nTLDs

Privatinitiative will mit »Early Warning Report-Service« Bewerber der nächsten Einführungsrunde Streit und Kosten ersparen

Mit dem »Early Warning Report« ist eine neue Plattform an den Start gegangen, die das Risiko von Mehrfachbewerbungen um eine neue generische Top Level Domain reduzieren möchte. Ob die private Initiative unter Leitung von Raymond King und dem US-Juristen Marc Trachtenberg zur Dauerlösung wird, ist aber noch offen.

Wenn sich voraussichtlich im April 2026 das Bewerbungsfenster für neue Domain-Endungen öffnet, droht vielen Bewerbern das Schicksal eines »contention set«. Darunter versteht die Internet-Verwaltung ICANN eine Gruppe von mindestens zwei Bewerbern um eine identische (oder möglicherweise auch zum Verwechseln ähnliche) Zeichenfolge. In der Einführungsrunde 2012 wurden diese „contention sets“ häufig durch private Auktionen gelöst, bei denen der Höchstbietende seine Mitbewerber ausbezahlt hat; damit wurden selbst chancenlose Bewerbungen zu einem taktischen Mittel, um hohe Einnahmen zu erzielen. Für die Einführungsrunde 2026 hat ICANN solche privaten Auktionen verboten; stattdessen soll eine von ICANN organisierte Auktion (»auction of last resort«) letztlich über den Zuschlag entscheiden, wobei die Einnahmen an ICANN fließen. Den betroffenen Bewerbern stellen sich damit im „contention set“ drei Alternativen: entweder, sie wechseln zu einer alternativen Wunsch-Endung, die sie im Bewerbungsantrag benannt haben (die dann aber immer unter dem Eindruck einer zweiten Wahl leidet), sie hoffen auf ihr Glück in einer »auction of last resort« (und riskieren damit, die Bewerbungsgebühr von US$ 227.000,– in voller Höhe sowie alle weiteren Investitionen in die Bewerbung zu verlieren) oder sie ziehen ihre Bewerbung freiwillig zurück (und verlieren damit 35 Prozent der Bewerbungsgebühr samt aller Investitionen).

An diesem Punkt setzt der Frühwarnbericht an. Mit dem Early Warning Report-Service sollen Bewerber bisher nicht verfügbare Einblicke in die Wahrscheinlichkeit erhalten, dass die von ihnen gewünschte Zeichenfolge im Wettbewerb mit anderen Bewerbungen steht, um so die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung besser beurteilen zu können. Praktisch teilt sich der Report in zwei Phasen. In Phase eins können Bewerber vor Ablauf der Bewerbungsfrist einen Betrag von US$ 1.000,– pro gewünschter Zeichenfolge einzahlen, um teilzunehmen. Vier Wochen vor offizieller Schließung des Bewerbungsfensters werden sie informiert, ob es andere Bewerber um die selbe Zeichenfolge gibt. Parallel kann man den Mitbewerbern anonym Nachrichten senden. Der Nachrichtenversand erfolgt ähnlich wie über das HOIS-Kontaktformular; die Informationen des Empfängers werden nur weitergegeben, wenn er auf die Nachricht antwortet. Die zweite Phase beginnt nach Ablauf der Bewerbungsfrist, aber vor offizieller Bekanntgabe der eingegangenen Bewerbungen (»reveal day«) und kostet mindestens weitere US$ 2.000,–. Zu diesem Zeitpunkt können sich Bewerber mit konkurrierenden Zeichenfolgen zusammenschließen, die Angebote tauschen oder auf andere Weise vorgehen, um einen Wettbewerb untereinander zu vermeiden.

Wichtig zu wissen ist, dass der »Early Warning Report« kein offizielles Angebot von ICANN ist. Initiiert wird er von Raymond King, CEO der Registry Top Level Design LLC (.ink, .wiki und .gay), dem auf Domain-Recht spezialisierten Rechtsanwalt Marc Trachtenberg (unter anderem Berater der Brand Registry Group) und dem Domain-Registrar Porkbun. Der Report kann auch nicht garantieren, dass er alle potentiellen »contention sets« identifiziert, sondern lebt davon, das alle Bewerber mitmachen; eine Teilnahmepflicht besteht nicht. King erklärte gegenüber dem Domain-Blogger Andrew Allemann, dass die Initiative nur dann weitergeführt werden kann, wenn mindestens 200 Zeichenfolgen eingereicht werden – bisher sind 6 »Strings« registriert. Wird dieser Schwellenwert nicht überschritten, haben die Betreiber versprochen, alle Gebühren zu erstatten.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Optimizly GmbH (vormals Episerver GmbH), Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top