URS

tagheuer.digital geht in die Berufung

LVMH Swiss Manufactures SA scheiterte – wie berichtet – vor einigen Wochen im Streit nach der Uniform Rapid Suspension (URS) um tagheuer.digital, weil die ungenutzte Domain erst wenige Monate registriert war. Doch die URS bietet, anders als die UDRP, eine zweite Instanz. Von dieser machte die Beschwerdeführerin Gebrauch und erreichte dort nun die Suspendierung der Domain.

Die schweizerische LVMH Swiss Manufactures SA, Inhaberin unter anderem der Marke TAGHEUER, wandte sich an das National Arbitration Forum (NAF), um im Wege eines URS-Verfahrens die Domain tagheuer.digital suspendieren zu lassen. Inhaber der Domain ist GiftMobile P/L John R Stuckey mit Sitz in Australien, der im Verfahren vortrug, das seit 2013 aktive Unternehmen beabsichtige einen Geschenkkarten MMS- und eMail-Service für Wiederverkäufer unter der Endung .digital aufzubauen. Er sei berechtigt, eigene Interessen zu schützen und arbeite daran, eine wiedererkennbare und sichere Kommunikationsplattform aufzubauen, über die er Produkte kaufen und verkaufen könne. Der Entscheider in diesem Verfahren, der sehr renommierte koreanische Rechtsanwalt Ho-Hyun Nahm, wies die Beschwerde zurück (NAF Claim Number: FA1 509001637103). Er sah keine klaren und überzeugenden Anhaltspunkte für den Vorwurf, der Beschwerdegegner hätte die Domain lediglich zum Verkauf registriert. Passives Halten einer Domain könne als Hinweis für Bösgläubigkeit angesehen werden, doch sei die Domain erst seit vier Monaten registriert. Diese Zeitspanne passiver Registrierung reiche nicht aus, um dem Beschwerdegegner Bösgläubigkeit zu unterstellen, zumal er nachdrücklich dem Vorwurf der Beschwerdestellerin entgegengetreten war. Da die URS eine Berufungsmöglichkeit vorsieht, beschritt die Beschwerdeführerin diesen Weg.

Ein Dreier-Panel, besetzt mit Jonathan Agmon, Ahmet Akguloglu und Petter Rindforth, entschied über die Berufung. Die drei Fachleute bestätigten die Beschwerde und suspendierten die Domain tagheuer.digital (NAF Claim Number: FA1509001637103). Die Parteien trugen für das Berufungsverfahren weiter vor; das Panel entschied sich aber dagegen, die neuen Vorträge zu berücksichtigen. Es stellte zunächst die Markenidentität der Domain fest. Bei der Frage eines Rechts oder legitimen Interesses des Beschwerdegegners an der Domain ging das Panel auf dessen Argument ein, die Domain sei ja auf dem freien Markt zu erwerben gewesen, nachdem die Sunrise Period beendet war. Das Panel machte klar, dass Markenrechte nicht gelöscht oder aufgegeben werden, wenn der Markeninhaber die Sunrise Period nicht nutzt. In der Folge kämen hier die Registrierungsbedingungen des Domain-Providers zum Tragen, in denen es heißt, dass der Registrierende garantiert, dass er weder mit Registrierung des Domain-Namens noch mit der Nutzung die Rechte Dritter verletzt oder gegen Gesetze und andere Regularien verstößt. Damit sei es Pflicht des Registrierenden, diesen Vorgaben der Registrierungsbedingungen zu entsprechen. Weiter erklärte das Panel, der Umstand, dass der Beschwerdegegner die Domain nicht aktiv nutzt, spräche nicht für eine gutgläubige Nutzung und stelle keinen berechtigten „fair use“ der Domain dar. Demnach sah das Panel auf Seiten des Beschwerdegegners keine Rechte oder legitimen Interessen an der Domain.

Schließlich überprüfte das Panel die Bösgläubigkeit seitens des Domain-Inhabers, woran die Beschwerdeführerin in erster Instanz gescheitert war: Das Panel schaute sich den gesamten Vortrag des Beschwerdegegners an und schloss daraus, dass er die Domain registrierte, um die Beschwerdeführerin daran zu hindern, ihrerseits ihre Marke in Form der Domain wiederzugeben (»that the Respondent registered the disputed domain name in order to prevent the Complainant from reflecting the trademark in a corresponding domain name«). Die Domain sollte gar nicht in Erscheinung treten, denn der Gegner trage vor, er werde die Domain nicht für eine Webpräsenz nutzen, sondern für eMails. Dem Vortrag des Beschwerdegegners ist weiter zu entnehmen, dass er systematisch Domains nach dem Schema marke.digital registrierte, um sie für sein Geschäft zu nutzen. Das alles spricht aus Sicht des Panels für die bösgläubige Registrierung auch im Fall der Domain tagheuer.digital. Letztlich ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die Domain auch bösgläubig nutzen will, da er Kunden per MMS-Messages und eMails unter Nutzung der Marke der Beschwerdeführerin erreichen will, um sein Geschäft zu betreiben. Das dürfte, so das Panel, zu Missverständnissen hinsichtlich der Quelle, den Sponsoren, der Zugehörigkeit und der Billigung der Produkte des Beschwerdegegners bezüglich der Marke der Beschwerdeführerin führen. Angesichts der Bekanntheit der Marke TAGHEUER sei auszuschließen, dass der Beschwerdegegner die Domain in Unkenntnis derselben registrierte, was er zu guter Letzt auch selbst mitgeteilt hatte. Unter diesen Umständen ging das Panel davon aus, dass die Domain sowohl bösgläubig registriert als auch genutzt wurde. In der Folge entschied das Panel auf Suspendierung der Domain tagheuer.digital.

Mit der Berufungsentscheidung befindet sich die Angelegenheit wieder in ordentlichen Bahnen. Das Panel legt den Weg zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals Bösgläubigkeit nachvollziehbar dar. Man wünscht sich freilich ein paar Worte zur Argumentation des Fachmanns der ersten Instanz und eine klärende Auseinandersetzung mit dessen Argumentationslinie, insbesondere zu dem von ihm gesetzten Zeitfaktor für die Annahme von Bösgläubigkeit.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Disclaimer: domain-recht.de und der Domain-Newsletter sind Projekte des Starnberger Domain-Spezialisten united-domains AG. Die Domain tagheuer.digital ist von einem Kunden der US-amerikanischen Tochter der united-domains AG registriert.

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