Themen: nTLD-Programm – ICANN erhöht Budget um US$ 25 Mio. | AfriNIC – kippt das System der IP-Adressvergabe? | TLDs – Neues von .de, .hot und .ru | UDRP-Essay – Levine trennt Spreu und Weizen | .ch – Vertragsauslegung geht Streitbeilegung vor | Schneller dank KI – rush.ai bringt US$ 300.000,– | Berlin – INTA-Treffen im September 2025
NTLD-PROGRAMM – ICANN ERHÖHT BUDGET UM US$ 25 MIO.
Die Internet-Verwaltung ICANN hat das Budget für das Programm zur Einführung neuer generischer Top Level Domains nochmals kräftig aufgestockt: weitere US$ 25 Mio. sollen sicherstellen, dass der Startschuss wie geplant im 2. Quartal 2026 fällt.
Seit Juli 2023 liegt ICANN der „The new gTLD Program: Next Round Implementation Plan“ vor, auf dessen Grundlage die nächste Einführungsrunde vorbereitet wird. Vieles hat sich seither getan. So würde man mit dem Wechsel im Amt des US-Präsidenten den im „Implementation Plan“ noch hervorgehobenen Satz „The next round of the New gTLD Program will focus on diversity and inclusivity of the Domain Name System (DNS), including universal acceptance of new gTLDs as well as the inclusion of more IDNs.“ heute wohl nicht mehr finden; die Begriffe Diversity, Equity und Inclusion (DEI) sind weitgehend von der ICANN-Website verschwunden. Vor allem aber hat ICANN bereits erhebliche Mittel investiert. Die Umsetzung des Implementierungsplans erfordert Ressourcen für die Entwicklung und den Aufbau der wesentlichen Programminfrastruktur einschließlich der IT-Systeme, Betriebsabläufe und Antragsverfahren, die für den erfolgreichen Start des nTLD-Programms und dessen kontinuierliche Funktionsfähigkeit erforderlich sind. Bis März 2025 hat ICANN bereits US$ 37 Mio. der zuvor vom ICANN-Vorstand genehmigten US$ 45 Mio. für die Umsetzung ausgegeben; die restlichen US$ 8 Mio. reichen voraussichtlich nur noch bis zum 31. Juli 2025.
Damit ICANN die Implementierungsarbeiten gemäß den Anweisungen des Vorstands fortsetzen kann, hat man auf Empfehlung des Board Finance Committee (BFC) nun beschlossen, dass bis zum 30. April 2026 zusätzliche US$ 25 Mio. an Umsetzungsmitteln genehmigt werden. Das zusätzliche Budget schlüsselt sich auf in US$ 9,5 Mio. im Bereich Personal / Auftragnehmer (Personalkosten, Implementierung, IT-Systeme, Forschung, Community-Engagement, Bewerberleitfäden), US$ 5 Mio. externe Kosten (IT-Systementwicklung, Prozessdesign, Kommunikationsarbeit), US$ 3 Mio. interne Kosten (Büroinfrastruktur, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Kreditorenbuchhaltung) sowie US$ 7,5 Mio. als Reserve für unbekannte und schwer vorhersehbare Kosten. Der Großteil der Mittel stammt mit US$ 23 Mio. aus dem „Supplemental Fund for Implementation of Community Recommendations“ (SFICR), weitere US$ 2 Mio. aus den Antragsgebühren der Einführungsrunde des Jahres 2012. Letztgenannter Topf ist noch gut gefüllt; dort sind bei Bedarf weitere US$ 26 Mio. geparkt.
Zum Bewerbungsverfahren selbst hat ICANN für den 03. Juni 2025 ein Webinar angesetzt, um den vollständigen Entwurf des Bewerberhandbuchs (Applicant Guidebook, kurz: AGB) vorzustellen. Zugleich startet eine öffentliche Anhörung zum AGB. Es gab zwar bereits vier Kommentierungsphasen, die jedoch stets nur Teile des AGB betroffen haben; vom 30. Mai 2025 bis 23. Juli 2025 soll der Gesamtentwurf zur Überprüfung und Stellungnahme offenstehen. Damit deutet weiterhin alles darauf hin, dass der Startschuss für die kommende Einführungsrunde im 2. Quartal 2026 fällt; wann genau, hat ICANN bisher aber noch nicht öffentlich bestätigt.
