Das Landgericht München hat in einer Entscheidung vom 18.03.2004 (17 HK O 16815/03) noch einmal die Voraussetzungen für Handeln im geschäftlichen Verkehr bei der Nutzung einer Domain geklärt. Eine Domain, die lediglich registriert ist, aber noch kein Internetangebot aufweist und nicht zum Verkauf steht, verursacht kein Rechtsverletzungen, selbst beim Namensrecht nicht.
Der Kläger, ein Sexshopbetreiber, ist Inhaber der deutschen Marke sexquisit, die am 14.02.2002 beim Deutschen Marken- und Patentamt angemeldet wurde und Schutz für sexshopgerechte Produkte genießt. Der Beklagte und Inhaber der Domain sexquisit.de, die am 06.10.1999 für ihn registriert wurde, betreibt eine EDV-Servicefirma. Unter der Domain war bis Februar 2004 keine Website adressiert, sondern lediglich der Hinweis, dass die Homepage soeben freigeschaltet worden sei. Seit Februar findet sich unter der Domain ein Diskussionsforum über Sinn und Unsinn erotischer Unterhaltungsangebote.
Der Kläger, der der Ansicht ist, ihm stünden Unterlassungsansprüche aus dem Marken-, dem Namens- und dem Wettbewerbsrecht sowie Schadensersatzansprüche zu, forderte den Beklagten auf, die Domain frei zu geben. Der Beklagte weigerte sich.
In einem ersten Urteil, das wegen Säumnis des Beklagten zu seinen Ungunsten erging, wurde er verurteilt, in die Freigabe der Domain einzuwilligen. Zudem stellte das Gericht das Bestehen des Schadensersatzanspruchs fest.
Gegen das Versäumnisurteil legte der Beklagte Einspruch ein und beantragte die Aufhebung des Versäumnisurteils und Klageabweisung.
Das LG München wies nun die Klage ganz zurück, weil unbegründet,
»da dem Kläger weder aus §§ 14, 15 MarkenG noch aus §§ 12 BGB, 826 BGB noch aus §§ 1, 3 UWG Beseitigungs- bzw. Schadensersatzansprüche zustehen.«Das Gericht erkannte plötzlich, dass der Domain-Inhaber die Domain gar nicht im geschäftlichen Verkehr benutzt. Eine Baustellenseite und ein privates Diskussionsforum stellen, so das LG München, keine Nutzung der Domain im geschäftlichen Verkehr dar. Damit fallen Ansprüche aus §§ 14 und 15 MarkenG und §§ 1 und 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) weg.
Aber auch ein Anspruch aus dem Namensrecht, § 12 BGB, wegen unberechtigter Namensanmassung, greife nicht:
»Solange der Beklagte die Domain lediglich reserviert gehalten hat, hatte die Domain nicht einmal eine Adressfunktion, so dass eine Namensanmaßung i.S.d. § 12 BGB von vornherein ausscheidet.«Stellte allein schon die Registrierung der Domain eine Namensrechtverletzung dar, so hätte der Beklagte die älteren Recht, da im Internet grundsätzlich das Prioritätsprinzip gilt.
Aus der Nutzung der Domain als privates Diskussionsforum ergibt sich nach Ansicht des Gerichts auch keine Namensrechtsverletzung, denn der Beklagte war zunächst einmal berechtigter Domain-Inhaber und er
»wird nicht dadurch zum unberechtigten Nutzer eines Namens, dass er unter diesem Namen ein privates Diskussionsforum einrichtet. Als Inhaber der Domain ist er grundsätzlich in der Benutzung der Domain frei, solange er keine Kennzeichenrechte oder älteren Namensrechte verletzt. Durch die Nutzungsaufnahme wird er deshalb nicht grundsätzlich vom ursprünglich berechtigten Inhaber zum nicht berechtigten Inhaber.«Auch im Hinblick auf eine Zuordnungsverwirrung als Interessenbeeinträchtigung gemäß § 12 BGB sah das LG München keine Handhabe für den Kläger, da das private Diskussionsforum nicht mit den Dienstleistungen des Klägers verwechselt werden könne. Zudem ist der Kläger bereits durch die vorrangige Registrierung blockiert. Der Fall weist allerdings eine Einzigartigkeit auf:
»Im vorliegenden Fall ist die ungewöhnliche Fallkonstellation zu bewerten, dass ein Fantasiename als Domain registriert wurde, bevor irgend jemand diese Fantasiebezeichnung als Name oder Geschäftskennzeichen oder Marke nutzte bzw. für sich selbst beanspruchte. Insoweit unterscheidet sich der Fall grundlegend von der Entscheidung der BGH shell.de a.a.0. Eine ursprünglich berechtigte Registrierung wird nicht allein dadurch unberechtigt, dass ein anderer dieselbe Bezeichnung als Geschäftszeichen oder Firma nutzen will.«Schließlich verneint das Gericht auch Ansprüche aus dem Wettbewerbsrecht, § 1 UWG, aus dem Gesichtspunkt des Behinderungswettbwerbs, da der Beklagte zum Zeitpunkt der Registrierung noch gar nicht behindern konnte. An eine Behinderung lasse sich erst denken, wenn der Beklagte die Domain zum Verkauf anbieten würde, womit er aus dem Bereich des privaten Gebrauchs heraus treten würde. Für einen Anspruch aus § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung gab es ebenfalls keine Anhaltspunkte, insbesondere da der Domain-Inhaber die Domain registrierte, lange bevor der Kläger seine Marke beantragte.