Neue TLDs

Expertenkritik an ICANN wächst

Der Widerstand gegen die Pläne der Internet-Regierung ICANN, eine Vielzahl neuer Top Level Domains (TLDs) zuzulassen, formiert sich: nach einem Bericht des Online-Magazins „Intellectual Property Watch“ kritisieren Experten insbesondere, dass ein Bedürfnis für neue TLDs nicht ausreichend belegt sei.

Wie berichtet, hat ICANN anlässlich des Juni-Meetings in Paris den Weg für eine unbegrenzte Zahl neuer Domain-Endungen freigemacht. Bei einem etwa 90minütigen Webcasts der International Trademark Association (INTA) haben zahlreiche Experten diesen Prozess aus Sicht der Markeninhaber kritisch hinterfragt. So vermisst J. Scott Evans von Yahoo eine Begründung für neue TLDs. Seiner Ansicht nach versteht sich ICANN als Bereiter von Märkten; für diesen Ansatz gelte „je mehr, desto besser.“ Für Inhaber von Kennzeichen bedeute dies jedoch noch mehr Investitionen in den Schutz ihrer Rechte und Geld, das man den Betreibern der neuen Endungen zahlen müsse. Zu den weiteren Befürchtungen zählen neben den ansteigenden Kosten Verwirrung und Verunsicherung der Internetnutzer und die Zunahme von Cybersquatting, die neue Endungen zudem für die Verbreitung von Malware wie Viren nutzen könnten. So fürchtet auch INTA-Manager Claudio Di Gangi, dass diese schädlichen Praktiken durch neue TLDs noch schlimmer werden könnten; wörtlich spricht er von einem „Öffnen der Schleusen“.

ICANN-Sprecher Jason Keenan betonte dagegen, dass der gesamte „policy process“ auf den Ideen der Internet Community beruhe, und diese habe sich für neue TLDs ausgesprochen. WIPO-Schiedsrichter Dr. Torsten Bettinger äusserte sich anlässlich eines Kongresses der International Association for the Protection of Intellectual Property (AIPPI) in Bosten Anfang September dahingehend, dass neue generische TLDs den Nutzern mehr Möglichkeiten bei der Wahl ihrer spezifischen Endung geben würden; einige Vorhersagen sprechen gar von hunderten neuer TLDs.

Viel dürfte davon abhängen, wie ICANN das Bewerbungsverfahren gestaltet, das sämtliche Kandidaten durchlaufen müssen. Erste Details des standardisierten Verfahrens („evaluation process“) sind für das 4. Quartal 2008 in Aussicht gestellt. Bis dahin ist auch unklar, ob nicht allein eine Anmeldegebühr von diskutierten US$ 500.000,– zahlreiche Interessenten abhält, zumal das Ergebnis einer solchen Bewerbung unsicher ist und, neben den bloßen Kosten einer Bewerbung, auch der laufende Betrieb einer Registry mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden sein wird.

Noch ein Hinweis zum Schluss: der gemeinsam von INTA und der Association of European Trademark Owners am 11. September 2008 veranstaltete Webcast zum Thema neue Top Level Domains und deren Folgen für Markeninhaber mit Teilnehmern wie Jeff Neuman von Neustar ist für 30 Tage im Internet archiviert und nach einer kostenfreien Anmeldung abrufbar. Zum Betrachten sollte man den Internet Explorer wählen; Browser wie etwa den Firefox lehnt das Programm aufgrund technischer Probleme ab.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top