Stellt die Einführung neuer generischer Top Level Domains eine Bedrohung für Premium-Domains dar? Mit einer ähnlichen Botschaft meldete sich Anfang Juli 2009 domainportal.de zu Wort und warnte vor einer Bedrohung für den Fortbestand von Domains wie sport.de oder auto.de. Nachfragen bei der DENIC eG bestätigen aber: Anlass zur Sorge besteht nicht.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Grundsatz, dass zahlreiche Domain-Registries wegen befürchteter technischer Probleme die Registrierung bereits existierender Top Level Domains wie .com oder .net als Second Level Domain untersagen. So führt zum Beispiel die WHOIS-Suche nach com.de zu dem Hinweis, dass es sich um keine gültige Domain handelt; eine entsprechende Regelung enthält Absatz V. der DENIC-Domainbedingungen, wonach die Bezeichnungen von TLDs wie .com, .net, .org und sämtliche länderbezogenen TLDs als Domains unzulässig sind. Doch was passiert nun, wenn ICANN die Einführung der Top Level Domain .sport beschließt? Verliert dann der Inhaber von sport.de seine Domain?
Die klare Antwort: nein. Wie uns DENIC-Chefsyndikus Stephan Welzel auf Nachfrage bestätigt, müsste DENIC aus technischen Gründen grundsätzlich Domains löschen, die nach ihrer Registrierung zu einer TLD.de-Domain werden, wenn eine entsprechende TLD neu eingeführt wird. Das aber wäre insofern unbillig, als der Inhaber einer solchen Domain bei ihrer Registrierung nicht wusste und auch nicht wissen konnte, dass eines Tages eine entsprechende TLD kommen wird. Bei der DENIC hat man daher entschieden, in derartigen Fällen dem betroffenen Inhaber Vertrauensschutz zu gewähren und ihm die Domain zu belassen. Weil sich dieser Vertrauensschutz aber nicht auf spätere Erwerber der Domain erstreckt, ist in § 6 der Domainbedingungen unter anderem geregelt, dass eine Domain nicht übertragbar ist, wenn sie aus der Bezeichnung einer Top Level Domain gebildet wird. Der Inhaber einer .de-Domain, die auf Ebene der Second Level Domain einer neu eingeführten Top Level Domain entspricht, darf seine Adresse also behalten und weiterhin aktiv für sein Internetangebot nutzen; er kann sie lediglich nicht mehr übertragen. Verhindert wird dies nicht durch einen Dispute-Eintrag, sondern durch eine technische Sicherung.
Den Vorwurf, damit erheblich in die Rechte des Domain-Inhabers einzugreifen, weist Welzel entschieden zurück. Die Möglichkeit, Domains zu übertragen, ist kein natürliches Recht ihrer Inhaber, sondern besteht, weil DENIC es im Domain-Vertrag so eingerichtet hat; folgerichtig kann DENIC jedenfalls für bestimmte Domains auch davon absehen, sie als übertragbar auszugestalten. In diesem Zusammenhang fällt das Augenmerk auch auf die nicht eindeutig geklärte Frage, wie die Übertragung einer Domain erfolgt: ob die Domain gelöscht und auf den neuen Inhaber neuregistriert wird, oder ob eine echte Vertragsübernahme stattfindet. In beiden Fällen allerdings ist die Übertragung der Domain ohne rechtsgestaltendes Mitwirken der DENIC im Wege der Zustimmung bei der Vertragsübernahme und dem Vertragsschluss überhaupt bei einer Neuregistrierung nicht möglich. Aus diesem Grunde besteht wenig Raum für die erklärte Beeinträchtigung des Handels mit einer Premium-Domain.
Die Berücksichtigung möglicher technischer Schwierigkeiten mit TLD.de-Domains hatte das OLG Frankfurt in seinem .vw-Urteil zuletzt ausdrücklich gebilligt. Ob und wie sich das Problem mit Einführung neuer Top Level Domains aber tatsächlich auswirkt, wird die Zukunft weisen; wer sich letztlich um welche Top Level Domain erfolgreich bewirbt, steht noch in den Sternen.