Themen: Cybersquatting – ICANN suspendiert OpenTLD | Domain Name Arbitration – Buchtipp für Praktiker| TLDs – Neues von .bible, .shop und .swiss | BGH – Löschpflicht auch bei einzelnen Passagen | LG Gießen – Admin-C strafrechtlich verantwortlich | html5.com – Coding für US$ 50.209,- | DAVIT – 14. Bayerischer IT-Rechtstag in München
CYBERSQUATTING – ICANN SUSPENDIERT OPENTLD
Die Internet-Verwaltung ICANN hat dem holländischen Registrar OpenTLD B.V. untersagt, Anmeldungen für Domains mit neuer Top Level Domain vorzunehmen. Der Vorwurf wiegt schwer: Ermittlungen von ICANN haben ergeben, dass sich OpenTLD als Cybersquatter betätigt hat.
Ende Mai 2015 war bekannt geworden, dass OpenTLD B.V. und dem Tochterunternehmen Stichting OpenTLD WHOIS Proxy gleich in zwei Verfahren vor dem Schiedsgericht der WIPO Cybersquatting vorgeworfen wurde. Im Verfahren Case No. DME2015-0002 hatte sich der deutsche Registrar Key-Systems GmbH gegen die Registrierung der beiden Domains key-systems.cc und rrpproxy.me gewandt und obsiegt; im Verfahren Case No. D2015-0428 sah sich die Londoner NetEarth Group Inc. durch die Registrierung der Domain netearthone.biz ebenfalls in ihren Rechten verletzt. Beide Registrare beriefen sich mit Erfolg darauf, dass OpenTLD die Domains jeweils dazu nutzte, um Nutzer auf das eigene Internetangebot umzuleiten. WIPO-Panelist William R. Towns sah sich daraufhin veranlasst, ICANN über diese Vorfälle zu informieren. Dort war man bereits sensibilisiert, nachdem sich der US-Registrar GoDaddy Inc. im Februar 2015 wegen der Domains godaddy.cf und godaddy.ml beschwert hatte; auch Tucows hatte ähnliches berichtet. ICANN sprach in der Folge im Juni 2015 eine Abmahnung aus. Da OpenTLD nicht wie gefordert reagierte, suspendierte ICANN das Unternehmen bereits mit Wirkung ab 8. Juli 2015 für 90 Tage von der Registrierung von Domains mit neuer Endung.
Hiergegen wandte sich OpenTLD mit einem am 7. Juli 2015 eingeleiteten Eilverfahren beim International Centre for Dispute Resolution. Das Unternehmen berief sich darauf, dass ICANN unverhältnismäßig gehandelt habe, zumal mangels vorheriger Abmahnung die Voraussetzungen für eine Suspendierung nicht gegeben seien. Dieser Ansicht folgte das Schiedsgericht allerdings nicht. ICANN müsse in Fällen offensichtlichen Cybersquattings die Möglichkeit haben, sofort einzuschreiten, um Schaden von der Gemeinschaft der Internetnutzer abzuwenden. Von besonderer Bedeutung war, dass OpenTLD nicht nur einmal, sondern insgesamt mindestens neun Mal Markenrechte der unmittelbaren Konkurrenz durch die Registrierung verletzt habe, so dass von einem „pattern“, also einen gezielten Verhalten im Rahmen einer konzertierten Aktion, auszugehen ist. Würde man dieses Verhalten tolerieren, bestehe das Risiko, dass Markenrechte auch zum Nachteil der Verbraucher ausgebeutet werden könnten. OpenTLD habe nicht ausreichend dargelegt, wie ein solches Verhalten künftig verhindert werde; folglich wies das Gericht den Eilantrag zurück. OpenTLD hat bereits reagiert; auf seiner Website steht der Hinweis „No new gTLD registrations or inbound transfers will be accepted from 26 August 2015 through 24 November 2015.“
Mit diesem Verhalten rückt nicht nur OpenTLD in ein schlechtes Licht, auch der mit dem Registrar verbundene Reseller Freenom dürfte davon kaum profitieren. Freenom ist hierzulande für den Betrieb der Landesendung .tk (Tokelau) bekannt, die mit über 20 Millionen Domains als die größte ccTLD weltweit gilt. Allerdings werden die meisten .tk-Domains gratis vergeben, so dass ein ernsthafter Vergleich mit TLDs wie .de, .ch oder .at nicht möglich ist.
