Die Anspruchsgrundlagen Teil 3.3: § 14 MarkenG

Ansprüche aus dem Markenrecht

Nachdem wir die namensrechtlichen Ansprüche aus § 12 BGB und den markenrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 14 Markengesetz (MarkenG) besprochen haben (Teil 1 und 2), wenden wir uns dem Schadensersatzanspruch des § 14 MarkenG zu.

Schadensersatz

Der Schadensersatzanspruch des § 14 MarkenG ist in Absatz 6 geregelt. Dort heißt es:

„Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet.“

Dem Anspruch auf Schadensersatz geht in der Regel die Geltendmachung eines Auskunftsanspruch und eine Feststellungsklage voraus. Erst wenn Auskunft erteilt ist und der Schaden festgestellt ist, wird (bei Nichtzahlung) eine Zahlungsklage durchgeführt.

Wie Abs. 6 des § 14 MarkenG vorsieht, entsteht ein Schadensersatzanspruch, wenn die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Man spricht vom Verschulden oder vom Verstoß gegen Sorgfaltspflichten. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Sorgfaltspflichten stellt, sind streng. Fahrlässig handelt, wer keine Recherche nach eingetragenen Marken und in den Handelsregistern verzeichneten Firmennamen professionell durchführen und auswerten läßt. Benachbarte Branchen sind in die Recherche miteinzubeziehen. Nicht ausreichend ist eine auf die Identität der Zeichen ausgerichtete Recherche, es müssen immer auch ähnliche Zeichen in die Recherche miteinbezogen werden. Die Recherche muss regelmäßig aktualisiert werden, bis das eigene Zeichen benutzt wird.

Kommt man dieser Forderung nach Recherche nicht nach, handelt man sorgfaltswidrig und schuldhaft. Damit entsteht der Schadensersatzanspruch.

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass man sich geirrt hat bei der Einschätzung, es bestehe keine Gefahr der Verwechslung. Liegt ein solcher Irrum vor (und kann man das Gericht von ihm überzeugen), so entfällt der Schadensersatzanspruch.

Die Grenze für die Verwechslung zweier Zeichen ist oftgenug sehr schwammig und kann kaum dingfest gemacht werden. Der Maßstab für die Rechtfertigung eines solchen Irrtums über die Verwechslungsgefahr ist ebenfalls sehr streng: Ein Rechtsirrtum wird nur dann akzeptiert, wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen war. Fahrlässig handelt, wer sich erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in welchem er eine von der eigenen Einschätzung abweichenden Beurteilung der markenrechtlichen Zulässigkeit in Betracht ziehen muss.

Die Gerichte (LG und OLG München) waren selbst beim Streit zwischen der Shell AG und Herrn Dr. Shell um die Domain shell.de der Ansicht, Herr Shell habe schuldhaft gehandelt, mit der Folge, dass ein Schadensersatzanspruch der Shell AG grundsätzlich bejaht wurde.

Der Einwand des Irrtums ist auch bei noch so sorgfältiger Beiziehung anwaltlichen oder gar gutachterlichen Rates praktisch aussichtslos. Damit sieht die Sache ziemlich hoffnungslos aus, für jemanden, der das Kennzeichenrecht eines anderen durch die Benutzung eines Domain-Namens verletzt hat. Gleichwohl hört man kaum von Schadensersatzklagen. Das liegt an einem ganz anderen Problem:

Der Schaden
Der in seinen Rechten Verletzte muss seinen Schaden darlegen und ggf. beweisen. Aber wie bestimmt man den Schaden, der von der Nutzung eines Domain-Namens ausgeht?

Der Schaden wird nach drei unterschiedlichen Verfahren berechnet bzw. kann sich in dreierlei Art manifestieren. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf den tatsächlich erlittenen konkreten Vermögensnachteil einschließlich entgangenen Gewinns entsprechend den allgemeinen Gesetzen (§§ 249, 252 BGB). Dem Kennzeichnungsrechtsinhaber steht jedoch ein Wahlrecht zu. Er kann wahlweise auch die Herausgabe des Gewinns, den der Verletzer gemacht hat, oder Schadenersatz in Höhe einer Lizenzgebühr, die für die Nutzung angefallen wäre, fordern. Er kann alle drei Schadensberechnungsarten parallel geltend machen, muss sich letztendlich aber für eine der drei Möglichkeiten entscheiden.

Der entgangene Gewinn ist praktisch kaum berechenbar. Denn in der Regel gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte, mit denen man bestimmen könnte, welchen zusätzlichen Absatz der Kennzeicheninhaber gemacht hätte, wäre nicht die „Konkurrenz-Domain“ vorhanden gewesen.

Beim Verletzergewinn, der auch nicht gerade erfolgversprechende Berechnungsgrundlage ist, müsste der Kennzeicheninhaber nachweisen, welchen zusätzlichen Gewinn der Domain-Inhaber gerade aufgrund der Kennzeichennutzung gemacht hat. Das ist schlicht unmöglich.

Bleibt also noch die Lizenzanalogie. Hiermit gelangt man eher zu einem Ergebnis: Der Kennzeicheninhaber soll damit so gestellt werden, als hätte er dem Verletzer gegen Zahlung einer marktüblichen Lizenzgebühr gestattet, das Kennzeichen zu nutzen. Allerdings dürfte derzeit noch unklar sein, wie hoch marktübliche Lizenzgebühren für die Nutzung eines Domain-Namens sind.

Darüber hinaus gibt es aber einen weiteren Schaden, der aus der Marktverwirrung resultiert. Der Anspruch darauf steht neben dem zuvor behandelten Schadensersatzanspruch. Der Anspruch beruht auf der Zuordnungsverwirrung und Rufschädigung, die mit der Markenrechtsverletzung einhergeht. Hier eine Schadenshöhe zu bestimmen ist ebenfalls praktisch kaum möglich.

Es gibt also nachvollziehbare Gründe, warum man, gerade im Domain-Recht, kaum von geltend gemachten Schadensersatzansprüchen hört: Den tatsächlichen Schaden zu bestimmen ist praktisch kaum zu bewältigen. In der Praxis begegnet man deshalb in der Regel Klagen, in denen lediglich festgestellt wird, dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch besteht. So etwa in der Entscheidung vom 18.06.1999 des LG Magdeburg (Az. 36 O 11/99) über die Domain foris.de. Dort heißt es:

„Auch der Schadensersatzfeststellungsantrag der Klägerin ist im wesentlichen begründet. Da die Beklagten auf jede Recherche nach eingetragenen Marken oder in den Handelsregistern verzeichneten Firmennamen verzichtet haben, ist ihnen zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen (…). Die Klägerin ist seit 06.01.1997 im Handelsregister eingetragen. Für die Zeit danach hat die Beklagte schuldhaft gehandelt. Da ein Schaden wahrscheinlich ist (zumindest in Form des sogenannten Marktverwirrungsschadens), der Höhe nach aber noch nicht bezifferbar, hat die Klägerin auch ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO. Der Schadenersatzanspruch ist jedoch auf den Zeitraum ab 15.05.1997 zu begrenzen, da die Beklagte zu l erst an diesem Tag mit der beanstandeten Firma gegründet worden ist.“

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