ADR

Spielzeughersteller Schleich erstreitet schleich-shop.eu

Der Gmündner Spielzeughersteller Schleich schaute über Jahre zu, wie ein Online-Händler unter der Domain schleich-shop.eu dessen Waren an Endkunden vertrieb. Nachdem die Schleich GmbH den Direktvertrieb für sich entdeckt hatte, ging sie, nach vorheriger Kontaktaufnahme und Angeboten zur Regelung der Sache, im Wege eines ADR-Verfahrens gegen den Domain-Inhaber vor.

Der Spielzeughersteller Schleich GmbH mit Sitz in Schwäbisch-Gmünd sah seine Rechte durch den niederländischen Inhaber der Domain schleich-shop.eu verletzt, der über diese Domain ausschließlich Schleich-Spielzeuge anbot. Die im Jahr 1935 gegründete Schleich GmbH ist Inhaberin mehrerer Marken. Sie betreibt Niederlassungen in sieben Ländern und vertreibt ihre Produkte über Händler in 51 Ländern. Die Domain schleich-shop.eu wurde im August 2009 registriert; der Inhaber nutzte sie ausschließlich dazu, Schleich-Spielzeuge an Endkunden zu verkaufen. Bereits 2016 nahm Schleich Kontakt zum Domain-Inhaber auf und bot ihm unterschiedliche Einigungsvorschläge an, unter anderem eines, wonach er die Domain noch drei Jahre nutzen könne. Der Domain-Inhaber ließ sich darauf nicht ein. Die Schleich GmbH beantragte daraufhin vor der World Intellectual Property Organization (WIPO) ein ADR-Streitschlichtungsverfahren für .eu-Domains gegen den Domain-Inhaber und trug vor, Domain und Marke seien zum Verwechseln ähnlich, der Gegner sei kein offizieller Händler und nicht berechtigt, die Marke »SCHLEICH« zu nutzen. Auf seinem Angebot gebe es keinen Hinweis, in welcher Beziehung er zu ihr steht und dass es sich nicht um ein offizielles Angebot der Schleich GmbH handelt. Der Beschwerdegegner hielt den Vorwürfen entgegen, hier lägen die Voraussetzungen des OKI-Data-Falles vor, aufgrund dessen er die Domain berechtigterweise betreibe und weiter betreiben dürfe: er nutze die Domain schleich-shop.eu bereits seit 2009 und lediglich eine weitere, niederländische Domain, wovon die Beschwerdeführerin wusste. Auf dem Angebot unter schleich-shop.eu sei für Nutzer schon immer ersichtlich gewesen, dass die Seite nicht von der Beschwerdeführerin betrieben werde; im Zuge der Korrespondenz vom Dezember 2016 mit der Schleich GmbH habe er das nun aber deutlicher im Kopf der Webseite dargestellt. Indem er nur Waren von Schleich verkaufe, und zwar an Endkunden, während die Beschwerdeführerin bis Anfang 2017 lediglich Händler beliefert habe, habe er deutlich zu den Umsätzen der Beschwerdeführerin beigetragen. Jetzt habe die Beschwerdeführerin erkannt, dass sie selbst online ihre Waren direkt an Endkunden vertreiben könne; sie wolle nun sein Geschäft übernehmen.

Der britische Rechtsanwalt Steven A. Maier prüfte als Entscheider die Angelegenheit und kam zu dem Ergebnis, dass die Domain auf die Beschwerdeführerin zu übertragen ist (WIPO-Case No. DE U2017-0005). Aus Sicht von Maier sind Domain und Marke sich zum Verwechseln ähnlich. »Shop« sei lediglich ein beschreibender Begriff, der nichts an der Ähnlichkeit ändere, und die Endung .eu könne bei dieser Ähnlichkeitsprüfung vernachlässigt werden. Alsdann prüfte Maier die Frage nach Rechten oder den berechtigten Interessen des Gegners und dessen Bösgläubigkeit zusammen, da hier die Anwendung der OKI-Data-Prinzipien nahe lag. Im OKI-Data-Fall kam ein Panel zu den Ergebnis, dass ein Angebot von Waren und Dienstleistungen gutgläubig sein können, wenn folgende vier Voraussetzungen vorliegen:

  1. der Gegner bietet die Waren und Dienstleistungen an, um die gestritten wird,
  2. der Gegner nutzt die streitbefangene Domain, um ausschließlich die Markenartikel zu verkaufen,
  3. die Seite muss die Geschäftsbeziehung zum Markeninhaber korrekt darstellen und
  4. der Gegner darf den Markt für Domains mit dem Markenbegriff für den Markeninhaber nicht einengen.

Maier sah auf Anhieb die Voraussetzungen 1, 2 und 4 erfüllt: insbesondere enge der Gegner mit lediglich zwei registrierten Domains den Domain-Markt für die Beschwerdeführerin nicht ein. Allein die dritte Voraussetzung sei unklar, weshalb Maier darauf näher einging. Er habe sich bei archive.org sowie screenshots.com die gespeicherten Webseiten von schleich-shop.eu angeschaut und konnte zwar leichte Veränderungen der Seite feststellen, aber nicht, dass vor 2017 auf den Seiten deutlich gemacht werde, wer der wirkliche Betreiber des Angebots ist. Erst seit Anfang des Jahres 2017 heiße es deutlich sichtbar »This is the Schleich-shop of Cosch VOF« zusammen mit dem »Cosch«-Logo. Die gespeicherten Daten seien unter Umständen nicht vollständig, doch finde sich auf keiner Variante der Seite ein Hinweis darauf, dass der Betreiber unabhängig und nicht von der Schleich GmbH autorisiert ist. Hinzu komme, der Gegner habe zwar behauptet, es habe immer solche Hinweise gegeben, er hat aber keinen als Beweis eingereicht. Was Maier fand, war eine kleine Erwähnung der Cosch BV von 2015 an im »Kleingedruckten« der Webseite. Damit hatte aus Maiers Sicht der Gegner seine Beziehung zur Beschwerdeführerin als relevante Markeninhaberin nicht ordentlich offen gelegt und nicht nachvollziehbar klar gemacht, dass er nicht von der Beschwerdeführerin autorisiert ist. Vielmehr trage die Nutzung der Marke und des Namens der Beschwerdeführerin auf dem Kopf des Angebots zur Irreführung, die bereits von der Domain schleich-shop.eu ausgeht, bei. Aber auch, nachdem seit Anfang 2017 der Hinweis auf »Cosch VOF« auf der Seite zu finden ist, macht der Gegner noch immer nicht ausreichend genug deutlich, dass er sein Angebot von der Beschwerdeführerin unabhängig und nicht autorisiert betreibt. Aus diesen Gründen erfülle die Webseite des Gegners nicht die dritte Voraussetzung des OKI-Data-Falles, weshalb er also sein Angebot nicht gutgläubig betreibe.

Tatsächlich ging Maier davon aus, dass der Gegner die Domain bewusst registrierte und nutzt, um Internetnutzer mit der Marke der Beschwerdeführerin auf sein Angebot aufmerksam zu machen und so an der Marke der Beschwerdeführerin zu verdienen. Dass die Beschwerdeführerin dabei einige Jahre tatenlos zusah, führe nicht dazu, von einer stillschweigenden Lizensierung auszugehen oder auf andere Art den Erfolg der Beschwerde zu verhindern. Maier entschied damit auf den Transfer der streitigen Domain schleich-shop.eu auf die Beschwerdeführerin.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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