Das Markengesetz gibt Kennzeicheninhabern verschiedene Ansprüche an die Hand, mit denen sie sich gegen Kennzeichenrechtsverletzungen wehren können. Es gibt verschiedenen Kennzeichen: u.a. die Register- oder Eintragungsmarken, die Waren und Dienstleistungen bezeichnen und die in die Schutzrolle des Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen werden. Und die in § 5 MarkenG definierten Geschäftsbezeichnungen: Unternehmenskennzeichen und Werktitel.
Für beide Kennzeichenarten gibt es eigene Anspruchsgrundlagen. Während die Eintragungs- oder Registermarken, die Produkte bezeichnen, über § 14 MarkenG geschützt sind, werden die Geschäftsbezeichnungen nach § 5 MarkenG durch § 15 MarkenG geschützt. §§ 14 und 15 MarkenG sind beinahe identisch. Einige Unterschiede gibt es aber doch. Der Oberbegriff für Unternehmenskennzeichen und Werktitel ist geschäftliche Bezeichnung bzw. Geschäftsbezeichnung.
§ 15 MarkenG statuiert für die Geschäftsbezeichnung ein ausschließliches Recht des Inhabers der geschäftlichen Bezeichnung, einen Unterlassungsanspruch und einen Schadensersatzanspruch. Um aus diesen Anspruchsgrundlagen Ansprüche geltend zu machen, muss die rechtsverletzende Domain im geschäftlichen Verkehr genutzt werden.
Nach dem in § 6 MarkenG geregelten Prioritätsprinzip muss die geschäftliche Bezeichnung gegenüber einer anderen geschäftlichen Bezeichnung Vorrang haben, um in der rechtlichen Auseinandersetzung erfolgreich zu sein. Die Frage des zeitlichen Vorrangs ist unerheblich, wenn der Domain-Inhaber überhaupt keine Rechte am benutzen Zeichen hat. Für Domains heißt das, dass eine rechtsverletzende Benutzung eines Werktitels in Betracht kommt, wenn die registrierte Domain selbst zwar Werktitelschutz genießt (dazu hier mehr), aber ihr Titelschutz später entstanden ist, oder das der Inhaber der Domain gar keine Rechte an den benutzten Begriff hat.
Die Benutzung des Kennzeichens muss laut § 15 Absatz 2 MarkenG unbefugt sein. Hier greift man zum besseren Verständnis auf die Formulierung des § 14 Absatz 2 MarkenG zurück, wo es heißt: „[…] ohne Zustimmung des Inhabers […]“. Unbefugt ist die Benutzung ohne Zustimmung!
Werktitel
Die Titelverletzung setzt nach den beiden Tatbeständen des § 15 Absatz 2 und 3 MarkenG voraus, dass ein Dritter den Werktitel oder ein ähnliches Zeichen benutzt. Die Benutzung muss titelmäßig sein, das heißt ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs muss in ihr die Bezeichnung eines Werkes zur Unterscheidung von anderen Werken sehen.
Aber eine Verletzung entsteht nicht ausschließlich durch eine titelmäßige Benutzung. Auch wenn ein Werktitel als Unternehmenskennzeichen oder Produktkennzeichen benutzt wird, liegt unter Umständen eine Verletzungshandlung vor.
Die Veröffentlichung einer Titelschutzanzeige generiert bereits beim Inhaber eines älteren Werktitels einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch, da eine Erstbegehungsgefahr entsteht.
Auch der Werktitel ist vor Verwechslungsgefahr geschützt. Werktitel dienen der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen. Hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals gilt, dass auch Abkürzungen der geschützten Bezeichnung Schutz genießen, soweit die Abkürzung unterscheidungskräftig ist und unter ihr vom Verkehr der eigentliche Werktitel assoziiert wird. So etwa beim Begriff „Morgenpost“ für die Berliner Morgenpost. Häufig ergibt sich dieses Moment beim Weglassen von differenzierenden Untertiteln.
Die drei Merkmale, die bei der Verwechslungsgefahr ins Kalkül gezogen werden sind die Kennzeichnungskraft, die Zeichenähnlichkeit und die Werk- oder Produktähnlichkeit.
Der Werktitel ist geschützt, wenn er über ausreichende Kennzeichnungskraft im Sinne von § 5 MarkenG verfügt. Dabei ist nicht nur der Grad der Kennzeichnungskraft, sondern auch ihre Qualität relevant. Die titelmäßige Kennzeichnungskraft meint, inwieweit sich ein Zeichen dafür eignet, aufgrund seiner Eigenart und seiner durch die Benutzung erlangten Bekanntheit von anderen Werken unterscheidbar zu sein. Man orientiert sich beim Verbraucher und wie gut er Titel und Werk aus der Erinnerung zusammenbringt.