Die Entscheidung des International Centre for Dispute Resolution finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1240
Quelle: icann.org
DOMAIN NAME ARBITRATION – BUCHTIPP FÜR PRAKTIKER
Seit ihrer Einführung im Jahr 1999 hat sich die Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) als weltweit anerkanntes Streitschlichtungsverfahren etabliert. Der New Yorker Rechtsanwalt Gerald M. Levine hat nun ein Buch veröffentlicht, das in Sachen UDRP-Praxis neue Maßstäbe setzt.
„Domain Name Arbitration: A Practical Guide to Asserting and Defending Claims of Cybersquatting Under the Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy“ – so mächtig wie sein Name, ist auch der Umfang des rund 550 Seiten starken Kommentars. Doch während andere Fachbücher den Platz mit technischen Rahmenbedingungen zu Domain-Namen füllen, konzentriert sich Levine ausschliesslich auf die UDRP. Nach einer fundierten Einführung in die historischen Ursprünge der UDRP und die grundlegenden Prinzipien erläutert Levine, wie ihr Anwendungsbereich im Rahmen der Domain-Registrierung eröffnet wird, um sodann den Grundsatz zu betonen, dass die Verantwortung dafür, mit der Registrierung keine Rechte Dritter zu verletzen, beim Anmelder liegt. Ebenfalls kurz angesprochen werden die inzwischen üblichen Sunrise-Phasen sowie die verbreitete Nutzung von Proxy- und Privacy Services.
Der für den UDRP-Praktiker wichtigste Teil beginnt mit Kapitel 4, überschrieben als „Complainant’s Burden of Proof“. Darin erläutert Levine im Detail, was der Antragsteller (oder sein anwaltlicher Vertreter) vorzutragen hat, um erfolgreich zu sein. Das beginnt mit der Marke, auf die sich der Antragsteller stützt. Dabei erkennt die UDRP nicht nur eingetragene Marken an, sondern eine Vielzahl von „unregistered marks“, für die allerdings dann erhöhte Anforderungen an den Vortrag gelten, um darauf Rechte stützen zu können; selbst bloße Markenanmeldungen können ausreichen, wie etwa der Fall „Martha Stewart Living Omnimedia, Inc. v. Joe Perez“ zeigt. Hier besticht „Domain Name Arbitration“ durch eine nahezu unüberschaubare Zahl an Fussnoten und Verweisen auf einschlägige UDRP-Urteile, die es dem Praktiker wesentlich erleichtern, Leitentscheidungen zu finden und so den eigenen Fall sorgfältig zu subsumieren. Dieses beeindruckende Maß an Details findet auch bei den übrigen Tatbestandsmerkmalen der UDRP wie der bösgläubigen Registrierung und Nutzung der Domain seine Fortsetzung. Positiv fällt dabei auf, dass Levine auf Lesbarkeit geachtet hat; wie im amerikanischen „case law“ üblich, stellt er die Namen der beteiligten Parteien voran und hebt sie zudem durch Fettdruck hervor. Doch auch die Inhaber streitiger Domains kommen nicht zu kurz; im Kapitel 6 „Proving Rights or Legitimate Interests in the Disputed Domain Name“ legt Levine dar, wie man dem Verlust der Domain entgehen kann. Und wem das noch nicht reicht: unter
> http://www.legalcornerpress.com/dna-supplement
veröffentlicht Levine ohne zusätzliche Kosten eine fortlaufende Ergänzungslieferung, in der er aktuelle UDRP-Entscheidungen einordnet und einarbeitet.
Mit dem Titel „Standardwerk“ dürfen sich in der Juristerei nur wenige Bücher schmücken, der Palandt etwa, oder das Handbuch des Domainrechts von Bettinger, das 2016 in neuer Auflage erscheinen soll. Levine hat mit der ersten Auflage seines Werks jedenfalls den Grundstein dafür gelegt, diesen Titel im Bereich der UDRP künftig für sich reklamieren zu dürfen. Wer in der Praxis mit UDRP-Verfahren zu tun hat, wird auf „Domain Name Arbitration“ nicht verzichten können. Sowohl der Einsteiger als auch der Experte findet darin auf jede Frage eine Antwort – mehr kann ein Kommentar nicht bieten.
