, die Gegnerin registrierte die Domain im Hinblick auf die Marke »EIYOLAB«, legte sie keine Nachweise vor. Hingegen spiegele der Domain-Name die Geschäftsbezeichnung der Gegnerin wieder, der unabhängig von der Marke der Beschwerdeführerin gewählt worden sei. Auf der Website der Gegnerin seien auch alle ihre Geschäftsdaten problemlos abrufbar. Für Comanescu war nicht ersichtlich, dass die Gegnerin auf die Beschwerdeführerin zielte oder von ihr überhaupt wusste, als sie den Domain-Namen registrierte und nutzte. Aus diesem Grunde stellte sie auch das Fehlen des 3. Elements der ADR fest.

Zuletzt prüfte sie noch die Frage eines Reverse Domain Name Hijacking. Eine entsprechende Regelung findet sich in Ziffer 12 (h) der ADR-Regeln, in der es sinngemäß heisst, soweit das Gremium zu dem Schluss kommt, die Beschwerde sei bösgläubig eingereicht worden, stellt das Panel in seiner Entscheidung fest, dass es sich um eine bösgläubig eingereichte Beschwerde handelt und dass dies einen Missbrauch des Verfahrens darstellt. Diese Regelung sei dem Konzept des klassischen Reverse Domain Name Hijacking der UDRP vergleichbar. Also prüfte Comanescu ein Reverse Domain Name Hijacking und stellte dabei fest, die Beschwerdeführerin, unterstützt von einer Rechtsanwaltskanzlei, hätte erkennen müssen, dass nackte Behauptungen ohne Nachweise nicht ausreichen, eine Markennutzung oder ihren behaupteten Ruf oder die bösgläubige Registrierung und Nutzung der Domain ayolabs.eu zu belegen. Gleichwohl lehnte Comanescu ein Reverse Domain Name Hijacking ab, weil kein böser Wille auf Seiten der Beschwerdeführerin vorlag. Die schätzte aus Sicht von Comanescu nicht nur die Gegnerin falsch als Konkurrenten ein, sondern beurteilte auch die ADR-Regeln falsch, indem sie sich auf die phonetische Ähnlichkeit zwischen Domain und Marke berief. Damit wies Comanescu die Beschwerde von Eiyolab, aber auch das Reverse Domain Name Hijacking der Ayolabs, S.L. ab.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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