Allerdings sind die Anforderungen an das Bestehen der Kennzeichnungskraft bei Werktiteln nicht sehr hoch. Das hat zur Folge, dass der Schutzumfang bei der Frage der Verwechslungsgefahr ebenfalls nicht groß ist. Schon kleine Abweichungen sorgen für die notwendige Unterscheidungskraft von Werktiteln mit geringer originärer Kennzeichnungskraft und fehlender Verkehrsgeltung untereinander. Das findet sich beispielsweise bei Magazinen und in der Folge auch bei deren Domains, wie z.B. bei TV Movie und TV Spielfilm.
Werktitel sind auch gegenüber der Nutzung als Unternehmens- oder Produktbezeichnung geschützt, soweit die Kennzeichnungskraft über das Werk selbst hinaus geht und der Werktitel als Verweis auf das dahinter stehende Unternehmen aufgefaßt wird. Oder wenn der Titel besondere Originalität und Einprägsamkeit besitzt und weit überdurchschnittlich bekannt ist. Dazu gehören Titel wie Bambi oder Asterix und Obelix.
Die Zeichenähnlichkeit bemißt sich nach den Kriterien klangliche, bildliche (auch schriftbildliche) und begriffliche Erscheinungsform. Wie bei Eintragungsmarken (und wie bei der Kennzeichnungskraft weiter oben schon anklang) nimmt man den Eindruck der Erinnerung des Publikums zum Maßstab der Bewertung. Der Mensch nimmt eher die Gemeinsamkeiten als die Unterschiede wahr und erinnert diese. Dieser Eindruck ist auch von der Werkart bestimmt, womit ein Vorgriff auf die Werkähnlichkeit gegeben ist: Werktitel des täglichen Lebens (Tageszeitungen) werden nicht so differenziert wahrgenommen wie langlebige Güter (Bücher oder Spielfilme). Gewürdigt wird der Gesamteindruck, den der Werktitel macht. Entprechend wird man für Domain-Namen sagen können, es kommt auf den Begriff an und ob man täglich auf eine Webseite zugreift (News-Seiten wie Spiegel-Online oder heise.de) oder ob man wichtige Anschaffungen machen will oder bestimmte Auskünfte braucht und auf eine weniger oft besuchte Seite gelangt.
Die Werk- oder Produktähnlichkeit mißt einerseits die sachlichen Berührungspunkte zwischen dem Werk, dessen Titel geschützt ist, und dem Werk, Produkten oder Unternehmen, für die ähnliche Zeichen von einem Dritten benutzt werden. Der Begriff der Branchennähe, wie er für Unternehmenskennzeichen benutzt wird, passt hier nicht genau, er wird gleichwohl herangezogen. Verwechslungsgefährliche Berührungspunkte sind beispielsweise die Nutzung auf einem anderem Medium: Der Titel einer Hardcopy Zeitschrift wird von einem Dritten als Domain-Name für eine Internetzeitschrift benutzt, die genau die Inhalte der Hardcopy Zeitschrift wiedergibt. Bei einer Verschiebung dahin, dass andere Inhalte geschaltet werden, die aber doch zu einer ähnlichen Kategorie zählen (Hardcopy Fernsehzeitschrift vs. Internet Kinozeitschrift), kann man ebenfalls von einer Verwechslungsgefahr ausgehen.
Aber selbst bei Zeichenidentität kann die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sein, wenn die Inhalte so unterschiedlich sind, das ein Betrachter nicht auf die Idee kommt, beides in Verbindung zu bringen. Etwa wenn ein Tanzlokal Chrompalast heißt und ein monatliches Magazin herausbringt in dem von Veranstaltungen in den Räumlichkeiten berichtet wird und ein Fan von us-amerikanischen PKW aus den 50er, 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine gleichnamige Webseite einrichtet, die sich ganz diesen baroken Fahrzeugen widmet, dürfte keine Verwechslungsgefahr entstehen.
Der Werktitel-Inhaber kann bei Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale (unbefugter Nutzung des Werktitels oder eines diesem ähnlichen Zeichens im geschäftlichen Verkehr bei bestehender Verwechslungsgefahr – § 15 Abs. 2 MarkenG) vom Domain-Inhaber die Unterlassung (§ 15 Abs. 4 MarkenG) der Benutzung verlangen.
Der Schutz wird erweitert, wenn der Werktitel bekannt ist (§ 15 Abs. 3 MarkenG). Dann muss keine Verwechslungsgefahr zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs bestehen. Diese Bekanntheit eines Werktitels wird oft durch massive Werbeaktionen sehr schnell herbeigeführt, beispielsweise in der Filmbranche. Dann treten auch überragende Bekanntheitsgrade auf. Genauso schnell kann so ein Titel auch wieder in Vergessenheit geraten.
Über § 15 Abs. 5 MarkenG ergibt sich auch ein Schadensersatzanspruch, für den gilt, was wir bereits zu dem Schadensersatzanspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG gesagt haben. Er ist kaum bezifferbar und damit auch in den seltensten Fällen durchsetzbar.
Anhang:
§ 15 MarkenG – Ausschließliches Recht des Inhabers einer geschäftlichen Bezeichnung; Unterlassungsanspruch; Schadensersatzanspruch
(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.
(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.
(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.