Gerald M. Levine, „Domain Name Arbitration: A Practical Guide to Asserting and Defending Claims of Cybersquatting Under the Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy“, erschienen im Verlag Legal Corner Press LLC, ISBN-13: 978-0991582907, ist zum Preis von etwa EUR 180,- im Fachhandel erhältlich, ferner bei Amazon:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1241
Der Autor war so freundlich, uns für diese Rezension ein Exemplar zur Verfügung zu stellen.
Quelle: eigene Recherche
TLDS – NEUES VON .BIBLE, .SHOP UND .SWISS
Die Schweiz bringt ihre Herkunft auf den Punkt: die neue Top Level Domain .swiss steht kurz vor dem Start. Bei .bible plant man derweil inhaltliche Beschränkungen, während ein Schiedsgericht ein falsches .shop-Urteil revidiert – hier unsere Kurznews.
Blasphemie im Internet? Nicht mit .bible! Wie die Verwalterin American Bible Society (ABS) bekanntgegeben hat, unterliegen Webangebote unter der neuen biblischen Domain-Endung inhaltlichen Beschränkungen. Einzelheiten ergeben sich aus der 10seitigen „Acceptable Use Policy“, die kürzlich veröffentlicht wurde. Darin stellt die ABS zwar klar, dass man freien Informationsfluss unterstütze; allerdings behalte man sich nach freiem Ermessen das Recht vor, .bible-Domains zu suspendieren. Verboten sind zum Beispiel Inhalte, die dazu geeignet sind, Gott, Jesus oder den Heiligen Geist zu verunglimpfen oder die in Widerspruch zu den Prinzipien des Neuen Testaments stehen. Pornographische Inhalte oder der Vertrieb von Tabak, Darlehen sowie Arzneimitteln über eine .bible-Domain sind ebenfalls untersagt. Wer sich an diese Regeln halten möchte und an .bible interessiert ist, muss sich gleichwohl noch gedulden: derzeit ist lediglich eine unverbindliche kostenlose Vorregistrierung möglich; weder die Sunrise-Period noch der Zeitpunkt für den Start der Live-Phase stehen bisher fest.
Sind sich die neue Top Level Domain .shop und die in japanischen Schriftzeichen geschriebene Endung .onlineshopping zum Verwechseln ähnlich? Nach drei Jahren hat sich das International Centre for Dispute Resolution dazu durchgerungen, diese Frage mit Urteil vom 18. August 2015 zu verneinen und damit die gegenteilige Entscheidung des Einzel-Panelist Robert Nau aufzuheben. Beide Zeichen sind sich weder visuell noch von der Aussprache her ähnlich; sie bedeuten noch nicht einmal das Gleiche. Das dreiköpfige Schiedsgericht spart nicht mit Kritik an Nau; er „could not have reasonably come to the decision it reached“. Über das Ergebnis freuen darf sich Amazon EU S.à r.l., das damit die Beschwerde von Mitbewerber Commercial Connect LLC abwehren konnte. Mit einer raschen Einführung ist jedoch nicht zu rechnen: sollten sich die Bewerber nicht gütlich einigen, entscheidet eine von ICANN veranstaltete „auction of last resort“; der Auktionszeitplan sieht für .shop aber kein Datum vor, das vor Mitte Oktober 2015 liegen würde.
Die von der Schweizerischen Eidgenossenschaft verwaltete nTLD .swiss steht vor ihrer Premiere: am 7. September 2015 beginnt die offizielle Sunrise-Phase. Sie betrifft ausschliesslich Begriffe, die im Trademark Clearinghouse als Marken registriert sind, Bezeichnungen für öffentlich-rechtliche Körperschaften, Organisationen oder juristische Personen des öffentlichen Rechts und Begriffe, die vom schweizerischen Kennzeichenrecht geschützt sind (wie zum Beispiel Marken, AOC’s, eingetragene Firmennamen). Die Sunrise endet am 09. November 2015; die allgemeine Registrierung beginnt dann am 11. Januar 2016. Das Interesse an .swiss gilt als überdurchschnittlich hoch: der Registrar Switchplus meldet etwa, dass bereits 40.000 Vormerkungen eingegangen sind. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) plant eine Werbekampagne, die CHF 1,5? Mio. kostet. Allerdings haben die Domains ihren Preis: bei Switchplus kosten sie CHF 120,- pro Jahr; davon fliessen CHF 90,- an den Bund, der so mittelfristig die Betriebskosten decken will. Eine Liste aller .swiss-Registrare will das BAKOM auf nic.swiss bekanntgeben.
