Die Internet-Verwaltung ICANN hat das Thema punktlose Top Level Domains (»dotless domains«) offiziell zu Grabe getragen: anlässlich der Sitzung vom 13. August 2013 hat das »New gTLD Program Committee« (NGPC) ihre Zulassung ausgeschlossen.
Per Definition handelt es sich bei »dotless domainsq um Domain-Namen, die aus einem einzigen Label bestehen, wie zum Beispiel http://example oder mail@example. Eine klassische Top Level Domain kennen solche Adressen also nicht. Im Zuge der Einführung neuer Top Level Domains hatte unter anderem der Suchmaschinenbetreiber Google Inc. die Idee von »dotless domains« aufgegriffen und ein Modell vorgestellt, das ihre Nutzung in dem Format http://search/ erlauben sollte. Obwohl technisch möglich, galten »dotless domains« als von Anfang an hoch umstritten: das Security and Stability Advisory Committee (SSAC) von ICANN hat ausdrücklich von der Zulassung abgeraten, da sich je nach Anwendung (zum Beispiel Browser, LAN oder in der eMail-Adresse) verschiedene Probleme ergeben, die in ihrer Kombination keine sichere, zuverlässige Prognose erlauben, ob eine »dotless domainq die tatsächlich gewünschte Adresse auflöst. Dem SSAC zur Seite sprang das Internet Architecture Board (IAB), nach dessen Einschätzung »dotless domains« als schädlich für Sicherheit und Stabilität des Internets eingestuft werden müssen. Und zuletzt warnte auch Microsoft eindringlich vor diesen Domain-Namen, auch wenn spekuliert wird, dass man dort die technischen Gründe lediglich vorschiebt, um sich gegen den Rivalen Google zur Wehr zu setzen.
Zumindest im NGPC haben sich allerdings die technischen Bedenken durchgesetzt: auf Grundlage der Stellungnahmen des SSAC und des IAB folgt man dem Schluss, dass »dotless domains« ein zu hohes Risiko in sich bergen. Und das NGPC geht in seinem Beschluss sogar einen Schritt weiter: die Nutzung von »dotless domains« wird ausdrücklich verboten. Damit schließt das NGPC auch eine theoretische Lücke im Bewerberhandbuch und macht Ausnahmen praktisch unmöglich. Öffentlich kaum diskutiert wurde bisher, dass sich ICANN mit der Zulassung das eigene Grab hätte schaufeln können: würden »dotless domains« erlaubt, würde dies möglicherweise die Zukunft aller Top Level Domains wie .com oder .net gefährden – und zumindest die generischen Endungen zählen zu den Haupteinnahmequellen von ICANN.
Da das NGPC mit Vollmacht des ICANN-Vorstands beschließt, gilt die Anordnung unmittelbar. Ob und welche Auswirkungen dies auf Googles Bewerbung um .search hat, blieb bisher offen. Auch Donuts und Uniregistry, die sich zusammen um etwa 400 nTLDs beworben haben, sollen an »dotless domains« interessiert gewesen sein, ohne dass ihre Bewerbungen von der aktuellen Entscheidung des NGPC jedoch unmittelbar betroffen sind.