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ICANN im Kreuzfeuer der Kritik

Die Internetverwaltung ICANN steht einmal mehr im Kreuzfeuer der Kritik: anlässlich einer Anhörung vor dem US-Kongress zur geplanten Einführung neuer Top Level Domains musste sich ICANN harte Worte gefallen lassen. Derweil kursieren Meldungen, wonach die bis Ende September 2009 befristete Kompetenzdelegierung mit der US-Regierung auf sogar unbestimmte Zeit verlängert wird.

Für Mittwoch vergangener Woche hatten sich mehrere Vertreter ICANNs, darunter COO Doug Brent, vor einem Unterausschuss für Gerichte und Wettbewerb im US-Kongress eingefunden, um sich einer Anhörung zur geplanten Einführung zahlreicher neuer Top Level Domains zu stellen. Der Vorsitzende, Demokrat John Conyers, brachte deutlichen Unmut zum Ausdruck: „Dies ist eine Anhörung, die wir nicht gebraucht hätten, wenn sich die Beteiligten gekümmert hätten“. Conyers zielte damit auf ungelöste Probleme wie Cybersquatting sowie den fehlenden Nachweis eines Bedarfs an weiterer Öffnung des Namensraumes. Vor allem die zusätzliche Belastung für Inhaber von Kennzeichenrechten macht dem US-Kongress Sorgen. Auch wenn konkrete Forderungen unterblieben, so ist doch zu erwarten, dass sich angesichts der politischen Bedenken der Zeitplan zur Einführung neuer Top Level Domains erneut verzögert. Unterstützung ist ICANN jedenfalls aus Industriekreisen sicher: so forderten zahlreiche Unternehmen wie eNom, Network Solutions, Tucows, Minds + Machines und dotBERLIN GmbH & Co. KG in einem Schreiben an den ICANN-Vorstand, neue Endungen nun ohne weitere Verzögerung einzuführen, und nicht noch weitere Studien und Stellungnahmen einzuholen; der Markt werde es richten.

Der neue ICANN-CEO Rod Beckstrom nahm einstweilen schriftlich zum Schreiben der beiden Republikaner Lamar Smith und Howard Coble Stellung, die zahlreiche ICANN-Projekte hinterfragt hatten. Beckstrom gab unter anderem an, dass der Vorstand noch nicht entschieden habe, welche Vorschläge des Implementation Recommendation Team man umsetzen werde, schloss jedoch weitere Prüfungen nicht aus. Zugleich kündigte er an, die Notwendigkeit defensiver Registrierungen verringern zu wollen. Dass man vom generellen Entschluss, neue TLDs einzuführen, nicht mehr abrückt, belegt ein Verweis Beckstroms auf drei Studien, die positive Effekte für den Wettbewerb im Domain-Markt erwarten lassen, schloss jedoch auch hier weitere Studien nicht aus. Schließlich erneuerte er seine Forderung, wonach ICANN eine permanente Institution werden müsse.

Am gestrigen Mittwoch endete dabei das so genannte „Joint Project Agreement“ (JPO), das in grundsätzlicher Weise die rechtlichen Beziehungen zwischen ICANN und dem US-Wirtschaftsministerium regelt. Bis zuletzt war unklar, welche Folgevereinbarung getroffen wird, auch wenn das Ende ICANNs nicht ernstlich erwartet wurde. Nach einem Bericht des „Economist“ darf man sich bei ICANN trotz aller Kritik auf mehr Unabhängigkeit freuen: Die neue Vereinbarung mit der Bezeichnung „affirmation of commitments“ soll nur vier Seiten lang sein. Waren bisherige Vereinbarungen stets befristet, soll diese auf unbestimmte Zeit gelten. Wie der „Economist“ weiter berichtet, sollen zudem Panels installiert werden, welche ICANN in vier Bereichen (Wettbewerb unter generischen TLDs, Handhabung von Inhaberdaten, Netzwerksicherheit sowie Transparenz, Rechenschaftspflicht und öffentliches Interesse) überwachen. Nur bei letzteren sollen die USA einen dauerhaften Sitz behalten, im übrigen werden die Panels mit Regierungsvertretern besetzt. Eine offizielle Bestätigung war bisher jedoch nicht zu erhalten.

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