Domain-Recht

»first come, first served« – oder? (Teil 3)

Teil 3: Namensrecht bei zusammengesetzten Städte-, Gemeinde- und Regionennamen

Damals, in den frühen Tagen des Internet, kurz vor dem Boom mitte der 90er des vergangenen Jahrhunderts, da gab es eine unumstößliche Regel für die Rechte an einer Domain: first come, first served! Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Schaut man sich aber um, kommen einem massive Zweifel, ob diese Regel heute noch gilt.

Nachdem in Teil 1 deutlich wurde, dass Unternehmen mit überragender Bekanntheit das Prinzip „first come, first served!“ aushebeln und wir uns im zweiten Teil mit reinen Städtenamen befaßt und festgestellt haben, dass das Prinzip „first come, first served!“ abhängig ist vom Alter des Rechtes am Begriff, der den Domain-Namen bildet und nicht der Registrierung der Domain als solcher, werden wir diesmal zusammengesetzte Städtenamen-Domains in Augenschein nehmen.

Die Frage, wie es rechtlich um zusammengesetzte Städtenamen-Domains steht, wurde kürzlich behandelt: in der Entscheidung des LG Düsseldorf (Urteil vom 01.06.2001, Az.: 38 0 12/01) über die Domain „info-duisburg.de“. Das Gericht war der Ansicht, in diesem Domain-Namen wird der Name Duisburg nicht als Name, sondern als geografisches Kennzeichen genutzt, und wies die Klage der Stadt Duisburg zurück. Denn durch die Verwendung des Namens Duisburg in Zusammenhang mit dem Begriff Info lag keine Namensrechtverletzung vor.

Was das mit dem Prinzip des „first come, first served!“ zu tun hat? Im Falle info-duisburg.de war die „Priorität“ des Namensrechts der Stadt Duisburg nicht berührt, zum Zuge kam die „Priorität“ der Registrierung der Domain. Im Grunde ist der Begriff „Priorität“ hier nicht wirklich stimmig, da die Parteien auf zwei unterschiedlichen Ebenen aneinander vorbei manövrierten. Der Inhaber der Domain info-duisburg.de hatte die Domain zuerst registriert und mit dem Domain-Namen keine bestehenden Rechte der Stadt Duisburg verletzt. Näheres zu der Entscheidung erfahren sie hier.

Aber Achtung: Die Entscheidung bezieht sich auf in der Second-Level-Ebene zusammengesetzte Namen und Begriffe. Anders ist es bei Nutzung eines Städtenamens auf der Third-Level-Ebene. Als Beispiel sei die Entscheidung kamp-lintfort.cty.de (LG Duisburg, Urteil vom 2.12.1999, Az.: 8 O 219/99) genannt. Das Gericht sah in diesem Fall eine namensmäßige Benutzung des Städtenamens. Das schöne daran ist allerdings, dass die Entscheidung vom LG Duisburg stammt, vor dem die Stadt Duisburg im Rechtsstreit info-duisburg.de hätte klagen können. Vielleicht wäre dann ein anderes Ergebnis rausgekommen.

In den Entscheidungsgründen erklärte das LG Duisburg zur Domain kamp-lintfort.cty.de:

„Die Verwendung eines Städtenamens als sog. Third-Level-Domain (www.stadt.xyz.de) ist eine namensmässige Benutzung im Sinne von § 12 BGB. Sie begründet auch eine Identitätsverwirrung und führt somit zu einer Namensanmassung. Diese Verwechselungsgefahr wird auch durch das mögliche Bestehen einer eigenen – anderen – Website der Stadt nicht gehindert.“

Hier liegt auf den ersten Blick kein Unterschied zwischen den Domains, über die entschieden wurde vor, beide sehen aus wie zusammengesetzte Domain-Namen. Aber während bei info-duisburg.de auf der zweiten Domain-Ebene der Stadtname zusammen mit einem weiteren Begriff als geografische Bezeichnung genutzt wird, wird bei der Domain kamp-lintfort.cty.de der Stadtname auf der dritten Ebene namensmäßig und allein genutzt. In der kamp-lintfort.cty.de Entscheidung lag eine Verletzung der Namensrechte der Stadt Kamp-Lintfort vor. Die Priorität am für die Domain genutzten Begriff liegt im Verhältnis der Parteien bei der Gemeinde Kamp-Lintfort.