Quelle: icann.org, eigene Recherche
AFRINIC – KIPPT DAS SYSTEM DER IP-ADRESSVERGABE?
Steht das System der weltweiten IP-Adressvergabe über fünf Regional Internet Registries vor dem Kollaps? Die juristische Schlammschlacht zwischen AfriNIC und Cloud Innovation Ltd. hat Folgen, die weit über Afrika hinausreichen könnten.
Fünf Regional Internet Registries (RIRs) kümmern sich weltweit um die Zuteilung von IP-Adressen: das Réseaux IP Européens Network Coordination Centre (RIPE NCC) für Europa, den Mittleren Osten und Teile von Zentralasien, die American Registry for Internet Numbers (ARIN) in USA, Kanada, Bermuda, den Bahamas und Teilen der Karibik, das Asia-Pacific Network Information Centre (APNIC) für die Region Asien und den Pazifik, die Latin American and Caribbean Internet Addresses Registry (LACNIC) für Lateinamerika und die Karibik sowie das African Network Information Centre (AfriNIC) für Afrika. Die RIRs sitzen damit an der Schnittstelle für eines der derzeit begehrtesten Güter im Internet: IP-Adressen im Format IPv4, denn rund um den Globus gehen diese Adressen aus. Zwar gibt es mit Adressen im Format IPv6 längst einen Nachfolger, definiert von der Internet Engineering Task Force (IETF); sie haben sich aus technischen (IPv4 funktioniert noch gut genug), wirtschaftlichen (erhebliche Kosten für Umstellungen bei Hardware, Software und Schulungen) und praktischen (alte Geräte oder Software unterstützen IPv6 nicht oder nur unvollständig) Gründen jedoch bisher nicht durchgesetzt. Um von diesem Adressmangel zu profitieren, hat sich Cloud Innovation Ltd. (CI), eine auf den Seychellen ansässige Unternehmung, auf den Verleih von IPv4-Adressen spezialisiert. Als Mitglied von AfriNIC hat CI etwa 6,2 Mio. IPv4-Adressen bezogen. Im Jahr 2020 fiel AfriNIC bei einer Prüfung jedoch auf, dass die Mehrzahl der IPv4-Adressen vertragswidrig außerhalb der AfriNIC-Region eingesetzt wird; daher drohte man CI den Entzug der IPv4-Adressen an.
Und damit wurde ein Stein ins Rollen gebracht, der das System der RIRs ins Wanken bringen könnte. Nach Recherchen des Online-Magazins heise.de steht hinter CI der Hongkonger IP-Adresshändler Lu Heng, der sich seit Jahren einen millionenschweren Streit mit AfriNIC liefert. Doch der Konflikt könnte sich auch auf andere RIRs ausweiten, denn anlässlich der Mitgliederversammlung des RIPE am 14. Mai 2025 in Lissabon stellte er die anwesenden Mitglieder vor die Wahl: entweder, sie nehmen sie Nummernportabilität für IP-Adressblöcke ins neue Grundsatzdokument der globalen IP-Adressverwalter mit auf oder sie müssen sich auf kartell- und wettbewerbsrechtliche Klagen einstellen, „die zig Millionen Dollar kosten könnten.“ Konkret sei das Exklusivrecht zur Vergabe von IP-Adressen innerhalb einer Region problematisch; die RIRs hätten sich den globalen Markt praktisch aufgeteilt. Außerdem behindere man durch Beschränkungen beziehungsweise den Ausschluss von Nummernportabilität etwaige Wettbewerber. Wie heise.de weiter berichtet, hat Heng noch keine formale Beschwerde bei den niederländischen oder europäischen Wettbewerbshütern eingereicht; er behalte sich diesen Schritt aber ausdrücklich vor. „Wir sprechen uns für Reform, nicht Ablösung aus und wollen, dass Rechte wie Portabilität, fairer Zugang und korrekte Verfahren sichergestellt werden, zur Stärkung und Vermeidung regulatorischer Übergriffe.“ so Heng gegenüber heise.de. Ob das System der RIRs und die damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Gesetzeslage in Einklang stehen, stand bisher außer Frage, ist höchstrichterlich aber ungeklärt.
Für Robert Duigan von capeindependent.com, der sich eingehend mit CI beziehungsweise Heng beschäftigt und deshalb mehrmals Abmahnungen erhalten hat, steht fest: „He aims to break apart the regional governance system, and create a single ‚unregulated‘ market under the guidance of his conflicted interests. This could see the end of the internet as we know it, and possibly create a new global tech giant on the back of little more than lawfare, gatekeeping and rentiership“.
