Die nächste Bewerberrunde um neue Top Level Domains startet im April 2026. Die Kosten für die Bewerbung sind hoch. Aber es geht nicht nur um die Bewerbung; wichtiger ist, was danach kommt – und welche Anstrengungen und Kosten damit verbunden sind, schon jetzt.
Kelly Hardy bietet auf seinem Blog Beyond The Next Round zu seinem Newsletter-Service Interviews mit Fachleuten aus der Registry- und Registrarszene, die ihre Erfahrungen mit der Einführung von neuen Endungen teilen. Das Motto des Blogs lautet:
A newsletter for anyone who hopes to make it through the second round of new gTLD applications and all the rest of us who are along for the ride.
Jeder, der eine Bewerbung um eine neue Top Level Domain anstrebt, tut gut daran, die Interviews – auch wenn sie Selbstvermarktung beinhalten – zu studieren.
Bisher liegen drei essentielle Interviews vor, mit Tony Kim von .MUSIC, Michele Neylon vom irischen Registrar Blacknight und Adam Eisner von Hello Registry, einer Zusammenarbeit von CIRA (.ca) und SIDN (.nl). Jeder gibt aus seiner Blickrichtung wertvolle Einsichten zu Erfahrungen aus der Einführungsrunde 2012, wie sich die Situation seitdem verändert hat und womit neue Bewerber rechnen, worauf sie achten müssen. Für Bewerber gilt: einfach so eine neue Endung in die Welt setzen, funktioniert nicht mehr. Es bedarf einer klaren Vision und einer Strategie, sie umzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Registrare und Registries, die notwendig für den Erfolg einer Endung sind, nicht mehr alles akzeptieren, was ihnen von Inhabern einer Top Level Domain angeboten wird. Sie haben mittlerweile Erfahrungen mit den TLDs der ersten Einführungsrunde und stellen fest, Engagement für eine nTLD muss sich finanziell auszahlen. Nicht jede noch so kleine Endung wird jubelnd von Registraren zum Vertrieb aufgenommen. Sunrise- und Landrush-Phasen sind für Registrare und Registries nicht mehr interessant; der Aufwand ist zu groß, der Gewinn zu gering. Zudem machen es solche Prozesse kompliziert. Unkompliziert sollen auch Preisschema sein und Werbestrategien, die über Registrare ausgespielt werden. Neylon von Blacknight wird sehr deutlich, was ein Registrar vom nTLD-Betreiber, einer Registry, erwartet – gute und einfache Kommunikation:
- Talk with us not at us
- Working with us not against us
- It should be a conversation.
Es gäbe verschiedene Arten von Registraren, jeder hat ein eigenes Programm, mit dem er Geld verdient. Das sind in der Regel gerade nicht die Domains, sondern sonstige Dienstleistungen. Registrare kennen ihre Kunden und deren Wünsche. Also müssen TLD-Betreiber sich darauf verlassen, was der jeweilige Registrar für angemessen in der Endkundenansprache hält. Auch bei technischen Fragen setzt Neylon klare Anforderungen. Ob der Registrar Blacknight überhaupt neue Endungen in den Vertrieb aufnimmt, bleibt übrigens noch offen: es habe sich gezeigt, dass mit der Einführungsrunde 2012 eigentlich die bereits bestehenden Landesendungen sowie die klassischen generischen Endungen gewonnen hätten und man mit denen Geld verdiene.
Für Adam Eisner von Hello Registry ist die Beziehung zum Registry Services Provider (RSP), auch Back-End Provider genannt, das Wichtigste. Vertrauen, Transparenz und Zielausrichtung sind bestimmend bei der kommenden Einführungsrunde. Der Inhaber einer Top Level Domain muss sich einen Anbieter suchen, der ihn und seine Mission versteht. Es geht darum, Partnerschaft, Gemeinschaft und Langlebigkeit vor Augen zu haben, statt lediglich an »Beschaffung« zu denken. Der Back-End Provider muss flexibel genug sein, auf die Anforderungen des Inhabers einzugehen. Aus Sicht von Tony Kim (.MUSIC) ist klar, dass sich die Geschäftsmodelle für Top Level Domains fundamental geändert haben. Um mit einer neuen Top Level Domain jetzt erfolgreich einzusteigen, sei wichtig, dass in der Führungsriege zumindest auch ein echter Domain-Stratege oder Branchenveteran sitzt, nicht nur als Berater, sondern jemand mit fundierter Führungs- und Managementerfahrung auf Registrar- oder Registry-Ebene. Und es muss ein neues Geschäftsmodell her, so wie .MUSIC sich eines geschaffen hat, als verifizierte, universelle, neutrale und plattformunabhängige Identität für die Musikindustrie, die den direkten Kontakt zu ihren Kunden, Künstlern, Labels und Musikorganisationen herstellt, um deren vertrauenswürdige digitale Identität zu sein.