ICANN setzt Zeichen: anlässlich einer Vorstandssitzung am vergangenen Dienstag bekräftigte die Internet-Verwaltung die Entscheidung, den Prozess zur Einführung neuer Top Level Domains abzuschließen. Doch von der US-Regierung droht neues Ungemach.
Wenige Wochen vor dem für Ende Februar in Brüssel angesetzten Treffen mit dem Regierungsbeirat Governmental Advisory Committee (GAC) zeigt sich ICANN angriffslustig. Mit deutlichen Worten gab der Vorstand zu verstehen, zu einer Diskussion mit dem GAC über zahlreiche Streitpunkte bereit zu sein; an der Einführung neuer Endungen wird aber nicht mehr gerüttelt. So heißt es in einem der Beschlüsse, dass man das TLD-Programm so weit wie praktisch möglich und wie in der vorläufigen Endfassung des Bewerberhandbuchs angedacht vorantreiben möchte. Zugleich heißt es in einem weiteren Beschluss, dass das formal letzte Konsultationsgespräch mit dem GAC im Sinne der Statuten während des Meetings in San Francisco Mitte März stattfinden soll, so dass danach der Weg für nTLDs endgültig frei wäre. Schon frohlocken einige Blogger und spekulieren, dass die Bewerbungsphase Ende Sommer beginnen könnte. Die ersten neuen Domain-Namen wären dann, wenn alles glatt läuft, schon Mitte 2012 registrierbar.
Allerdings hat man die Rechnung ohne die US-Regierung gemacht. In einer Stellungnahme gegenüber dem GAC fordern die USA ein Vetorecht gegen jede nTLD, ohne dass es eines Grundes bedarf; lediglich innerhalb des GAC muss Einigkeit bestehen. Praktisch bedeutet dies: wenn sich Uganda gegen .gay, Iran gegen .jewish und Ägypten gegen .twitter wendet, ohne dass eine andere Regierung widerspricht, muss ICANN die Bewerbung ablehnen. Damit droht vielen Bewerbungen, zum Spielball von Regierungsinteressen zu werden, ohne dass es auf objektive Kriterien und ein faires, transparentes Vergabeverfahren ankäme. Darüber hinaus fordern die USA, dass Endungen wie .bank oder .pharmacy wenn nicht blockiert, dann stark reguliert werden. Letztlich soll das gesamte Bewerberhandbuch also nochmals völlig überarbeitet werden.
Die Stellungnahme der USA gibt nicht die offizielle Meinung des GAC wider, so dass die angestrebten Ziele bis zum Treffen in Brüssel noch verwässert werden könnten. Nicht zu leugnen ist allerdings, dass die USA weit mehr als jede andere Regierung Einfluss auf ICANN nehmen können und werden. Allzu große Wetten, dass der Startschuss für die ersten Bewerbungen noch in diesem Jahr fällt, sollte man daher nicht eingehen.