Die Internet-Verwaltung treibt den „expression of interest“-Prozess (EOI) voran: bereits kommenden Monat will ICANN über den Starttermin für das vorgeschaltete Bewerbungsverfahren um eine neue generische Top Level Domain entscheiden.
Im Dezember 2009 hat ICANN erstmals ein Eckpunkte-Modell für das EOI-Verfahren vorgelegt. Das 16seitige Papier enthält noch keine Detailregelungen, benennt jedoch einige Kernelemente und soll so robuste Diskussionen ermöglichen. So ist beispielsweise für jeden potentiellen Bewerber in der ersten Runde um eine neue gTLD die Teilnahme am EOI verpflichtend; erst die folgenden Runden sind dann für jeden Interessenten offen. Daher muss auch jeder Bewerber zahlreiche grundlegende Informationen zu seiner beabsichtigten Bewerbung offenlegen, darunter seinen Namen sowie die gewünschte Domain-Endung. Damit schafft das EOI einen relativ verlässlichen Überblick, wer welche Top Level Domain einführen möchte. Für die von eBay bekannten Spassbieter sind harte Zeiten angekündigt: jeder Teilnehmer am EOI muss eine Einlage von US$ 55.000,– leisten, wobei eine Anrechnung auf die spätere Bewerbungsgebühr erfolgt, die ICANN bisher mit US$ 185.000,– beziffert hat. Die Einlage wird allerdings zurückerstattet, sollte das Hauptverfahren nicht bis zu einem noch festzulegenden Datum gestartet sein, wobei ICANN selbst mit einem Zeitraum von bis zu 18 Monaten nach Start des EOI plant.
Ziel des EOI ist, ICANN und die Internet-Community mit belastbaren Informationen rund um die Einführung neuer Top Level Domains zu versorgen, darunter Zahl und Art der Bewerber, deren Geschäftsmodelle und die generelle Nachfrage nach neuen Endungen. Die Arbeiten am Bewerberhandbuch, das mittlerweile in der dritten Entwurfsfassung vorliegt, werden parallel zum EOI fortgeführt; allerdings will ICANN zahlreiche offene Fragen zum Handbuch, darunter die Problematik zum Schutz von Kennzeichenrechten, noch vor dem Beginn des EOI gelöst haben. Bis vorerst 27. Januar 2010 hat die Öffentlichkeit nun über die ICANN-Website Gelegenheit, eine Stellungnahme zum Eckpunktepapier einzureichen; die gesammelten Informationen werden dann beim Vorstands-Meeting im Februar 2010 ausgewertet und dann sowohl über das EOI als auch einen Starttermin entschieden.
Obwohl die Idee eines EOI maßgeblich auf eine Initiative der Community mit Unternehmen wie Minds + Machines an der Spitze zurückgeht, stößt es nicht auf ungeteilte Begeisterung. So kritisiert etwa Kieren McCarthy, ehemaliger Kommunikationsdirektor bei ICANN, dass einem Großteil der Internet-Community gar nicht bekannt sei, welche vorbereitenden Schritte ICANN mit dem EOI plant; da eine EOI-Teilnahme jedoch für ernsthafte Interessenten verpflichtend sei, sorge dies für weitere Spannungen und Verzögerungen im gesamten gTLD-Prozess. Kritik kommt auch von der Internet Commerce Association (ICA), die gänzlich von einer Stellungnahme absieht, da man ohnehin erheblichen Widerstand gegen das EOI allein schon wegen der hohen Teilnahmegebühr erwartet. Auch im neuen Jahr wird sich ICANN also auf heftige Diskussionen einzustellen haben.