Die „Acceptable Use Policy“ für .bible finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1236
Weitere Informationen zu .bible finden Sie unter:
> http://nic.bible/
Die Entscheidung des International Centre for Dispute Resolution zu .shop finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1237
Weitere Informationen zu .swiss finden Sie unter:
> http://www.dot.swiss/de/
Ein Faktenblatt zu .swiss finden Sie unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1238
Quelle: domainincite.com, domainnamewire.com, nzz.ch
BGH – LÖSCHPFLICHT AUCH BEI EINZELNEN PASSAGEN
Der Bundesgerichtshof hatte in einer kürzlich ergangenen Entscheidung deutlich gemacht, dass, wer rechtswidrige Tatsachenbehauptungen online gestellt hat, die dann von Dritten verbreitet werden, darauf hinwirken muss, dass sie gelöscht werden.
Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, hatte in einem Kanzleiwebblog über die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, berichtet und sich kritisch über deren Verhalten gegenüber ihren Anlegern geäußert. Die Klägerin mahnte den Beklagten seinerzeit ab, und der Bericht war dort nicht mehr zu finden. Allerdings fand die Klägerin den Bericht unter dem Titel „Zahlungsklage gegen A & L AG erhoben“ auf verschiedenen anderen Internetportalen. Sie verklagte daraufhin den Rechtsanwalt auf Löschung dieses Artikels unter den verschiedenen Portalen. Das LG Hamburg wies die Klage ab (Urteil vom 31.05.2013, Az.: 324 O 550/12). Die Klägerin ging in Berufung zum OLG Hamburg, das die Klage unter der Auffassung abwies, der Klägerin stehe ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, der Beklagte hafte nicht für die Folgeveröffentlichungen im Internet (Urteil vom 08.07.2014, Az.: 7 U 60/13). Die Klägerin ging daraufhin in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).
Der BGH sieht die Sache etwas anders als die Vorinstanz und geht davon aus, die Klägerin habe zwar keinen Löschungsanspruch auf den gesamten Artikel, aber auf die Passagen, die rechtswidrige Tatsachenbehauptungen darstellen (Urteil vom 28.07.2015, Az.: VI ZR 340/14). Zunächst bestätigt der BGH die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Hauptantrag der Klägerin, der den Löschungsanspruch bezüglich der gesamten Artikel umfasst, unbegründet ist. Dieser Antrag schießt weit über das Ziel hinaus, da der Bericht des Beklagten eine Vielzahl von Aussagen beinhaltete, die die Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet hat. Als Betroffene habe die Klägerin lediglich Anspruch darauf, dass nachweislich falsche Behauptungen gelöscht werden. Retten konnte sich die Klägerin mit einem im Rahmen der Berufung gestellten Hilfsantrag, mit dem sie die Löschung einzelner Passagen des Berichts verlangte. Den hatte das Berufungsgericht ebenfalls verneint. Der BGH geht jedoch davon aus, der Hilfsantrag ist von der Klägerin wirksam in das Berufungsverfahren eingeführt worden. Die von der Klägerin im Einzelnen angegriffenen Behauptungen des Beklagten in dem Bericht führten zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin. Im Rahmen der Interessenabwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Beklagten sowie dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen, tritt die Meinungsfreiheit zurück. Schließlich ist der Beklagte als Verfasser und Erstveröffentlicher des Berichts für dessen Verbreitung im Internet letztlich mitverantwortlich und steht in der Pflicht, etwas dagegen zu unternehmen. Die Klägerin kann allerdings nicht vom Beklagten verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken: „Ihr steht lediglich der Anspruch zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.“ Inwieweit der Beklagte auf die Dritten einwirkt, damit diese die entsprechenden Behauptungen löschen, ist seine Sache.