Den Artikel von heise.de finden Sie unter:
> https://www.heise.de/news/IP-Adressvergabestellen-unter-Beschuss-Einschuechtern-klagen-uebernehmen-10386278.html
Quelle: heise.de, eigene Recherche
TLDS – NEUES VON .DE, .HOT UND .RU
Unter .hot wirds heiß: die erst seit kurzer Zeit verfügbare Top Level Domain scheint bei Escort-Dienstleistern besonders beliebt zu sein. Derweil legt die DENIC eG Rechenschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2024 ab, während .ru-Inhalte möglicherweise bald nur noch von russischen Hostern angeboten werden dürfen – hier unsere Kurznews.
Die .de-Verwalterin DENIC eG hat ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2024 vorgestellt. Der europaweite Negativtrend beim Domain-Wachstum war auch für die DENIC eine echte Herausforderung. Umso erfreulicher ist es, dass man ein kleines Plus bei den Registrierungszahlen verzeichnen konnte: es ging von 17.653.928 hinauf auf per 31. Dezember 2024 offiziell bestätigte 17.661.679 .de-Domains. Auf nationaler Ebene konnten sechs Bundesländer mit einem Plus aufwarten, besonders Hamburg und Niedersachsen konnten zulegen. Aber auch im Übrigen zeigt sich die DENIC gewappnet: ein neues Registrierungsinterface erfüllt alle Anforderungen, die sich durch die NIS-2 stellen. Und vor allem international konnte man zulegen. Im Dezember 2024 wurde der IGF-D Verein gegründet, über den sich die Registry als aktiver Gestalter und Förderer für die globale Community und die digitale Zukunft des Internets einbringen will. Außerdem zeigt man Engagement in internationalen Gremien und rund um WSIS+20, darunter beim High Level Forum und in der Technical Community Coalition for Multistakeholderism (TCCM); dort wird man sich künftig in einer Taskforce aktiv einbringen, die für die Stärkung des Multistakeholder-Ansatzes eintritt. Wer mehr wissen will: der 17-seitige Tätigkeitsbericht steht ab sofort zum kostenlosen Download bereit.
Seit dem 12. Mai 2025 nimmt die Amazon Registry Services Inc. im Rahmen einer „Early Access Period“ Registrierungen für Domain-Namen mit der Endung .hot entgegen. Ebenso heiß wie die Top Level Domain selbst könnten auch die Domain-Inhaber sein. Nach Recherchen von Domain-Blogger Kevin Murphy ist .hot bisher vor allem im Bereich der erotischen Dienstleistungen begehrt: „All the day-one registrations (in multiple languages) look set to be used for escort services“, so Murphy. So tauchten am 13. Mai 2025 insgesamt elf, darunter folgende sechs Domains auf: acompanhantes.hot, escort.hot, escorts.hot, incontri.hot, prepagos.hot und trans.hot. Bei den zwei weiteren neuen Amazon-Endungen .free und .spot sind Registrierungen (be.free, bible.free, sql.free, high.spot und hub.spot) in dieser Richtung eher unverdächtig. Zumindest die „earyl adopters“ scheinen .hot damit in einer Reihe mit .xxx, .sex oder .sexy zu sehen. Ob sich dieser Trend fortsetzt, werden die weiteren Registrierungen zeigen; Amazon erlaubt eine allgemeine und freie Registrierung nach dem Grundsatz des „first come, first served“.
