Die eigene Domain-Strategie ist ein immer wiederkehrendes Thema für Markeninhaber und Unternehmen. Mit der stärker werdenden Präsenz des Web3 müssen nun, wohl oder übel, auch Blockchain-Domains mit in die Strategie einbezogen werden, denn auch Blockchain-Domains unterliegen dem Markenrecht.
Das Domain Name System (DNS) ist ein geregelter Ort. ICANN, die das DNS verwaltet, hat Verfahren zum Schutz von Markenrechten eingeführt, die seit mehr als 20 Jahren erfolgreich genutzt werden: die Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP). Wo diese nicht greift, etwa bei .de-Domains, bietet eine staatliche Gesetzgebung ausreichend Schutz für Rechteinhaber gegen Cybersquatting und andere rechtswidrige Handlungen bei Domain-Registrierung und im Internet. Regelungen wie die UDRP stehen im Web3 in der Form bisher nicht zur Verfügung. Klar ist, auch das Web3 ist kein rechtsfreier Raum. Allerdings ist die Rechtsdurchsetzung ungleich schwieriger als im DNS.
Domains im Web3 haben eine andere Funktion als im DNS. Grundsätzlich dienen beide als lesbare Textstrings; es sind Adressen, mit denen ein Nutzer zu einem bestimmten Ziel im Internet geführt wird. Während eine Domain im DNS die Auflösung der nur schlecht erinnerbaren IP-Adresse erleichtert und üblicherweise zu einer Website führt, geht es im Web3 über die leichtere Identifizierbarkeit in der Blockchain gespeicherten Dienstes nur in Ausnahmefällen hinaus: ihre eigentliche Funktion ist die einer vereinfachten Wallet-Adresse. Für Blockchain-Domains existiert mittlerweile ein reger Handel auf NFT-Handelsplattformen wie OpenSea. Dabei werden nicht nur kurze, sehr merkbare Blockchain-Domains angeboten, sondern – wie der dänische Rechtsanwalt Jimmy Fuglsbjerg Christensen berichtet – auch solche, die bekannten Marken entsprechen. Diesem Umstand muss im Rahmen einer Marken-Strategie Rechnung getragen werden.
Unternehmen und Markeninhaber müssen jetzt für sich klären, wie sie Blockchain-Domains in ihre Domain-Strategie miteinbinden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es verschiedene Blockchains mit Blockchain-Domains gibt, die jeweils unterschiedliche Endungen anbieten, und es wird sogar die Registrierung von Top Level Domains angeboten. Die zur Zeit relevanten Anbieter sind ENS (.eth), Unstoppable Domains (.crypto, .coin, .wallet, .nft, und weitere) und Handshake (Top Level Domains). Die Möglichkeiten, gegen eine bereits »gemintete«, also berechnete und in die Blockchain eingetragene Blockchain-Domain vorzugehen, sind dabei sehr begrenzt. Aus dem Artikel »Unauthorized Blockchain Domain Names: What’s a Brand to Do?« von Andrea Calcaruso et al. geht hervor, dass Aufgrund der anonymen, dezentralisierten und unregulierten Ausgestaltung der Blockchaingemeinde es nur wenige Möglichkeiten gibt, Dritte daran zu hindern, Markenrechte verletzende Blockchain-Domains zu registrieren und zu nutzen. Kein Blockchain-Domain offerierende Unternehmung bietet derzeit einen Beschwerdeweg bei Markenrechts- und anderen Rechtsverstößen. Die Anbieter Unstoppable und Handshake führen zumindest Sperrliste, die die Registrierung von bekannten Marken, Kennzeichen und Personennamen verhindern und regeln.
Calcaruso et al. machen vier Vorschläge: zunächst sollte man die von NFT-Handelsplattformen angebotenen Takedown-Verfahren nutzen. Dann raten sie, den Kauf einer Markenrechte verletzenden Domain zumindest zu erwägen. Weiter sollte man an die Öffentlichkeit gehen und einerseits für die eigene Blockchain-Domain werben, aber andererseits markenverletzender Blockchain-Domains Dritter als solche benennen. Schließlich schlagen sie vor:
rights holders should consider combining resources and lobbying governments and other stakeholders in the internet and blockchain communities to advocate for the creation of protections for brand owners in the blockchain domain name environment […].
Da es sich bei Blockchains in der Regel um von DAOs (dezentralisierten autonomen Organisationen) verwaltete Technologien handelt, bei denen Mitglieder Mitentscheidungsrechte und Einfluss haben, scheint es sinnvoll, sich selbst dort zu engagieren, in bestenfalls konzertierter und organisierter Form.
Die gegenwärtige Situation ist unbefriedigend. Sie verlangt allerdings von Markenverantwortlichen innerhalb von Unternehmen sich jetzt mit dem Thema auseinanderzusetzen, um gegebenenfalls Schaden von Marken und der Reputation des Unternehmens fern zu halten – oder sich dafür zu entscheiden, nichts zu tun, um den Hype nicht noch weiter zu befeuern, zumal man nicht jedes Risiko abdecken kann.
Über die zur Zeit relevanten Blockchain-Domain-Anbieter ins Detail geht der Artikel Blockchain-Domains: Welche Anbieter gibt es und worin unterscheiden sie sich? des Domainspezialisten united-domains GmbH aus Starnberg, zu deren Projekten der Domain-Newsletter und domain-recht.de zählen.
[Änderung am 4.01.2023: »WEB3.0« durch das korekte »WEB3« ersetzt.]