Die Endlos-Saga um .africa ist um ein Kapitel reicher: das Independent Review Panel (IRP) der Internet-Verwaltung ICANN hat empfohlen, der zurückgewiesenen Bewerbung von DotConnectAfrica (DCA) eine zweite Chance zu geben. Für ICANN ist die Entscheidung ein Schlag ins Gesicht.
Eigentlich war alles entschieden: am 24. März 2014 unterzeichneten ICANN und die südafrikanische ZA Central Registry (ZACR) das Registry Agreement für .africa. Und ZACR wollte keine Zeit verlieren: schon im Mai 2014 sollte die Registrierung mit der Sunrise- und der daran anschließenden Landrush-Phase beginnen. Der erste herbe Rückschlag kam jedoch am 12. Mai 2014: auf Betreiben von DCA entschied das IRP, das Verfahren vorerst einzufrieren. Zur Begründung verwies das IRP darauf, dass es ICANN versäumt habe, entgegen der eigenen Statuten ein »standing panel« einzurichten. Ausserdem genüge es in dieser Phase, wenn ein Anschein dafür spreche, dass DCA mit dem Antrag Erfolg haben könnte; eine überwiegende Erfolgsaussicht sei nicht erforderlich. Seither befand sich .africa in der Schwebe, ohne dass klar war, bis wann das IRP seine Entscheidung trifft; allgemein wurde der Beschwerde von DCA jedoch keine grosse Erfolgsaussicht eingeräumt. In die Root Zone ist .africa daher bis heute nicht eingetragen.
Umso überraschender kam am 09. Juli 2015 das Urteil des IRP, wonach ICANN bei der Behandlung der Bewerbung von DCA gleich in mehrfacher Hinsicht gegen die eigenen Statuten verstossen haben soll. In der 63-seitigen Begründung verweist das IRP darauf, dass sich ICANN zu einem offenen und transparenten Verfahren verpflichtet habe. Diese Grundsätze habe ICANN verletzt. So habe etwa der ICANN-Regierungsbeirat, das Governmental Advisory Committee (GAC), empfohlen, die Bewerbung von DCA zurückzuweisen, insbesondere weil es der Bewerbung an der notwendigen politischen Unterstützung durch die Afrikanische Union mangelte. Diese Empfehlung habe ICANN ohne weitere Prüfung umgesetzt; auch DCA selbst habe vor dem GAC keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Mit einem solchen Handeln bzw. Unterlassen habe es ICANN an der erforderlichen Fairness fehlen lassen. Die Begründung trifft ICANN ins Mark: da die Empfehlungen des GAC nicht immer einstimmig ergehen und oft vage formuliert werden, schafft das Urteil des IRP ein Einfallstor für zahlreiche Entscheidungen, die ICANN im Verlauf des nTLD-Programms gefällt hat. So dürften etwa die von einer überwiegend negativen GAC-Empfehlung betroffenen Bewerber um .gcc und .thai ihrerseits ebenfalls auf eine zweite Chance hoffen.
Auch wenn entsprechende Pressemitteilungen der umtriebigen DCA-Leitung mit Sophia Bekele an der Spitze bald folgen werden: eine ernsthafte Chance auf eine erfolgreiche Bewerbung hat DCA nach wie vor nicht. John Jeffrey, Leiter der Rechtsabteilung von ICANN, gab zwar an, das Urteil des IRP beim nächsten Vorstandstreffen am 28. Juli 2015 zu besprechen und sorgfältig zu prüfen. Nach wie vor hat aber nur ZACR die politische Unterstützung von mindestens 60 Prozent der afrikanischen Regierungen im Rücken; spätestens an dieser Hürde wird DCA also erneut scheitern. Für die Internetnutzer ist der Streit erst recht misslich: wann .africa endlich eingeführt wird, steht derzeit in den Sternen.