Russland bereitet einschneidende Änderungen für die Inhaber von .ru-Domains vor. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur TASS beabsichtigt der Föderale Dienst für die Aufsicht im Bereich der Informationstechnologie und Massenkommunikation (Roskomnadsor), die russische Regulierungs-, Aufsichts- und Zensurbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz, Einschränkungen für ausländische Hosting-Anbieter. Grundlage sei das Bundesgesetz Nr. 406-FZ, das Hosting-Anbieter dazu verpflichtet, Informationssicherheit in ihrer Infrastruktur zu gewährleisten und mit dem Zentrum für Überwachung und Kontrolle des öffentlichen Kommunikationsnetzes (CMCN PPCN) zur Abwehr von DDoS-Angriffen zusammenzuarbeiten. Einige ausländische Unternehmen hätten diese Anforderungen jedoch nicht erfüllt. Roskomnadzor empfiehlt daher, Webseiten bei Organisationen zu hosten, die die russischen Gesetze gewissenhaft einhalten und im Register der Hosting-Anbieter eingetragen sind. Praktisch könnte dies bedeuten, dass Inhalte unter .ru-Domains nur noch von russischen Hostern angeboten werden dürfen. Sollte eine solche Hosting-Anforderung tatsächlich umgesetzt werden, wäre dies kein Präzedenzfall; für die .kz-Domain in Kasachstan gelten ähnliche Regeln. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber noch nichts bestätigt, Fristen gibt es keine. Für Domains mit aktiven, lokalisierten Inhalten kann eine Migration zu einem russischen Hosting-Anbieter angesichts der dynamischen Entwicklung jedoch bereits in Kürze notwendig sein.
Den „Tätigkeitsbericht 2024“ der DENIC eG finden Sie unter:
> https://www.denic.de//fileadmin/public/documents/activity_report/Taetigkeitsbericht_2024_DE.pdf?ref=blog.denic.de
Quelle: denic.de, domainnamewire.com, iptwins.com
UDRP-ESSAY – LEVINE TRENNT SPREU UND WEIZEN
In einer aktuellen Artikelserie geht Gerald M. Levine wieder einmal die Grenzbereiche bei Entscheidungen von UDRP-Verfahren durch. Bisher sind zwei von drei Teilen des Essay erschienen.
Domain-Anwalt und UDRP-Panelist Gerald M. Levine stellt sich wieder einmal die Frage nach den Grenzen zwischen den 95 Prozent klarer Cybersquatting-Fälle bei UDRP-Verfahren und den 5 Prozent, bei denen Beschwerdeführer scheitern. Im ersten Teil des Essay mit dem Titel „Unsorting the Clear from the Unclear“ legt er den Schwerpunkt auf die 95 Prozent, bei denen die Beschwerdeführer erfolgreich gegen missbräuchliche Domain-Registrierungen vorgehen. Für diese klaren Fälle ist die UDRP konzipiert. Der Beschwerdeführer trägt die Beweislast nachzuweisen, dass er Inhaber eines Markenzeichens (eingetragen oder nicht eingetragen) ist, der Gegner keine Rechte oder legitimen Interessen an der Domain hat und er zudem die Domain in bösem Glauben registriert hat und nutzt. Die Erfolgsquote bei 95 Prozent der Fälle ist deshalb so gut, weil in diesen Fällen die Domain-Inhaber aus guten Gründen selten antreten, weil ihre Registrierungen nicht verteidigbar sind. Die 5 Prozent anderer Verfahren sind aber diejenigen, an denen sich die Rechtsprechung entwickelt. Im Weiteren gibt Levine einige praktische Beispiele, an welchen Stellen es bei den vermeintlich klaren Fällen hapert und sie sich in die Gruppe der 5 Prozent verlagern. Hier kann insbesondere das mittlere Element der UDRP zum Drehpunkt werden: Legt der Beschwerdeführer einen Anscheinsbeweis dafür vor, dass der Gegner keine Rechte oder berechtigten Interessen an der streitbefangenen Domain hat, so obliegt es dem Gegner nachzuweisen, dass er ein solches Recht oder Interesse hat. Gelingt es dem Beschwerdeführer jedoch nicht, den Anscheinsbeweis zu erbringen oder kann der Gegner ihn erfolgreich widerlegen, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden. Mit ordentlichem Vorbringen des Gegners an diesem Punkt kann er zugleich das dritte Element der UDRP, die Bösgläubigkeit seines Handelns, aushebeln. Die Anforderungen an eine glaubhafte und glaubwürdige Beweisführung sind damit im Grunde gleichmäßig verteilt. Ergeben sich beim Entscheider Zweifel am Vortrag des Beschwerdeführers, so entscheidet er zugunsten des Gegners. Das weitere Problem auf beiden Seiten liegt für Levine in den Leitlinien der Streitbeilegungsordnung, die den Parteien bei der Formulierung ihres Vorbringens helfen soll, aber sich dabei recht bescheiden ausnimmt. Sie setzt mehr Praxiswissen voraus, als eine nicht von einem Fachmann vertretene Partei wissen kann. Das Fachwissen ergibt sich insbesondere durch Kenntnis der Rechtsentwicklung und Rechtsprechung in UDRP-Verfahren und des WIPO Overview 3.0.