Eine Frage, die sich angesichts der eben besprochenen Entscheidungen stellt ist, wäre es schlauer gewesen, die Domain kamp-lintfort-cty.de genannt zu haben, wobei dann auch die Möglichkeit zur kamp-lintfort-city.de bestanden hätte? Wohl nicht, da auch in diesem Falle von einer namensmäßigen Nutzung auszugehen wäre. Vielleicht liesse sich aber dem Gericht prägnannt darlegen, dass mit dem Wortbrocken „cty“ in kamp-lintfort-cty.de (oder eben city) gerade die Innenstadt und so eine geografische Beschreibung gemeint sei. Hierbei wäre abzuwägen zwischen der Bedeutung und dem Gebrauch des Begriffs City: City heißt nichts anderes als Stadt und damit wäre eben wieder die Gemeinde selbst gemeint, aber es kann auch das Stadtzentrum, die Einkaufsmeile damit bezeichnet werden, womit eine Verortung stattfände.

Allerdings wäre die Domain kamp-lintfort-city.de keineswegs so attraktiv wie die Domain „cty.de“ ist, die als Portal dienen könnte. Zur Zeit ist sie allerdings nicht erreichbar.

Ein weiteres Beispiel ist die Entscheidung mueritz-online.de des OLG Rostock (Urteil vom 16.2.2000, Az.: 2 U 5/99). Zwar ist mit der Domain keine Stadt bezeichnet, aber eine Region. Geklagt wurde gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern, das Inhaberin der Domain war. Der Kläger beanspruchte das ausschließliche Nutzungsrecht an der Domain, denn er betreibt auch die Seite mueritz.de und firmiert unter müritz-online. Bereits Anfang der 90er hatte er ein Logo entworfen und später den Begriff „müritz-online“ hinzugefügt. Schließlich beantragte er Markenschutz, den er auch erhielt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte den Domain-Namen erst viel später für sich registriert. Die prioritätsälteren Rechte, das „first come, first served!“ wurde dem Unternehmer zugesprochen.

Allerdings ergab sich der Erfolg nicht aus dem Namensrecht der Region Müritz, also aus § 12 BGB, sondern der Anspruch ergab sich aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG, weil der Kläger Inhaber einer entsprechenden Marke ist und diese angemeldet hatte, bevor die Domain von der Beklagten registriert wurde. Und während das erstinstanzliche Gericht der Verfügungsklage nicht stattgab, hatte das Unternehmen vor dem OLG Rostock Erfolg. Das erklärte, der Name Müritz-Online geniesse Markenschutz und der Unterschied zur Schreibweise des Domain-Namens mueritz-online sei nicht so groß, dass nicht eine Verwechslungsgefahr bestehe. Zudem meinte das Gericht, den Interessen der Beklagten sei schon genüge getan, da das Nationalparkamt die Domain nationalpark-mueritz.de besitze.

Insgesamt sind Entscheidungen über zusammengesetzte Städtenamen-Domains noch dünn gesät. Liegt es daran, dass die Inhaber auf die Unterlassungsforderungen der Städte und Gemeinden reagieren, weil der Verweis auf das Namensrecht überzeugt. Oder kümmern sich nur wenige Städte um alternative Domains, weil sie ihre Domain schon haben? – Kenntnisse und Urteile darüber werden von mir gerne entgegengenommen.

Anhang:

§ 12 BGB
Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

§ 14 Markengesetz

Abs. 5
(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Abs. 2
(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1. ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder

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