Abmahnung

erst kommt die Inkenntnissetzung!

Die Euphorie über den schnellen Euro treibt Blüten unter den Abmahnanwälten – das muss nicht sein. Das Landgericht Düsseldorf tritt dem mit einer aktuellen Entscheidung entgegen, in der es wiedermal vor Augen führt, dass man unter Umständen gewisse Störer erst in Kenntnis setzen muss, sonst wird es teuer für die liebe Mandantschaft.

Die Beklagte, die Schuhe unter anderem mit der Markenbezeichnung DX vertreibt, hatte die Klägerin abgemahnt, weil auf deren Internethandelsplatz für Großhandelsware genau solche Schuhe – wie die Beklagte meinte – unerlaubt angeboten wurden. Am 30. August 2007 mahnte die Beklagte daher die Klägerin ab und verlangte eine strafbewährte Unterlassungserklärung. Die Klägerin löschte die Angebote, gab aber die Erklärung nicht ab, sondern verlangte vielmehr von der Beklagten, sie solle eine Verzichtserklärung hinsichtlich der Geltendmachung ihrer Ansprüche bis zum 13. September 2007 abgeben und die entstandenen Anwaltsgebühren der Klägerin begleichen. Da die Beklagte die Erklärung nicht abgab und auch die Gebühren nicht zahlte, erhob die Klägerin Klage vor dem Landgericht Düsseldorf.

Die Klägerin meint, sie könne nicht Täterin oder Teilnehmerin sein, da sie lediglich für Dritte eine technische Plattform bereit stelle. Da sie zudem nicht verpflichtet sei, die gespeicherten Informationen zu prüfen, sei sie auch keine Störerin. Die Klägerin beantragte, festzustellen, dass der Beklagten die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen und diese die Anwaltsgebühren der Klägerin zu tragen habe. Die Beklagte erkannte den ersten Teil des Antrags an, so dass das Gericht nur noch über den Zahlungsanspruch sowie die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden hatte.

Das LG Düsseldorf bestätigte den Anspruch der Klägerin (Urteil vom 19.03.2008, Az.: 2a O 314/07). Die Beklagte muss die der Klägerin entstandenen Kosten zahlen, die die Einschaltung eines Anwalts verursacht haben, mit dem sie sich gegen die vorprozessuale Abmahnung der Beklagten zur Wehr setzte. Die unberechtigte Abmahnung stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (§ 823 Abs. 1 BGB). Der Beklagten stand im Zeitpunkt der Abmahnung kein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG) zu. Die Klägerin war jedenfalls weder Täterin oder Teilnehmerin noch Störerin. Die Haftung der Klägerin kommt erst in Betracht, wenn sie positive Kenntnis von einer Rechtsverletzung erhält. Hier erhielt sie die positive Kenntnis erst durch die Abmahnung. Auf diese reagierte die Klägerin prompt. – Das Gericht bezieht sich in seiner Entscheidung mehrmals auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es einem Unternehmen, das eine Internetplattform betreibt, nicht zumutbar sei, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu überprüfen. Die mithin unberechtigte Verwarnung der Beklagten verpflichtet zum Schadensersatz: da es ihr bei sorgfältiger Prüfung und Einschaltung von erfahrenen Beratern möglich war, zu erkennen, dass es an einer Schutzrechtsverletzung der Klägerin fehlte, handelte die Beklagte schuldhaft.

Ohne Frage besteht in den genannten Fällen einer Täterschaft oder Mittäterschaft und bei Vorliegen einer Störerhaftung das Recht, im Falle einer Rechtsverletzung abzumahnen. Ob das aber immer klar erkennbar ist, ist die eine Frage; die andere allerdings bleibt: ist eine Abmahnung in solchen und ähnlich gelagerten Rechtsfällen überhaupt notwendig? Reicht es nicht, zunächst auf die Rechtsverletzung freundlich hinzuweisen? Das führt, gerade auch bei Kennzeichenrechtsverletzungen, die von einem Domain-Namen ausgehen, in der Regel zur unkomplizierten Abwicklung der Sache und im Erfolgsfalle auch zur Übertragung der Domain, obwohl von Gesetzes wegen gar kein Übertragungsanspruch besteht.

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