LG Frankfurt

Abmahnung ohne Vollmachtsvorlage?

Nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt ist bei einer markenrechtlichen Abmahnung die Vorlage einer Vollmacht grundsätzlich nicht erforderlich (Urteil vom 24.02.2010 – Az.: 2-06 O 229/09). Damit schloss sich das Gericht der herrschenden Meinung in einer Streitfrage an, die derzeit dem Bundesgerichtshof zur verbindlichen Klärung vorliegt.

Beide Parteien des vom LG Frankfurt zu entscheidenden Rechtsstreits betreiben Internetportale. Die Klägerin ist Inhaberin zweier eingetragenen Marken in den Klassen 35 und 38, während die Beklagte Domain-Namen registriert hatte, die den Marken der Klägerin zum Verwechseln ähnlich waren. Des weiteren hatte die Beklagte eine Marke zur Eintragung angemeldet. Die Klägerin nahm diese Vorgänge zum Anlass, die Beklagte anwaltlich abzumahnen, wobei die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts der Klägerin anwaltlich versichert und zudem der Abmahnung eine Kopie der Vollmachtsurkunde beigefügt wurde. Die Beklagte gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab, rügte jedoch, dass die Abmahnung unwirksam sei, da ihr keine Originalvollmacht beigelegen hatte. Die Klägerin machte daraufhin Abmahnkosten für ihren Anwalt in Höhe einer 1,5 Gebühr aus einem Streitwert von EUR 50.000,00 gerichtlich vor dem Landgericht Frankfurt geltend.

Das Landgericht sprach der Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten weitgehend zu. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Frage, ob die Abmahnung auch ohne Vollmachtsvorlage wirksam war. Auslöser dieses Streits ist die Frage, ob eine Abmahnung ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 174 BGB ist. Einseitige Rechtsgeschäfte sind unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass bei einer markenrechtlichen Abmahnung grundsätzlich keine Vollmacht vorgelegt werden muss. Zur Begründung führt man an, dass die Abmahnung dem Verletzten durch § 93 ZPO aufgezwungen sei und ihn daher einseitig belaste, so dass lediglich ein Realakt vorliege. Auch nach Sinn und Zweck des § 174 BGB scheide eine Analogie aus. Ihre Warnfunktion erfülle die Abmahnung auch ohne Vollmacht. Zudem würde die Bejahung der Anwendbarkeit zu Verzögerungen führen, von denen der Verletzer profitiert. Schließlich sei § 174 BGB eine Ausnahmeregelung, so dass deren analoger Anwendung enge Grenzen gesetzt sind. Die Beklagte müsse daher letztlich die Kosten der Abmahnung tragen; lediglich die geltend gemachte Anwaltsgebühr reduzierte das Gericht auf den Faktor 1,3. Den Streitwert hielt das Gericht für durchschnittlich genutzte Marken wiederum im Sinne der Klägerin als gerechtfertigt.

Das LG Frankfurt schließt sich so der wohl in der juristischen Literatur und Rechtsprechung herrschenden Auffassung an. Ganz entschieden anderer Auffassung ist jedoch vor allem das OLG in Düsseldorf, das wiederholt entschieden hat, dass § 174 BGB entsprechende Anwendung findet. Will man also vermeiden, dass der Abmahner vor ein Düsseldorfer Gericht zieht, sollte man in jedem Fall eine fehlende Vollmacht rügen; noch besser, man fügt sie gleich bei. Im übrigen bleibt abzuwarten, zu welcher Ansicht der Bundesgerichtshof gelangt; unter dem Az. I ZR 146/09 wird er diese Streitfrage in Kürze verbindlich klären.

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