Eine gehörige Abmahnwelle schiebt sich langsam über professionelle eBay-Händler. Auslöser sind zwei jüngere Entscheidungen aus Berlin und Hamburg, in denen die Gerichte davon ausgehen, dass die Widerspruchsfrist bei Online-Geschäften statt 14 Tagen einen Monat beträgt.
In einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren vor dem hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 24.08.2006, Az.: 103/06) stritten zwei Konkurrenten miteinander über die Frage, ob § 2 der AGB des eBay-Händlers von beiden, dem Antragsgegner, den Anforderung des Gesetzgebers entspricht, soweit darin lediglich über ein Widerrufsrecht von 2 Wochen aufgeklärt wird. Das hOLG ist der Ansicht, dass die vom Antragsgegner bei eBay veröffentlichten AGB nicht der notwendigen Form entsprechen, weshalb auch eine Belehrung über die 1-monatige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB online gestellt werden müsse. Nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB beträgt die Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen einen Monat, soweit die Belehrung von der Widerrufsfrist erst nach Abschluss des Vertrages erfolgt. Das hOLG meint nun, dass die normale Belehrung, die in Textform abgegeben werden muss (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB), durch Online-AGB nicht erfüllt werde, da eine Übermittlung in Textform nur gegeben wäre, wenn der Nutzer die Online-AGB, die der Anbieter jederzeit verändern könne, diese auch herunterlade.
Im Streit vor dem Kammergericht Berlin (Beschluss vom 18.07.2006, Az.: 5 W 156/06) stellt sich die Sache ähnlich dar. Der Antragsteller monierte die Form und den Inhalt der Widerrufsbelehrung eines eBay-Händlers. Er ist der Ansicht, der Händler müsse über die einmonatige Widerrufspflicht aufklären, da Online-AGBs keine Belehrung über die Widerrufsfrist in Textform darstellten. Recht gab ihm das Gericht jedoch lediglich in der Frage nach dem Inhalt der Widerrufsbelehrung: „Die hier in Rede stehende Belehrung im Internet-Auftritt der Antragsgegnerin ist dem Verbraucher zwar schon vor Vertragsschluss zugänglich. Sie ist jedoch keine Widerrufsbelehrung „in Textform“, die dem Verbraucher „mitgeteilt“ wird.“
Auf Grundlage dieser beiden Entscheidungen hagelt es nun Abmahnungen, vorwiegend gegen eBay-Shopbetreiber. Fragt sich allerdings, ob das so richtig ist. Rechtsanwalt Dr. Martin Schirmbacher von härting.de sieht es anders als die Gerichte. Zunächst gibt er dem Kammergericht und dem OLG Hamburg Recht, dass der Wortlaut des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB deren Ansicht nahe legt. Doch beruhe eben diese Fassung der Norm auf einem Versehen des Gesetzgebers, der eBay-Fälle gar nicht mitbedacht und auch gar nicht gemeint habe. Die Norm ziele eigentlich auf Geschäfte, bei denen zwischen Vertragsschluss und Belehrung lange Zeit (Monate und sogar Jahre) vergeht. Dies sei den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Damit haben sich jedoch beide Gerichte nicht auseinandergesetzt. Die Händler stehen jetzt zwischen möglicher Abmahnung oder verlängerter Widerrufsfrist.
In jedem Falle besteht Handlungsbedarf: für den Gesetzgeber, der das Gesetz schleunigst nachbessern sollte, und für die Onlinehändler, abgemahnt oder nicht: der Besuch beim Anwalt ist durchaus sinnvoll.