Die bevorstehende Runde zur Einführung neuer generischer Top Level Domains wird anders als die Runde im Jahr 2012 stark datengetrieben sein. Das erwartet und empfiehlt Anna Dobrovolska, CEO von DomainCrawler, im Interview mit eco – Verband der Internetwirtschaft eV.
Seit 2008 sammelt und indexiert das in Stockholm (Schweden) ansässige Unternehmen DomainCrawler Daten rund um Domain-Namen. Die wöchentlich aktualisierte Datenbank umfasst inzwischen mehr als 80 Mrd. Datensätze. Sie ermöglichen es, Plagiate und Fälschungen zu bekämpfen, Zusammenhänge im World Wide Web aufzudecken und vor allem umfassende Marktforschung zu betreiben. Gerade im Vorfeld der Einführung neuer Domain-Endungen können solche Daten wertvolle Informationen bieten, um das Potential einer nTLD einzuschätzen. Im Interview mit eco – Verband der Internetwirtschaft eV verriet CEO Anna Dobrovolska, wo nach ihrer Einschätzung die Reise hingehen wird, wenn ICANN im 2. Quartal 2026 das Bewerbungsfenster öffnet.
Sie empfiehlt im ersten Schritt zu prüfen, ob die Idee einer nTLD und deren Zielgruppe tatsächlich zusammenpassen. Dazu können Faktoren wie das Suchinteresse, die Anzahl der Websites mit dem jeweiligen Keyword und die Wiederverkaufsaktivität ausgewertet werden; sind diese Anzeichen schwach, sollte man die eigene Strategie überdenken oder anpassen. Im zweiten Schritt sollte man die wichtigsten Anwendungsfälle einer potentiellen neuen Top Level Domain festlegen. Darauf aufbauend kann man regeln, wer die Domains registrieren darf und welche sonstigen Vergaberegeln gelten. Auch die Eingruppierung in Domain-Kategorien (Standard, Premium, reserviert) ist dringend zu empfehlen. Und im dritten Schritt sollte man die zehn Registrare auswählen, die die gewünschte Zielgruppe und den gewünschten Markt bereits erreichen. GoDaddy mag der weltgrößte Domain-Registrar sein; Masse bedeutet jedoch nicht zwingend, dass sich dort auch die eigene Zielgruppe tummelt.
Nicht jede neue Domain-Endung muss dabei auf eine größtmögliche Zahl an Registrierungen ausgerichtet sein. Bei erwartetem geringem Interesse kann man die Zielgruppe von vornherein einschränken und auf Exklusivität setzen; im Gegenzug muss man die Gebühren anpassen. Ferner sollte sich jeder Bewerber des Risikos bewusst sein, dass es zu DNS Abuse kommen kann und wird. Hier empfiehlt Dobrovolska, Risikodaten zu bestimmen und zu nutzen, um gegenläufige Policies und Kontrollmechanismen festzulegen; damit gehen Beschwerden zurück, das Vertrauen der Nutzer in eine nTLD steigt und die Geschäftspartner engagieren sich stärker. Bauchgefühl mag hilfreich sein bei der Ideenfindung, wichtige Entscheidungen sollten jedoch anhand von Daten überprüft und validiert werden, so Dobrovolska nicht ganz uneigennützig.
Unterdessen hat ICANN ein Update zum Stand des Einführungsverfahrens veröffentlicht. Dass der Start im April 2026 erfolgen wird, wird dabei immer konkreter. So heißt es in einem Blog-Post wörtlich:
The ICANN organization (org) continues to make steady progress on the path to opening the new gTLD application window in April 2026.
Das Bewerberhandbuch (Applicant Guidebook, kurz AGB) steht dabei kurz vor der Fertigstellung. In den vergangenen Monaten wurden die insgesamt 29 Einsendungen geprüft, die während der letzten öffentlichen Kommentierungsphase zum Entwurf des AGB eingegangen sind. Geplant ist, dass der ICANN-Vorstand die Endfassung des AGB anlässlich des ICANN84-Meetings, das vom 25. bis 30. Oktober 2025 im irischen Dublin stattfindet, beschließt; das wiederum stellt sicher, dass das AGB mindestens fünf Monate vor Öffnung der Einführungsrunde verfügbar ist. Die Entwicklung des TLD Application Management Systems (TAMS) ist zudem derzeit zu 63 Prozent abgeschlossen; dieser Schritt ist entscheidend, um das Zeitfenster für nTLD-Bewerbungen wie geplant öffnen zu können. Und auch das Registry Service Provider (RSP) Evaluation Program steht vor seinem Abschluss. Aktuell werden 35 RSP-Anträge von ICANN geprüft und bearbeitet. Im Dezember 2025 soll eine Liste aller Anbieter veröffentlicht werden, die im Rahmen des RSP-Programms erfolgreich bewertet wurden; aus diesem Kreis kann dann jeder nTLD-Bewerber „seinen“ künftigen technischen Dienstleister auswählen.