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Revision an das OLG Hamburg zurück. Das muss nun noch erforderliche Feststellungen hinsichtlich des Sachvortrags der Klägerin treffen und dann erst entscheiden. Letztlich stellte der BGH fest, dass wer nachweislich falsche Behauptungen in das Internet stellt (und wieder entfernt hat), dafür verantwortlich ist, wenn etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzungen erst durch das selbständige Dazwischentreten Dritter (die die rechtswidrigen Behauptungen kopierten und selber online gestellt haben) verursacht werden. Dabei muss er aber lediglich auf die Löschung dieser Behauptungen hinwirken. Störer (im Sinne von § 1004 BGB) ist damit jeder, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt.
Sie finden das Urteil des BGH unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1235
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de
Quelle: bundesgerichtshof.de
LG GIESSEN – ADMIN-C STRAFRECHTLICH VERANTWORTLICH?
Ist der Admin-C für die Verbreitung pornographischer Schriften im Internet strafrechtlich verantwortlich? Wie erst jetzt bekannt wurde, hat sich das Landgericht Gießen (Beschluss vom 04. 08.2014 – Az. 7 Qs 26/14) mit dieser Frage befasst – und sie im konkreten Fall verneint.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren über die von der Fa. ComVTX B.V. betriebene Domain sex.de die beiden Domain-Namen hotcam-son.com und movieoncom verlinkt. Auf den darunter erreichbaren Webseiten war es möglich, Bilder anzuschauen, bei denen sexuelle Handlungen in aufdringlicher, vergröbernder Weise in den Vordergrund traten und die Darstellerinnen zum bloßen (auswechselbaren) Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung gemacht wurden. Eine effektive Barriere zum Schutz Minderjähriger gab es nicht; der Zugangscode wurde per Telefon vergeben. Der Angeschuldigte war Admin-C der Domain sex.de. Sowohl am 07. Dezember 2010 als auch am 10. Januar 2011 erhielt er jeweils ein Schreiben von jugendschutz.net, der Jugendschutzeinrichtung der Bundesländer. Diese leitete er an die Domain-Inhaberin weiter und bat um Prüfung. Nach seiner Einlassung war ihm von der Domain-Inhaberin dabei zugesichert worden, das gesamte Angebot von sex.de auch im Hinblick auf die durch jugendschutz.net aufgeworfenen Fragen zu prüfen. Gleichwohl blieb die Domain-Inhaberin untätig. Das Amtsgericht lehnte allerdings die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, so dass auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin nun das Landgericht Gießen entscheiden musste.
Das Landgericht Gießen kam zu dem Ergebnis, dass die Domain-Inhaberin ComVTX B.V. ausreichend verdächtig war, sich der Verbreitung pornographischer Schriften strafbar gemacht zu haben, §§ 184 Abs. 1 Nr. 2, 184d, 13 StGB; damit lag auch die Voraussetzung einer vorsätzlich rechtswidrigen Haupttat vor. Es sei auch davon auszugehen, dass der Angeschuldigte hinreichend verdächtig ist, die Domain-Inhaberin bei der Verbreitung pornographischer Schriften unterstützt zu haben, indem er es unterließ, seine Stellung als Admin-C aufzugeben oder den Domainvertrag zu kündigen. Auch sei von einer Garantenstellung und einer damit einhergehenden Pflicht des Angeschuldigten zum Tätigwerden auszugehen; dies ergebe sich zwar nicht automatisch aus der Funktion und Aufgabenstellung als Admin-C, jedoch aus den Umständen des Falles, da es der Angeschuldigte übernommen hat, administrativer Ansprechpartner für ein Erotikportal zu sein, und für ihn der Rechtsverstoß aufgrund der Mitteilung von jugendschutz.net offenkundig und unschwer zu erkennen war. Es fehlte dem Landgericht im Ergebnis aber an dem für eine Strafbarkeit des Angeschuldigten notwendigen (doppelten) Gehilfenvorsatz. Er habe das Schreiben von jugendschutz.net nach Aktenlage an die Domain-Inhaberin weitergeleitet und darum gebeten, die Domain zu überprüfen, das Schreiben an die Inhaber der verlinkten Seiten weiterzuleiten und diese gegebenenfalls zu Änderungen aufzufordern. Damit hat er deutlich gemacht, dass ihm an der Beendigung des rechtswidrigen Zustands gelegen war. Dass er mit der Untätigkeit der Domain-Inhaberin gerechnet habe, werde ihm nicht nachgewiesen werden können. Anhaltspunkte für eine ihm bekannte Unzuverlässigkeit der Domain-Inhaberin gebe es nicht; daher war er auch nicht verpflichtet, die Beseitigung der Rechtsverletzung aktiv zu überwachen. Es fehle an den die Prüfpflicht des Admin-C begründenden, besonders Gefahr erhöhenden Umständen. Folglich bestätigte es die Ansicht des Amtsgerichts und lehnte ebenfalls die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.
