Einen Streit besonderer Art entfachte die Domain nailcode.ch. Die Domain und eine Unternehmung nailcode GmbH wurden zum Aufbau der entsprechenden EU-Marke, deren Inhaberin ein deutsches Unternehmen ist, in der Schweiz initiiert. Als der Schweizer Betreiber den Kooperationsvertrag mit dem deutschen Unternehmen beendete, aber weiter »Nail:Code«-Artikel auf der Website seines neuen Unternehmens vertrieb, kam es zum UDRP-Verfahren nach der Schweizer Verfahrensordnung.
Das Einzelunternehmen Nail:Code aus Lahr ist seit 01. Mai 2008 mit Sitz in Deutschland tätig. Es vertreibt direkt oder mittels Alleinvertriebsverträgen in Deutschland und der Schweiz diverse Kosmetika. Am 26. September 2009 meldete das Unternehmen die EU-Marke »NAIL:CODE« und im November 2018 eine Schweizer Marke an. Es ist Inhaberin einiger Domains, darunter nailcode.com, nailcode.de und nail-code.ch. Gegner ist Mike Rothenbühler, Büro Köbeli GmbH aus Hunzenschwil in der Schweiz. Der hatte die Domain nailcode.ch im Januar 2012 registriert, kurz bevor er in Absprache mit der Gesuchstellerin im Februar 2012 die nail:code GmbH mit Sitz in der Schweiz gründete. Mit der Gesuchsstellerin schloss er einen Exklusiv-Liefervertrag für die Schweiz und Liechtenstein. Diesen Vertrag kündigte der Gegner im Namen der nail:code GmbH zum 30. November 2018. Die Domain nailcode.ch leitet derzeit weiter auf die Domain barebeauty.ch der Bare Beauty GmbH des Gegners, über die er ein gleiches bzw. sehr ähnliches Warensortiment wie das der Gesuchstellerin anbietet und zudem auf einer Webseite unter dem Titel »abverkauf« Nail:Code-Produkte anbietet.
Die Gesuchstellerin beantragte vor der WIPO einen Transfer der Domain nailcode.ch auf sich, da diese ihre Marken verletze und zudem ein Fall unlauteren Wettbewerbs vorläge: Der Gegner lasse die Domain nailcode.ch, die der Schweizer Marke »nail:code« entspricht, kennzeichenmäßig durch die Bare Beauty GmbH nutzen, die ihrerseits im Nagelkosmetik-Geschäft tätig sei. Dadurch käme es zur Verwechslungsgefahr, womit der Gegner das Schweizer Markenrecht verletze. Zudem leite er mit nailcode.ch Kunden, die im Internet eine Website mit Nail:Code-Produkten aufsuchen wollen, auf das Angebot eines Konkurrenten. Der Gegner hält entgegen, dass die Nail:Code-Produkte einzig aufgrund seiner Bemühungen in der Schweiz und Liechtenstein auf dem Markt positioniert worden seien. Er bestreitet, dass die streitige Marke »nail:code« einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erreicht habe. Er sei weiterhin Inhaber der Domain für die Schweizer nailcode GmbH, die aufgrund ihres Firmenrechts am Zeichen berechtigt sei und ebenfalls über ein geschütztes Kennzeichen verfüge. Die Domain nailcode.ch leite auf eine Website der Bare Beauty GmbH mit dem Titel »abverkauf« weiter, wobei klar wäre, dass es sich um eine Seite der Bare Beauty GmbH handele und einzelne Produkte der Marke Nail:Code abverkauft würden. Selbst wenn eine Markenrechtsverletzung vorläge, so bestehe jedenfalls ein Weiterbenützungsrecht (Art. 14 Abs. 1 MSchG) des vorliegenden Firmenrechts. Sobald die Produkte der Gesuchstellerin auf der Website von bare-beauty.ch abverkauft seien, werde man keine Waren oder Dienstleistungen mehr über nailcode.ch anbieten. Als Entscheider wurde der schweizer Rechtsanwalt Tobias Zuberbühler benannt.
Zuberbühler machte bei seiner Entscheidung keine Umwege (WIPO-Verfahren Nr. DCH2019-0001). Mit einem Satz stellte er fest, dass die Gesuchstellerin Inhaberin einer Schweizer Marke ist. Alsdann prüfte er, ob eine klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin vorliege. Zunächst wandte er sich dem Markenrecht zu und sprang gleich auf das Weiterbenützungsrecht (Art. 14 Abs. 1 MSchG), welches der Gegner geltend macht. Der habe die Domain nailcode.ch seit 2012 genutzt und könne das Firmenrecht bezüglich der nailcode GmbH ab 2012 geltend machen. Doch die Gesuchstellerin sei seit 2010 Inhaberin einer EU-Marke und seit 2018 auch einer Schweizer Marke; zudem habe sie Nachweise erbracht, wonach sie seit 2013 mit ihren Nagelkosmetik-Produkten an Schweizer Branchen-Messen teilgenommen habe. Hier stelle sich die Frage des prioritätsälteren Rechts aus dem Lauterkeits- bzw. Firmen- und Namensrecht. Bei internationalen Verhältnissen müsse man zwar differenzieren: dem Ausnutzen einer im Ausland registrierten Marke im Inland setzt das Markenrecht eine effektive Grenze. Doch hier sei die Markennutzung durch den Gegner mit Berechtigung durch die Gesuchstellerin zum Aufbau der Marke in der Schweiz erfolgt. Zuberbühler geht davon aus, dass die EU-Marke der Gesuchstellerin zum Zeitpunkt 2012/2013 in der Schweiz nicht über eine notorische Bekanntheit verfügt habe. Aufgrund dessen bestehe das Weiterbenutzungsrecht (Art. 14 MSchG), das der Gegner der Schweizer Marke vom November 2018 der Gesuchstellerin entgegenhalten könne.
Auch bei der Prüfung des Wettbewerbrechts kam Zuberbühler zu keinem anderen Ergebnis: Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Internet seien die vom Inhaber eines Domain-Namens getroffenen Massnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen. Der Gegner habe hier die Weiterleitung der Domain nailcode.ch auf eine Webseite unter bare-beauty.ch, die den Titel „abverkauf“ trägt, eingerichtet. Dort befände sich ein deutlich grösseres Logo von Bare Beauty an prominenter Stelle, und auch wenn auf dieser Seite keine Produkte von Bare Beauty angeboten würden, erkenne der Durchschnittsnutzer die betreffende Seite als eine der Bare Beauty GmbH. Unter diesen Umständen hielt Zuberbühler eine Verwechslungsgefahr für eher unwahrscheinlich, weshalb keine klare Verletzung des Rechts über den unlauteren Wettbewerb seitens des Gegners vorliege. Zuberbühler schiebt jedoch nach, dass sich diese Umstände bezüglich der Nutzung der Domain nailcode.ch ändern könnten und dann ein erneutes Gesuchsverfahren vor der WIPO möglich wäre. Unter diesen Bedingungen wies er das Gesuch der Gesuchstellerin ab.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.