Teil 2 seines Essay trägt den Titel „Demands and Expectation“. Levine geht darin auf „Forderungen und Erwartungen“ im UDRP-Verfahren ein, die der Entscheider an die Parteien stellt. Er erwartet zweierlei Art von Beweisen: direkte in Form von Dokumenten, Erklärungen oder eidesstattlichen Versicherungen von Personen mit persönlicher Kenntnis der Fakten, oder Schlussfolgerungen aus indirekten Beweisen, etwa wenn der Domain-Inhaber seinen Sitz dort hat, wo die vermeintlich bekannte Marke des Beschwerdeführers unbekannt ist, oder eine zum Zeitpunkt des Verfahrens bekannte Marke zum Zeitpunkt der Domain-Registrierung noch unbekannt war. Beschwerdeführer scheitern in 5 Prozent der Fälle, wenn sie keine überzeugenden oder glaubwürdigen Beweise vorlegen können oder wenn ihre Argumente derart schwach sind, dass schon das Beharren auf ihren Rechten zeigt, dass sie diese übertreten, und zwar unabhängig davon, ob der Gegner erscheint. Auch hier zeigt Levine anhand zahlreicher Beispiele, wo die Problempunkte der 5 Prozent-Verfahren liegen. Dabei zeigt sich, dass auch Rechtsprofis scheitern, weil sie die Reduziertheit des UDRP-Verfahrens nicht begreifen und auf Anforderungen in Zivilrechtsverfahren eingehen, die an dieser Stelle keine Bedeutung haben. Da das UDRP-Verfahren ein summarisches Verfahren ist, müssen alle Tatsachen samt Beweisen gleich auf den Tisch. Weiteren Vortrag, um Versäumtes nachzutragen, gibt es nur in einem besonderen Ausnahmefall: wenn der Gegner etwas vorbringt, womit nicht zu rechnen war. Das Scheitern von Beschwerdeführern liegt oft an ihren Behauptungen und nicht an Beweisen. So werden Beschwerden „nach bestem Wissen und Gewissen“ eingereicht, was kein Beweis ist, oder es wird ein Katalog von Verstößen angeführt, die nicht durch Beweise belegt sind. Gegen Ende des 2. Teils des Essay listet Levine 12 typische Fehler mit Beispieldomains als Verweis auf die jeweiligen Verfahren, die in den Jahren 2024 und 2025 in der Gruppe der 5 Prozent-Fälle gemacht wurden. Dazu gehören der Bezug auf Marken, für die Ausschließlichkeit beansprucht wird, obwohl sie sich aus Wörtern aus dem kulturellen Fundus zusammensetzen, Beanspruchung nicht eingetragener Rechte, ohne den Nachweis der erlangten Unterscheidungskraft zu erbringen, Geltendmachung von Rechten, die erst nach Registrierung der Domain entstanden sind, usw.
Die Informationen, die Levine liefert, sind wie immer sehr eingängig und informativ. Für Juristen, die mit UDRP-Verfahren zu tun haben, sei die Lektüre dringlich empfohlen. Im dritten Teil seines Essay, der sicher in den kommenden Tagen erscheint, blickt Levine zurück. Er trägt den Titel „Part 3: How did a UDRP Jurisprudence come to be built?“.
Sie finden den ersten und den zweiten Teil des Essay von Gerald M. Levine unter:
> https://www.internetcommerce.org/udrp/essay-part-1-unsorting-the-clear-from-the-unclear-by-gerald-m-levine/
> https://www.internetcommerce.org/udrp/essay-part-2-demands-and-expectations-by-gerald-m-levine/
Quelle: internetcommerce.org
.CH – VERTRAGSAUSLEGUNG GEHT STREITBEILEGUNG VOR
In einem Streit um zwei Schweizer Domains zeigte sich im Vortrag der Parteien, dass das Verfahrensreglement für Domain-Namen unter den Endungen .ch und .li nicht geeignet ist, bestehende vertragsrechtliche Fragen zu klären.