Interessantes Detail am Rande: Nach Ansicht des LG Gießen war auf die Haupttat gemäß § 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 Alt. 2 StGB das deutsche Strafrecht anwendbar. Dies ergebe sich daraus, dass alle streitigen Domains bei einem Flensburger Provider gehostet werden. Die Daten werden damit in Deutschland gespeichert und zugänglich gemacht, so dass der Erfolgsort im Inland liegt.
Der Beschluss ist veröffentlicht in StV 2015 Heft 4, 226-228; online kann er bisher wohl nur (kostenpflichtig) bei juris abgerufen werden.
Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> http://www.domain-anwalt.de
Quelle: eigene Recherche
HTML5.COM – CODING FÜR US$ 50.209,-
Die vergangene Handelswoche war eher mau: die teuerste Domain, html5.com, erzielte lediglich US$ 50.209,- (ca. EUR 43.660,-). Die Länderendungen lieferten keine Überraschungen oder gute Preise, und von den sonstigen generischen Endungen hörte man auch nichts Gutes.
Allein die nTLD .top war nochmals mit zwei Zifferndomains auffällig: 28.top sowie 98.top gingen jeweils für CNY 150.000,- (ca. EUR 20.395,-) in chinesische Hände. Darüber hinaus waren drei weitere neue Endungen aktiv: .directory mit finance.directory für US$ 6.500,- (ca. EUR 5.652,-) sowie .science und .digital mit weniger aufregenden Preisen.
Wenn die Preise bei den Länderendungen auch nicht hoch waren, so konnte sich vergangene Woche doch wieder einmal die deutsche Endung an die Spitze setzen, mit nachbarschaft.de zum Preis von EUR 12.700,-. Ihr folgte eine gut bezahlte europäische Drei-Zeichen-Domain: ebf.eu mit EUR 12.300,-, die derzeit nicht konnektiert ist. Im Übrigen gab es einen bunten Strauß unter den Länderendungen.
Unter den sonstigen generischen Domain-Endungen fanden sich zwei deutschsprachige Begriffe: autoverkaufen.net zum Preis von EUR 2.000,- und vergleichtagesgeld.net für EUR 1.750,-. Sonst war es da preislich deutlich ruhig. Selbst die Endung .com lieferte diesmal nicht akkurat ab. Die höchsten Preise beliefen sich auf immerhin US$ 50.209,- (ca. EUR 43.660,-) für html5.com und US$ 37.500,- (ca. EUR 32.609,-) für lgbtq .com. Zumindest bei html5.com kann man darauf hoffen, dass in Kürze ein spannendes Projekt unter der Domain angeboten wird. Damit hatten wir eine der schwächsten Handelswochen in diesem Jahr.
