Das OLG München (Urteil vom 12.10.2000, Az.: 29 U 3947/00) hatte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zu klären, ob bei fehlender Branchenähnlichkeit zwischen Domain-Inhaber und einem Unternehmen, dessen Name dem Domain-Namen gleicht, die Domain freigeben muss. Es entschied sich anders als die Vorinstanz.
Die Entscheidung ist schon etwas älter, doch durchaus interessant: Die am 29.11.99 gegründete und ins Handelsregister eingetragene Antragstellerin Teambus AG ist Reiseveranstalterin und bietet damit zusammenhängende Geschäfte und Dienstleistungen an. Sie ist Inhaberin der am 08.03.2000 eingetragenen Marke »teambus«, die Schutz für die entsprechenden Dienstleistungen genießt. Die Antragsgegnerin betreibt einen Vertrieb von Kommunikations- und EDV-Systemen, mit Internetdienstleistungen, sowie Schulungen und Consulting. Am 27.12.99 registrierte die Antragsgegnerin für einen Dritten zum Aufbau eines Internetportals den Domain-Namen teambus.de.
Nachdem die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Verfügung vom 21.02.2000 (LG München, Az.: 7 HKO 3178/00), die vom LG München (Urteil vom 17.05.2000, Az.: 7 HKO 3178/00) überprüft wurde, in ihrem Anspruch auf Freigabe der Domain bestätigt wurde, ging die Domain-Inhaberin in Berufung zum OLG München.
Das OLG München hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Es sah keine erkennbaren Rechtsverletzungen seitens der Domain-Inhaberin. Sowohl Ansprüche wegen der Verletzung der Geschäftsbezeichnung (§ 15 Abs. 4, 2 MarkenG) als auch des Markenrechts (§ 14 Abs. 5, 2 MarkenG) waren nicht gegeben. Zwar ist es
»Gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG [ ] Dritten untersagt, die geschäftliche Bezeichnung eines anderen oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.«Aber das setzt neben der Zeichenähnlichkeit auch voraus,
»dass zwischen den Tätigkeitsbereichen der streitenden Unternehmen sachliche Berührungspunkte, eine je nach dem Grad der Ähnlichkeit der Zeichen größere oder geringere Branchenähnlichkeit besteht.«Eine solche Branchenähnlichkeit war für das OLG München nicht erkennbar, schon unklar war, für welche Branche die Domain eingesetzt werden sollte. Alleine die Möglichkeit, dass die Domain-Inhaberin die Domain für sich benutzt, schließt die Gefahr einer Benutzung im Bereich der Branchenähnlichkeit aus. Auch Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Behinderung und Domain-Grabbing seien nicht ersichtlich.
»Unter die hier in Betracht kommenden Normen sind die Fälle zu subsumieren, in denen die Reservierung einer Domain ausschließlich in der Absicht erfolgt, die Domain für einen anderen und insbesondere an dem betreffenden Kennzeichen besser Berechtigten zu sperren um ihn, aus welchen Gründen auch immer, an der Nutzung der Domain zu hindern, insbesondere, um finanzielle Vorteile aus einem späteren Verzicht auf die Domain zu ziehen.«Die Antragstellerin hatte behauptet, die Domain teambus.de sei von einem ehemaligen Mitarbeiter registriert worden, der von den Plänen des Unternehmens erfahren hatte, bevor man sich von ihm trennte. Dass dem so sei, konnte jedoch nicht glaubhaft gemacht werden. So blieb als Hinweis für solches Handeln allein der Umstand, dass die Domain einen Tag, nachdem die Antragstellerin eine entsprechende Werbung in einer Tageszeitung geschaltet hatte, die Domain von der Antragsgegnerin registriert wurde. Dieser Umstand reichte dem OLG München jedoch nicht aus, um eine sittenwidrige Schädigung anzunehmen.
Die Kosten des Verfahren trug die Antragstellerin, die sich später wohl mit der Gegnerin einigte, da die Domain nun ihr gehört.
Dieses Urteil ist bemerkenswert, da andere Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen die Unentschlossenheit des Domain-Inhabers zu dessen Nachteil auslegten. Das gilt insbesondere für die Entscheidung weideglueck.de des OLG Frankfurt (Beschluß vom 12.04.2000, Az.: 6 W 33/00). Kurz gefasst geht die Entscheidung aus Frankfurt dahin, dass,
»wer sich ohne nachvollziehbares eigenes Interesse einen Domainnamen registrieren lässt, der mit dem eigenen Namen und der eigenen Tätigkeit in keinem Zusammenhang steht, der aber gleichlautend mit der Marke eines Unternehmens ist, [ ] wegen schikanöser, sittenwidriger Behinderung aus §§ 826, 226 BGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden [kann].«Das Gericht nahm hier die sittenwidrige Behinderung durch den Domain-Inhaber an, weil er bereits eine private Homepage hatte, und eine anerkennenswertes Interesse an dem Domain-Namen weideglueck.de von ihm nicht nachvollziehbar vorgetragen wurde: Es bestand kein Bezug zum Namen oder der Tätigkeit des Domain-Inhabers und die wechselnden Erklärungsversuche des Domain-Inhabers waren in sich widersprüchlich. Wie die Entscheidung aus München nachvollziehbar zeigt, sollte die Unklarheit über die zukünftige Nutzung einer Domain nicht zum Nachteil des Domain-Inhabers ausgelegt werden. Erst wenn sich konkretisiert, dass die Domain gezielt zum Nachteil eines Berechtigten registriert wurde, lässt sich etwas gegen die Nutzung der Domain unternehmen.
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