Die am 20. Juli 2016 gegründete Schweizer Primestay Holding AG investiert in Unternehmen, die Immobilien entwickeln und managen, und bietet Dienstleistungen im Bereich Administration für diese Unternehmen an. Sie ist Inhaberin einer am 15. November 2016 beantragten und am 15. Mai 2017 eingetragenen Schweizer Marke „PRIMESTAY“. Weiter ist sie Inhaberin der am 06. Januar 2016 registrierten Domain primestay.com sowie der am 22. Mai 2016 registrierten Domain primestay.ch. Gegner ist die Primestay Residence AG, die im Jahr 1988 ursprünglich unter der Firma BFS Trading AG gegründet wurde und am 17. August 2016 zu Primestay Residence AG umfirmierte. Sie ist Inhaberin der am 30. August 2016 registrierten Domains primestay-residence.ch und primestayresidence.ch, die zu keiner aktiven Webseite führen. Beide Parteien des UDRP-Verfahren scheinen bis 2019 unter gemeinsamer Kontrolle gestanden zu haben. Auf Grundlage eines Vertrages vom 28. August 2019 verkauften Elvis Fazlic und Thomas Schmitt ihre gesamten Unternehmensanteile an der 3V Group AG, die Mutter der Gegnerin des UDRP-Verfahrens ist, an Mario Viazzoli. Am 18. und 20. Juni 2020 unterzeichneten die Verkäufer und der Käufer, auch im Namen der Beschwerdeführerin und der Gegnerin, eine Vereinbarung zur Beilegung bestimmter Streitpunkte. Wegen der Domains primestay-residence.ch und primestayresidence.ch startete die Primestay Holding AG ein UDRP-Verfahren, da sie ihre Rechte an dem seit Januar 2016 mit ihrer Domain primestay.ch (die auf primestay.com weiterleitet) genutzten Kennzeichen „PRIMESTAY“ verletzt sieht. Die Gegnerin nutze den Begriff erst seit August 2016, als sie die Firma von BFS Trading AG zu Primestay Residence AG änderte. Die Beschwerdeführerin stützt sich dabei auf Art. 956 des Schweizer Obligationenrecht (OR), welches die Firma von Unternehmen schützt, das Schweizer UWG und das im Schweizer Zivilgesetzbuch geregelte Namensrecht.
Die Gegnerin hielt unter anderem entgegen, die Marke „PRIMESTAY“ sei erst nachdem sie die Firma in Primestay Residence AG geändert hatte, beantragt worden; ihre beiden Domains primestay.ch und primestay.com nutze die Beschwerdeführerin erst seit kurzer Zeit und nur für eine statische Website. Die Gegnerin verweist darauf, dass die Beschwerdeführerin selbst bzw. ihre Vertreter die Domains primestay-residence.ch und primestayresidence.ch registriert hätte und ihm Rahmen des Verkaufs der Unternehmensanteile und der Änderung die Firma der Gegnerin von BFS Trading AG in Primestay Residence AG in die Hände der Gegnerin übertragen hätte und seitdem deren Nutzung durch die Gegnerin gebilligt habe. In der am 18. und 20. Juni 2020 getroffene Vereinbarung hätten die Vertragsparteien schließlich alle noch offenen Fragen geklärt, wobei die Gegnerin nicht verpflichtet worden wäre, ihre Firma zu ändern oder die Domains aufzugeben.
Als Entscheider wurde der Schweizer Rechtsanwalt Andrea Mondini tätig, der die Beschwerde zurückwies, weil es hier um Vertragsrechtsfragen gehe, die die Möglichkeiten des Verfahrensreglements für Streitbeilegungsverfahren für .CH und .LI Domain-Namen übersteige (WIPO Case No. DCH2024-0014). Er bestätigte, dass nach Schweizer Recht ein unterscheidungskräftiges Zeichen „PRIMESTAY“ zugunsten der Beschwerdeführerin besteht. Dann aber stellte er einleitend fest, dass es sich in erster Linie um eine vertragliche Auseinandersetzung handele. Zum Zeitpunkt, da die streitbefangenen Domains registriert wurden, scheinen sich beide Parteien unter gemeinsamer Kontrolle befunden zu haben. Laut Handelsregister war Thomas Schmitt, einer der beiden Verkäufer, Vorstandsvorsitzender beider Unternehmen, womit die streitbefangenen Domains im Einverständnis mit der Beschwerdeführerin registriert wurden. Im damaligen Kaufvertrag war geregelt, dass die Käuferin den Namen „Prime Residence“ bis zum 31. August 2020 verwenden darf. In der sich dann anschließenden, am 18. und 20. Juni 2020 getroffene Vereinbarung zur Klärung von Fragen ist eine Klausel enthalten, dernach alle Ansprüche zwischen den Parteien, einschließlich der von ihnen vertretenen Gesellschaften, vollständig und endgültig geregelt sind. Dies warf für Mondini Fragen zur Auslegung der Verträge und Vereinbarungen sowie deren Wirkung im Hinblick auf die streitbefangenen Domains auf, die über eine Vertragsauslegung nach Schweizer Recht zu klären seien. Aus diesem Grunde sei dies kein Fall im Anwendungsbereichs des Verfahrensreglements, sondern für ein staatliches Gerichtsverfahren, indem durch eine ordnungsgemäße Beweisaufnahme die Vertragsauslegung erfolgen könne.