Länderendungen
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nachbarschaft.de – EUR 12.700,-
freestyle.de – EUR 7.999,-
ausbildungsmarkt.de – EUR 2.100,-
ebf.eu – EUR 12.300,-
arq.eu – EUR 6.000,-
geonet.eu – EUR 2.000,-
reception.eu – EUR 2.999,-
ibroker.co.uk – GBP 4.000,- (ca. EUR 5.455,-)
ring.com.br – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.348,-)
x2.cc – EUR 4.260,-
voip.io – US$ 4.750,- (ca. EUR 4.130,-)
invention.us – US$ 4.350,- (ca. EUR 3.783,-)
t.bz – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.478,-)
tragaperras.co – US$ 3.999,- (ca. EUR 3.477,-)
anime.es – EUR 3.000,-
look.me – US$ 3.250,- (ca. EUR 2.826,-)
scotchwhisky.nl – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.609,-)
reverse.it – EUR 2.500,-
gator.io – US$ 2.750,- (ca. EUR 2.391,-)
lifehouse.co – US$ 2.750,- (ca. EUR 2.391,-)
bookmakers.gr – EUR 2.000,-
fermliving.com.cn – EUR 2.000,-
Neue Endungen
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28.top – CNY 150.000,- (ca. EUR 20.395,-)
98.top – CNY 150.000,- (ca. EUR 20.395,-)
finance.directory – US$ 6.500,- (ca. EUR 5.652,-)
hypnosis.science – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.609,-)
get.digital – EUR 1.100,-
Generische Endungen
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gift.info – US$ 8.500,- (ca. EUR 7.391,-)
bill.org – US$ 4.550,- (ca. EUR 3.957,-)
lgbtq.net – EUR 2.500,-
autoverkaufen.net – EUR 2.000,-
vergleichtagesgeld.net – EUR 1.750,-
adifferentopinion.net – GBP 1.200,- (ca. EUR 1.636,-)
uccu.net – US$ 1.440,- (ca. EUR 1.252,-)
datt.net – US$ 1.288,- (ca. EUR 1.120,-)
funworks.org – US$ 1.077,- (ca. EUR 937,-)
cheaploan.org – US$ 1.000,- (ca. EUR 870,-)
cloud10.net – US$ 1.000,- (ca. EUR 870,-)
khz.net – US$ 1.000,- (ca. EUR 870,-)
.com
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html5.com – US$ 50.209,- (ca. EUR 43.660,-)
lgbtq.com – US$ 37.500,- (ca. EUR 32.609,-)
h123.com – US$ 21.500,- (ca. EUR 18.696,-)
jwi.com – US$ 20.000,- (ca. EUR 17.391,-)
onlinegifts.com – US$ 13.000,- (ca. EUR 11.304,-)
miid.com – US$ 11.000,- (ca. EUR 9.565,-)
takumi.com – US$ 9.999,- (ca. EUR 8.695,-)
clickbait.com – US$ 9.000,- (ca. EUR 7.826,-)
payv.com – US$ 7.850,- (ca. EUR 6.826,-)
synesthesia.com – US$ 7.500,- (ca. EUR 6.522,-)
planettoys.com – US$ 6.750,- (ca. EUR 5.870,-)
Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> http://www.domain-spiegel.de
Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com
DAVIT – 14. BAYERISCHER IT-RECHTSTAG IN MÜNCHEN
Der Bayerische Anwaltverband lädt im Oktober 2015 zum 14. Bayerischen IT-Rechtstag nach München. Auf der Agenda stehen unter anderem Rechtsfragen zu Industrie 4.0, vernetzten PKWs und Robotik.
Der vom Bayerischen Anwaltverband in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie im Deutschen Anwaltverein und der Universität Passau (Lehrstuhl für Sicherheitsrecht und Internetrecht) veranstaltete, bereits 14. bayerische IT-Rechtstag findet am Mittwoch, dem 28. Oktober 2015 statt. Unter der Moderation von Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Bräutigam (Noerr LLP, GfA DAVIT) werden ab 09:00 Uhr aktuelle Themen zum IT-Recht behandelt. Als Vortragende mit dabei sind die Rechtsanwältinnen Claudia-Bernadette Langer (Audi) und Dr. Astrid Auer-Reinsdorff (Berlin) sowie zahlreiche männliche Referenten. Neben den bereits genannten Themen Industrie 4.0, vernetzte PKWs und Robotik werden auch unter dem Thema IT-Sicherheit Schutz vor Cyberangriffen und deren Katalogisierung und Beschreibung sowie Datenschutz bei Big Data behandelt. Die Veranstaltung endet nach einer Abschlussdiskussion um 17:30 Uhr.
Der 14. Bayerische IT-Rechtstag findet am 28. Oktober 2015 von 9:00 bis 17:30 Uhr im Akademischen Gesangverein, Ledererstr. 5, 80331 München, statt. Die Teilnahmekosten belaufen sich für DAV-Mitglieder auf EUR 180,- zzgl. MwSt (also EUR 214,20), für Nichtmitglieder auf EUR 210,- zzgl. MwSt (also EUR 249,90). Im Preis enthalten sind Getränke sowie ein Mittagessen. Auch wenn es nicht weiter erwähnt wird, gehen wir davon aus, dass die Teilnahmestunden nach der FAO anerkannt werden.
Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> http://www.domain-recht.de/verweis/1234
Quelle: davit.de