Das Governmental Advisory Committee (GAC), Vertreter der Regierungen innerhalb der Internet-Verwaltung ICANN, hat das aktuelle Meeting in Buenos Aires genutzt, um erneut in das nTLD-Bewerbungsverfahren einzugreifen. In einem neuen Kommuniqué wendet sich das GAC dabei direkt an einzelne neue Endungen.
Mit seinem ersten Kommuniqué, das am 11. April 2013 anlässlich des ICANN-Meetings in Peking veröffentlicht wurde, bremste das GAC den ehrgeizigen Zeitplan von ICANN mit der Forderung nach neuen Prüfverfahren aus. Und auch das neue Kommuniqué vom 20. November 2013 verheisst für einige nTLD-Bewerber nichts Gutes. So ordnet das GAC die Endung .doctor künftig mit dem »Category 1 Advice« ein; mit dieser Kategorie hatte das GAC all jene potentiellen neuen Endungen markiert, die einen erhöhten Vertrauensschutz bei Verbrauchern genießen und daher ein erhöhtes Risiko in sich bergen, Verbrauchern zu schaden. Im Fall der Endung .doctor, um die sich bisher drei Kandidaten bewerben, fordert das GAC, dass die Registrierung auf rechtmäßig praktizierende Ärzte beschränkt wird. Damit konzentriert das GAC diese Zeichenkette auf die Medizin, obwohl der akademische Grad des Doktors zum Beispiel auch in Geisteswissenschaften vergeben wird.
Innerhalb des GAC heftig umstritten ist der Umgang mit den beiden Endungen .wine und .vin. Während die EU-Kommission darauf drängt, Begriffe wie Bordeaux, Chianti oder Rioja als geschützte Marken zu behandeln, sehen andere Länder wie Neuseeland, Kanada oder die USA die bisher verlangten Schutzregeln als ausreichen an. Im Mittelpunkt des Streits stehen so genannte »Geographical Indications« (GIs); vor allem Kanada und die USA wollen verhindern, dass geographischen Herkunftsangaben künftig bei ICANN mehr Schutz geniessen, als ihnen nach den Grundsätzen des internationalen Markenrechts zusteht. Für die drei Bewerber um .wine und die zwei Bewerber um .vin bedeutet dies, dass weitere Verhandlungen nötig sind, durch die sich die Entscheidung über den Zuschlag verzögert. Zu einem Politikum entwickelt sich auch die die Endung .spa, um die sich drei Unternehmen beworben haben: nach unbestätigten Meldungen soll die belgische Stadt Spa von ihnen Geld dafür verlangt haben, kein Beschwerdeverfahren einzuleiten. Zumindest mit einem Bewerber soll .spa außerdem einen Vertrag geschlossen haben, ohne jedoch finanziell davon zu profitieren. Ein belgischer GAC-Vertreter wies die Vorwürfe angeblicher Erpressung jedoch zurück. Schließlich kündigte das GAC an, die Gespräche zu den beiden umstrittenen Endungen .islam und .halal fortsetzen zu wollen; vorerst will man ein Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) abwarten, das Anfang Dezember 2013 stattfindet.
Unterdessen steigt die Zahl der neu delegierten Top Level Domains nahezu täglich an. Zu Beginn der Woche listete die IANA-Datenbank insgesamt 31 neue Domain-Endungen auf, die vier internationalisierten Endungen eingeschlossen. Seit dem 14. November 2013 sind damit sieben neue Endungen im Root eingetragen worden, namentlich .diamonds, .tips, .photography, .direc tory .enterprises, .kitchen und .today. Bei sämtlichen sieben Endungen handelt es sich um Bewerbungen von Donuts-Tochtergesellschaften; Donuts vereint damit derzeit 26 von 31 neuen Endungen auf sich. Eine verbindliche Registrierung ist aber noch unter keiner der neuen Endungen möglich. Wer sie dennoch ausprobieren möchte: im Format nic.ntld (also hier zum Beispiel nic.diamonds oder nic.kitchen) kann man alle neu delegierten Domain-Endungen testen.