Die Internet-Verwaltung ICANN gerät beim Problem der Zulassung von Singular- und Pluralformen neuer Domain-Endungen erneut unter Druck: die ICANN Business Constituency (BC), Vertreter der kommerziellen Interessen innerhalb ICANNs, warnte eindringlich vor Einführung der umstrittenen TLDs.
Der Drops schien eigentlich gelutscht: im Juli 2013 verkündete das New gTLD Program Committee (NGPC) von ICANN, dass man keinen Anlass sehe, die Regeln zur Zulassung von Singular- sowie Pluralformen im Bewerberhandbuch zu überprüfen. Auslöser einer neuerlichen Debatte war damals die Befürchtung, dass die Vielzahl der möglichen neuen Endungen die Verbraucher zu sehr verwirren könnte, wenn sie sich lediglich im Numerus unterscheiden. Berücksichtigt man die eingegangenen Bewerbungen, bieten sich dabei rein theoretisch zahlreiche Verwechslungsmöglichkeiten. So liegen ICANN zum Beispiel Bewerbungen für die folgenden Wortpaare vor: .car und .cars, .auto und .autos, .hotel und .hotels, .coupon und .coupons, .deal und .deals, .game und .games, .gift und .gifts sowie .kid und .kids. Selbst der Regierungsbeirat von ICANN, das Governmental Advisory Committee (GAC), empfahl, die Zulassung solcher Bewerbungen zu überdenken; ICANN zeigte sich aber unbeeindruckt.
Doch der Widerstand wächst weiter. In einem Schreiben vom 30. Dezember 2013 geht Elisa Cooper, Vorsitzende der BC und zudem Director of Product Marketing beim Domain-Beratungsunternehmen MarkMonitor, gleich zu Beginn in die Vollen: man dränge ICANN dazu, unverzüglich tätig zu werden, um die erheblichen Probleme zu vermeiden, die durch die Zulassung von Singular- und Plural-TLDs entstehen. Es könne nicht angehen, wenn einem einzelnen Unternehmen die Endung .hotel zugeteilt werde, wenn sich parallel die gesamte Reise-Community unter .hotels präsentieren möchte. Besonders offensichtlich werde das Risiko der Verwechslung unter .car und .cars, wobei das International Center for Dispute Resolution mit widersprechenden Urteilen die Glaubwürdigkeit des nTLD-Programms untergrabe. Hintergrund dieses Einwands ist eine erfolgreiche »string confusion objection« der Google-Tochter Charleston Road Registry Inc., in welcher das Schiedsgericht zu dem Ergebnis kam, dass sich die beiden Endungen .car und .cars zu ähnlich sind; gegen zwei andere Bewerber um .cars hatte Google dagegen mit einer Beschwerde den Kürzeren gezogen. Cooper verlangt nun, dass ICANN alle Informationen offenlege, die bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr berücksichtigt worden sind. Ausserdem soll ICANN weitere Informationen zu den objektiven Kriterien veröffentlichen, auf deren Grundlage das Gericht zu seiner Entscheidung gelangt, um Bewerbern Gelegenheit zu geben, sich darauf einzustellen; zuletzt verlangt die Business Constituency ein Berufungsverfahren, um die Entscheidung des Schiedsgerichts in zweiter Instanz überprüfen lassen zu können.
Ob sich ICANN von dieser Forderung beeindrucken lässt, ist zu bezweifeln. Mit der am 18. Januar 2014 delegierten nTLD .gift ist bereits die erste der Singluar-Plural-Endung im Root, auch .photo und .photos sind inzwischen eingetragen. Eine nachträgliche Löschung scheint ausgeschlossen, zumal es keinen historischen Präzedenzfall gibt. Ob und welche Probleme die Nutzer haben werden, zeigt also erst die Praxis.