Die UDRP-Entscheidung über die Domain primestay-residence.ch finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/en/domains/decisions/pdf/2024/dch2024-0014
Das Verfahrensreglement für Streitbeilegungsverfahren für .CH und .LI Domain-Namen finden Sie unter:
> https://www.wipo.int/amc/de/domains/cctld/ch/index.html
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de
Quelle: wipo.int, eigene Recherche
SCHNELLER DANK KI – RUSH.AI BRINGT US$ 300.000,–
Die vergangene Domain-Handelswoche zeigt drei starke Käufe im fünfstelligen US$-Bereich, mit rush.ai zum Preis von US$ 300.000,– (ca. EUR 267.857,–) an erster Stelle.
Die Kommerzendung .com schafft es mit der Drei-Zeichen-Domain uig.com zum Preis von immerhin US$ 280.000,– (ca. EUR 250.000,–) nicht an die erste Stelle. Die Domain rulz.com kommt auf EUR 9.500,–, nachdem sie im Februar 2020 bei US$ 3.750,– (ca. EUR 3.442,–) lag. Ebenfalls verbessert hat sich plaw.com mit aktuell US$ 8.999,– (ca. EUR 8.035,–) gegenüber US$ 2.050,– (ca. EUR 1.370,–) im Februar 2008. Und fitnessrx.com kommt jetzt auf US$ 5.000,– (ca. EUR 4.464,–), verbessert sich also etwas gegenüber den im September 2006 erzielten US$ 4.152,– (ca. EUR 3.270,–).
Unter den Länderendungen steht erwartungsgemäß eine .ai-Domain aus Anguilla an erster Stelle: rush.ai führt diese Woche mit US$ 300.000,– (ca. EUR 267.857,–) an. Der Funke sprang über für champion.ai von US$ 1.121,– (ca. EUR 992,–) im Juli 2020 auf jetzt US$ 89.500,– (ca. EUR 79.911,–) über.
Die neuen generischen Endungen bieten mit recess.xyz zumindest eine Domain im fünfstelligen Dollar-Bereich; sie erzielt US$ 17.888,– (ca. EUR 15.971,–). Die klassischen generischen Endungen vertrauen auf capetown.org zum Preis von US$ 13.391,– (ca. EUR 11.956,–). Die vergangene Domain-Handelswoche liegt mit ordentlichen Zahlen unter .ai und .com sehr gut im Jahresvergleich.
