»Healthy Domains«

Lobbyverband wagt Vorstoß zur Regulierung von Missbrauch im Internet

Der im Oktober 2013 gegründete Lobbyverband Domain Name Association (The DNA) hat vor wenigen Tagen die »Healthy Domains Initiative« vorgestellt. Eine Reihe standardisierter Geschäftsabläufe soll der Domain-Branche helfen, trotz ihres Wachstums gesund zu bleiben. Heftige Kritik ließ nicht lange auf sich warten.

Auch wenn inzwischen Milliarden bewegt werden – staatliche Kontrolle ist dem Domain-Markt fremd. Dass das so bleibt, ist das Ziel von »The DNA«. Die in Wakefield (US-Bundesstaat Massachusetts) ansässige, gemeinnützige Organisation versteht sich als Interessenvertreter und Sprachrohr der Domain Name Industry, in der sowohl Registries als auch Registrare vertreten sind. Zu ihren Mitgliedern gehören zum Beispiel ARI Registry Services, Donuts, GoDaddy, Google und Rightside; VeriSign dagegen ist trotz seiner Stellung als wichtigste Domain-Verwaltung weltweit kein Mitglied. Um die eigene Bedeutung zu untermauern, hat man kürzlich die »Healthy Domains Initiative« (HDI) vorgeschlagen; im Rahmen einer Art freiwilliger Selbstkontrolle sollen sich Branchenmitglieder verpflichten, in den folgenden vier Themengebieten dafür zu sorgen, dass die Domain Name Industry weiterhin gesund bleibt:

  • Befassung mit Missbrauchspraktiken (z.B. Malware, Phishing und Pharming)
  • Verbesserung von Maßnahmen gegen Kinderpornographie
  • Entbürokratisierung von Beschwerdeverfahren gegen illegale oder bösartige Online-Apotheken
  • Schaffung eines freiwilligen, unabhängigen Kontrollsystems für Urheberrechtsverletzungen im Internet

Für Diskussion sorgt vor allem der letzte Punkt. Die DNA denkt konkret an ein System, das ähnlich wie Beschwerdeverfahren gemäß der UDRP funktioniert, jedoch auch Inhalte erfasst, die in rechtswidriger Weise unter einer Domain veröffentlicht werden. Die Teilnahme soll freiwillig sein, wobei Registries und Registrare eng mit Inhalteanbietern effizient und kostengünstig zusammenarbeiten. Betroffen wäre zum Beispiel »The Pirate Bay«, ein webbasierter Indizierer für digitale und häufig illegale Inhalte. Aufgebracht wurde dieser Vorschlag von PIR, der .org-Registry. Ziel des Verfahrens wäre es wie bei der UDRP, die Domain, über die rechtswidrige Inhalte eingestellt sind, zu löschen oder auf den Beschwerdeführer zu übertragen. An welche konkreten Voraussetzungen das Verfahren geknüpft ist, bleibt aber unklar; fest steht lediglich, dass finanzielle Entschädigungen nicht geplant sind und der Weg vor ein Zivilgericht unberührt bleibt.

Heftige Kritik an der »Healthy Domains Initiative« kam von der Electronic Frontier Foundation (EFF). Der Vorschlag sei der Inbegriff einer Schattenregulierung. So sei zwar die Rede davon, dass die Zivilgesellschaft beteiligt worden sei; allerdings sei völlig offen, welche Gruppen eingebunden waren und wie sie ausgewählt wurden. Vor allem aber stört sich die EFF daran, dass der Domain-Inhaber nur für die Domain verantwortlich sei. Welche Inhalte darüber abrufbar sind, muss ihn nicht zwingend betreffen; dafür sei gegebenenfalls der Webhoster verantwortlich. Außerdem bestehe die Gefahr, dass damit durch die private Hintertür gescheiterte staatliche Sperrgesetze wie »PROTECT IP Act of 2011« (PIPA) und »Stop Online Piracy Act« (SOPA) eingeführt werden sollen. In die gleiche Kerbe schlug die Internet Commerce Association (ICA); man sei tief besorgt, dass außerhalb des Multistakeholder-Modells der Netzverwaltung ein neues, unreguliertes Schiedsverfahren etabliert werden soll. ICANN hat sich öffentlich bisher nicht geäußert. Derzeit steht also noch völlig in den Sternen, ob und welchen Erfolg diese Initiative haben wird.

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