Die Internet-Verwaltung ICANN hat den neuen »Dropzone«-Service der nTLD-Registry Donuts durchgewunken: anders als TurnCommerce Inc., Betreiber eines Drop-Catch-Services, sieht ICANN keine wettbewerbsrechtlichen Probleme. Die Folgen für den Markt der ausgelaufenen Domains sind noch nicht absehbar.
Am 13. August 2021 hatte Donuts über die beiden Tochtergesellschaften Binky Moon LLC und Dog Beach LLC ein sogenanntes »Registry Services Evaluation Policy (RSEP)«-Request bei ICANN gestellt. Die Anträge betreffen eine neue Dienstleistung namens »Dropzone«, mit der Donuts von ausgelaufenen Domains profitieren will. Statt Domains, deren Registrierungsvertrag ausgelaufen ist, zu einem unbekannten Termin wieder freizugeben, öffnet Donuts die Dropzone zu einem Zeitpunkt, der den Domain-Registraren vorab mitgeteilt wird; sie können dann ihre Bewerbungen um diese Domains einreichen. Über den Zuschlag entscheidet hier der »first come, first served«-Grundsatz. Domains ohne Bewerbungen werden allgemein wieder frei. Donuts verspricht sich davon mehr Wettbewerb unter den Registraren, da der exakte Termin des Freiwerdens bekannt ist; außerdem könne man so die Belastung der technischen Systeme besser steuern. Diese Leistung lässt sich Donuts vergüten, schweigt sich zur Höhe allerdings aus; im Antrag heisst es nur:
In addition to the standard or premium registration prices of a given domain name, The Dropzone service can support additional application fees to be configured on a per TLD basis. Applications fees where applicable will be charged in addition to the standard registration price of a domain name.
Die Registrare dürften die zusätzlichen Kosten an den Endkunden weiterberechnen.
Dieses Vorhaben rief TurnCommerce Inc., Betreiber des Angebots von DropCatch.com, auf den Plan. Dort hat man erhebliche wettbewerbsrechtliche Bedenken. Bisher hätten alle Registrare für eine Registrierung, Verlängerung oder den Transfer von Domains Gebühren an die Registry bezahlt. Mit »Dropzone« werde eine zusätzliche Gebühr eingeführt, die von den Registraren zwingend gezahlt werden müsse, um eine freiwerdende Domain zu registrieren; dabei sei die Höhe der Gebühr völlig unklar. Zudem machte man geltend, dass mit Name.com einer der größten Registrare zu Donuts gehört; er genieße damit bei Dropzone einen Wettbewerbsvorteil, da etwaige Zahlungen im Erfolgsfall von der linken in die rechte Tasche von Donuts fliessen würden. Doch bei ICANN teilt man diese Bedenken nicht. Am 24. September 2021 wandte sich Russ Weinstein, Vizepräsident GDD Accounts and Services bei ICANN, an Jeff Reberry, Mitgründer/COO von Turn-Commerce. Die Begründung klingt allerdings vage:
The information received in the Dropzone RSEP request was thoroughly evaluated pursuant to our process, which included consideration of the matters raised in your letter. ICANN org determined that the Dropzone service as submitted by Donuts Inc. on behalf of Binky Moon, LLC and Dog Beach, LLC does not raise any competition concerns requiring ICANN org to refer either RSEP to a relevant competition authority.
Eine konkrete Auseinandersetzung mit den Argumenten von TurnCommerce gibt es nicht. Ob sich ICANN nicht in die eigenen Karten schauen lassen will oder von der eigenen Position völlig überzeugt ist, bleibt daher unklar.
Trotz der Freigabe von ICANN hat Donuts den »Dropzone-Service« bisher noch nicht gestartet. Auch Angaben zum Startplan gibt es nicht, obwohl die neue Dienstleistung Domains unter ca. 200 neuen Top Level Domains betrifft. Auch bei der .com-Verwalterin VeriSign wird man genau hinsehen; dort musste man vor etwa 15 Jahren einen »Waiting List Service« (WLS) begraben, bei dem Kunden zum Preis von US$ 39,– Domains überwachen und registrieren konnten, die unter bestimmten Umständen frei werden. Gut möglich, dass er nun in veränderter Form wiederkommt und der Markt der ausgelaufenen Domains vor umwälzenden Reformen steht – oder jahrelange juristische Auseinandersetzungen folgen.