Am vergangenen Wochenende ging das 2. Treffen der Internet-Verwaltung ICANN in diesem Jahr, das diesmal in Puerto Rico stattfand, zu Ende. Beherrschendes Thema war einmal mehr die Einführung neuer Top Level Domains, und ICANN-CEO Paul Twomey hatte allen Anlass, optimistisch in die Zukunft zu blicken.
Nach den ersten beiden Runden in den Jahren 2000 und 2004 steht das Domain Name System (DNS) unmittelbar vor Runde drei. „Dank der in San Juan gemachten Fortschritte befinden wir uns auf Kurs, so dass 2008 die Einführung beginnen kann“, gab ein zufriedener Paul Twomey zu Protokoll. Die Erweiterung zielen dabei in zwei verschiedene Richtungen: zum einen arbeitet ICANN an dem klassischen Bewerbungsprozess, wie er etwa der Einführung von .info oder .mobi vorausging, und der zu einem Registrierungsbeginn Mitte 2008 führen soll. Derzeit bastelt ICANN noch an dem Regelwerk, das den Einführungsprozess ordnen soll. Heftig diskutiert wird dabei unter anderem die Frage, ob ICANN politischen Einfluss auf die neuen Endungen nehmen soll, oder TLDs wie zum Beispiel .nazi oder .jihad von vornherein ausgeschlossen sind, auch wenn der Bewerber ein überzeugendes Konzept vorlegt. Eine besondere Rolle spielen auch geoTLDs wie .berlin, .paris oder .nyc, deren Vertreter in Puerto Rico an den ICANN-Vorstand appellierten, eine verbindliche Zeitplanung vorzulegen.
In eine völlig neue Richtung geht ICANN daneben mit internationalisierten Top Level Domains (IDNs) auf Ebene der Top Level Domain. Demnach würde auch bei den TLDs die bisherige Beschränkung auf den ASCII-Zeichensatz mit den Buchsten a–z, den Ziffern 0–9 und dem Bindestrich entfallen, so dass Domain-Namen vollständig in chinesischen oder kyrillischen Zeichen möglich wären. Nach Angaben von Twomey machen die technischen Entwicklungen grosse Fortschritte. Klappt alles wie geplant, könnten die neuartigen Domains bereits im November diesen Jahres live in der Root Zone getestet werden. Etwas zäher werden sich allerdings die Regeln für ihre Vergabe gestalten; hier rechnet ICANN mit einer Dauer von bis zu zwei Jahren für die Entwicklung. Probleme bereiten vor allem Überschneidungen; so sieht etwa das Wort „restaurant“ in kyrillisch wie das lateinische „pectopaht“ aus. ICANN muss zudem prüfen, ob beispielsweise der .cn-Registry auch die Verwaltung der IDN-Variante übertragen wird. Vor Mitte des Jahres 2008 ist ungeachtet aller technischen Fortschrittte mit einer Entscheidung daher kaum zu rechnen.
Zu guter Letzt kam auch das Dauerthema IPv6 zur Sprache. Inzwischen ist unstreitig, dass der Adressraum mit dem bisherigen Protokoll IPv4 in wenigen Jahren zu Ende gehen wird. Dr. Vint Cerf rief daher die Verantwortlichen auf, in IPv6 zu investieren und es einzusetzen. So hat etwa die mexikanische NIC angekündigt, ab 1. Januar 2011 nurmehr das neue Protokoll zu verwenden; dass andere Registries nachziehen, steht zu erwarten.