nTLDs

Streit um Bewerberhandbuch bleibt

Der Countdown läuft: in vier Tagen will die Internet-Regierung ICANN anlässlich ihres Meetings im südostasiatischen Stadtstaat Singapur das Bewerberhandbuch für neue generische Top Level Domains (Applicant Guidebook) verabschieden. Über dessen Inhalte wird bis zuletzt gestritten.

Sieben Entwurfsfassungen mit zahlreichen Änderungen, Ergänzungen und Modifikationen hat das Bewerberhandbuch inzwischen hinter sich, doch nach welchen Regeln die Einführung neuer Domain-Endungen verläuft, bleibt bis zuletzt spannend. Unveränderten Diskussionsbedarf sehen vor allem die nationalen Regierungen, die angesichts der gescheiterten Pläne zur Installation eines Vetos offenbar nun den Weg direkt über die US-Regierung suchen. So hat die National Telecommunications and Information Administration (NTIA), die innerhalb des US-Wirtschaftsministeriums für ICANN zuständig ist, die anstehende Verlängerung des zum 30. September 2011 auslaufenden IANA-Vertrags offenbar zum Anlass genommen, den Regierungseinfluss über die Hintertür zu verstärken. Für ICANN ist der IANA-Vertrag elementar, da er eine ganze Reihe technischer Aktivitäten in Bezug auf das Domain Name System regelt, so zum Beispiel die Wahrnehmung administrativer Aufgaben in Verbindung mit dem Root-Management, die Koordinierung der Zuteilung von Internetressourcen einschließlich IPv4- und IPv6-Adressen sowie die Verwaltung von Codes und IP-Adressen bei verschiedenen Internet-Registries.

Der Teufel steckt dabei im Detail: nach der gegenwärtigen Version des Bewerberhandbuchs hat das GAC das Recht, egal aus welchem Grund Einwendungen (objections) gegen jede nTLD-Bewerbung zu erheben; die verbindliche Entscheidung, ob eine Endung eingeführt wird oder nicht, liegt aber bei ICANN. Nach der geplanten Neufassung des IANA-Vertrages hätte die US-Regierung nunmehr im Fall von „objections“ das Recht, einzuwenden, dass eine Endung ohne die Zustimmung aller sogenannten „stakeholder“ eingeführt wird, was wiederum ein Vertragsverletzungsverfahren auslösen würde. Unter den Sammelbegriff „stakeholder“, der alle Gruppen mit Interesse an ICANN zusammenfasst, soll auch die Gesamtheit aller nationaler Regierungen fallen. Auch wenn diese Hintertür unmittelbar nur den USA offensteht, so darf man vermuten, dass angesichts der Intervention von EU-Kommissarin Neelie Kroes vor wenigen Wochen auch die EU versuchen würde, auf diese Weise Einfluss auf das Schicksal einer neuen Top Level Domain zu nehmen. Dazu passt die Meldung, dass die NTIA erst vor wenigen Tagen zum wiederholten Mal betont hat, dass man keinerlei Absicht hegt, die IANA-Funktion dauerhaft auf ICANN zu übertragen und ihr damit mehr Selbständigkeit zu verleihen.

ICANN selbst zeigt sich nach außen hin unbeeindruckt und bereitet das nTLD-Programm weiter vor. Laut einer aktuellen Stellenausschreibung sucht man einen „contact center service provider“ sowie drei „lead application coordinator“ für Büros in Marina del Rey, Hongkong und Brüssel; dahinter verbirgt sich ein Kundenservice, der unter anderem bei Fragen zum nTLD-Programm insgesamt als auch zum Bewerbungsverlauf weiterhelfen soll. Ob diese Stellen aber überhaupt Eingang in die endgültige Fassung des Bewerberhandbuchs finden, ist bis zuletzt offen.

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