Länderendungen
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rush.ai – US$ 300.000,– (ca. EUR 267.857,–)
seed.ai – US$ 225.000,– (ca. EUR 200.893,–)
champion.ai – US$ 89.500,– (ca. EUR 79.911,–)
ponder.ai – US$ 65.000,– (ca. EUR 58.036,–)
segura.ai – US$ 50.000,– (ca. EUR 44.643,–)
gry.ai – EUR 17.000,–
metal.co.uk – GBP 16.000,– (ca. EUR 19.014,–)
normal.bg – EUR 15.000,–
windsurf.de – EUR 15.000,–
wallpapers.de – EUR 12.500,–
bcgame.at – EUR 9.500,–
mexc.eu – EUR 9.500,–
bookie.de – EUR 8.500,–
cmo.nl – EUR 6.499,–
giga.in – US$ 7.000,– (ca. EUR 6.250,–)
nexusai.de – EUR 5.999,–
9x.de – EUR 5.666,–
dart-europe.eu – US$ 5.542,– (ca. EUR 4.948,–)
te-im.de – EUR 5.355,–
artificial.si – US$ 4.999,– (ca. EUR 4.463,–)
sudokugratuit.fr – EUR 4.500,–
Neue Endungen
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recess.xyz – US$ 17.888,– (ca. EUR 15.971,–)
lets.golf – US$ 7.200,– (ca. EUR 6.429,–)
end.game – US$ 2.365,– (ca. EUR 2.112,–)
eng.art – US$ 1.625,– (ca. EUR 1.451,–)
Generische Endungen
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capetown.org – US$ 13.391,– (ca. EUR 11.956,–)
ztc.org – US$ 9.888,– (ca. EUR 8.829,–)
foundingfathers.info – US$ 5.350,– (ca. EUR 4.777,–)
wisc.org – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.464,–)
mcb.org – US$ 4.500,– (ca. EUR 4.018,–)
.com
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uig.com – US$ 280.000,– (ca. EUR 250.000,–)
ffsn.com – US$ 75.000,– (ca. EUR 66.964,–)
bookz.com – US$ 48.000,– (ca. EUR 42.857,–)
blueconomy.com – US$ 25.000,– (ca. EUR 22.321,–)
vaus.com – US$ 25.000,– (ca. EUR 22.321,–)
hypernetwork.com – US$ 21.000,– (ca. EUR 18.750,–)
containerpark.com – US$ 19.000,– (ca. EUR 16.964,–)
autodor.com – US$ 15.500,– (ca. EUR 13.839,–)
nafas.com – US$ 15.500,– (ca. EUR 13.839,–)
firedynamics.com – US$ 14.766,– (ca. EUR 13.184,–)
vitd.com – US$ 12.740,– (ca. EUR 11.375,–)
rulz.com – EUR 9.500,–
turbosearch.com – US$ 10.000,– (ca. EUR 8.929,–)
visualscience.com – US$ 10.000,– (ca. EUR 8.929,–)
bagattini.com – US$ 9.888,– (ca. EUR 8.829,–)
thecenterparty.com – US$ 9.500,– (ca. EUR 8.482,–)
plaw.com – US$ 8.999,– (ca. EUR 8.035,–)
megadream.com – EUR 8.000,–
bactoflor.com – US$ 7.900,– (ca. EUR 7.054,–)
dictionaries.com – US$ 6.000,– (ca. EUR 5.357,–)
avvail.com – US$ 5.690,– (ca. EUR 5.080,–)
deltaprecision.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.464,–)
fitnessrx.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.464,–)
roofingandsiding.com – US$ 5.000,– (ca. EUR 4.464,–)
Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de
Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com
BERLIN – INTA-TREFFEN IM SEPTEMBER 2025
INTA kommt mit ihrem Trademark Administrators & Practitioners (TMAP) Meeting im September 2025 nach Berlin. Die vom 28. bis 30. September stattfindende Fortbildungsveranstaltung richtet sich unter anderem an Markenverwalter und Praktiker.
Die International Trademark Association (INTA) ist ein weltweiter Verband von Markeninhabern und Fachleuten, die sich für Marken und ergänzendes geistiges Eigentum einsetzen. Zu den regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen der INTA zählt auch das Trademark Administrators & Practitioners (TMAP) Meeting. Das Meeting richtet sich an Markenverwalter, Rechtsanwaltsgehilfen, junge Praktiker und Anwälte, die globale Markenportfolien betreuen. In diesem Jahr findet das TMAP-Meeting vom 28. bis 30. September in Berlin statt. Ein Grund dafür ist die zentrale Rolle der Europäischen Union bei der Gestaltung globaler Trends im Bereich des geistigen Eigentums. Themen der Veranstaltung sind unter anderem die KI-Gesetzgebung und die neuesten Werkzeuge auf diesem Gebiet sowie wichtige Entwicklungen im Markenrecht und bewährte Verfahren zum Markenschutz. Neben dem Fachfortbildungsprogramm gibt es zahlreiche Möglichkeiten, im Rahmen von Business-Development-Networking-Exkursionen Berlin kennenzulernen.
Das diesjährige INTA Trademark Administrators & Practitioners Meeting findet vom 28. bis 30. September 2025 im Mercure Hotel MOA Berlin, Stephanstrasse 41 in 10559 Berlin statt. Bis 27. Juni 2025 gibt es noch Early Bird-Tickets. Die Ticketpreise variieren, je nach Staus, zwischen US$ 328,– und US$ 2.232,–.
Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://www.inta.org/events/2025-trademark-administrators-and-practitioners-tmap-meeting/
Quelle: inta.org, eigene Recherche